Electric Tortoise: Träume von elektrischen Schildkröten

Electric Tortoise

“One night, after a long evening of crying and vomitting, the master looked at me and begged me. He said that being alive was the most painful experience to him.”

In einer der ersten Szenen des Science-Fiction-Klassikers Blade Runner beobachtet der von Harrison Ford verkörperte Replikanten-Jäger Deckard das Video einer Verhörszene. Darin unterzieht der Polizist Holden den Replikanten Leon einem Voight-Kampff-Test: eine Serie von psychologischen Fragen, bei der sich am Ende anhand der Antworten und der Reaktionen der Iris herausstellt, ob es sich beim Befragten um einen Menschen oder einen Replikanten, also einen Roboter handelt. Nach einer Frage, die sich auf Leons Mutter bezieht, erschießt der Replikant den Polizisten. Diese Szene fasst im Kleinformat viele der Fragen zusammen, die der Film, und noch viel stärker die Buchvorlage „Do Androids Dream of Electric Sheep“ von Philip K. Dick, aufwerfen: Was macht einen Menschen aus? Warum sind Menschen besser als Roboter? Ab wann ist Leben achtenswert?

Mit Electric Tortoise hat der Entwickler Dillon Rogers ein Spiel geschaffen, das mehr als alles andere eine Verneigung vor dieser Szene aus Blade Runner ist. Als Polizist obliegt es dem Spieler, einen Roboter zu verhören, der des Mordes angeklagt wird. Er hat einen Menschen getötet – offenbar auf Verlangen, den Befehlen seines Meisters folgend, aber dennoch eines der Asimov’schen Robotergesetze verletzend: Ein Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird. Welche Strafe dem Roboter blüht, entscheidet der Spieler.