Empire TV Tycoon: Popkulturpixel
Natürlich könnte ich es mir sehr einfach machen und früher zum Mittagessen kommen, indem ich kurzerhand feststelle, dass Empire TV Tycoon ein Remake von Mad TV ist. Denn das wird offensichtlich, sobald man das Spiel startet und der rote Pixelcursor erscheint, der direkt aus den Neunzigern ausgebrochen sein könnte. Und nicht mal die Entwickler machen daraus ein Geheimnis und geben Mad TV und Game Dev Tycoon als ihre direkten Inspirationen an. Und das ist weder dumm noch etwas schlechtes, haben doch viele Leute zurecht großartige Erinnerungen an diese Spiele. Aber das ist jetzt auch schon stolze 24 Jahre her und steht zum kostenlosen Download bereit, während Empire TV Tycoon eine Neuerscheinung mit Preisschild ist. Ganz so einfach kann ich es mir also doch nicht machen, muss das Spiel doch auf eigenen Beinen stehen.
Das Spielziel seines großen Vorbilds, durch finanziellen Erfolg das Herz einer Sekretärin zu gewinnen, hat den Kampf gegen den Zeitgeist verloren: In Empire TV Tycoon versuche ich als Leiter eines TV-Senders nur noch, diesen erfolgreicher zu machen als die Sender meiner beider Konkurrent. Dazu stelle ich ein Programm zusammen aus Filmen und Serien, um die Zuschauer zufrieden zu stellen, Nachrichtensegmenten, um unterschiedliche Zielgruppen anzulocken und Werbung, um den Sender zu finanzieren. Weil die Marketingabteilung ein bisschen träge ist, immer maximal 48 Stunden im Voraus, weiter wäre es nämlich absolut unmöglich vorherzusagen, wann denn jetzt ausgerechnet Schüler Zeichentrickfilme oder Rentner Western sehen wollen. Gespielt wird in einem Hochhaus in der Seitenansicht, durch das ich meine Spielfigur bewege, um die verschiedenen Stationen des Fernsehsenders zu besuchen: Programmplanung am Computer in meinem Büro, Filmverleih im Keller, die Werbevermarktung weit oben. Hochhaus und Benutzeroberfläche sind moderne, detaillierte Pixelgrafik in bunten Farben und praktisch alles im Spiel ist eine popkulturelle Anspielung. Nicht nur, dass man überwiegend real existierende Filme ausstrahlt, die Charaktere, mit denen man interagiert, sind offensichtlich Emmett Brown, Don Draper und Walter White.
Empire TV Tycoon versucht, die Bedienbarkeit von Mad TV ins 21. Jahrhundert zu hieven, ohne das grundsätzliche Spielprinzip zu ändern. Diesen Plan hat es aber nicht konsequent umgesetzt. Durch das Gebäude zu laufen, um in verschiedenen Abteilungen Aufgaben zu erledigen, ist charmant, aber unbequem und erfüllt keinen wirklichen Zweck. Es sieht zwar ein bisschen aus wie eine Zeitmanagement-Mechanik, ist aber keine. Ich habe mich nie davon unter Druck gesetzt gefühlt, aber mir oft gewünscht, die unterschiedlichen Bildschirme nebeneinander sehen zu können, um mein Gedächtnis ein wenig zu schonen. Offensichtlich wurde das Empire-TV-Gebäude in einer seltsamen Parallelwelt errichtet, in der Videostreaming existiert, aber die Geschäftsführer der Sendeanstalten kein Tablet haben, auf dem sie sich ihren Programmplan auch unterwegs ansehen können. Gleichzeitig sind die einzelnen Stationen selbst praktischen Listen gewichen, die sich schnell navigieren lassen. Wo ich früher noch Filme wortwörtlich im Archiv suchen und in meinem Koffer unterbringen musste, sehe ich heute alle relevanten Informationen übersichtlich untereinander und kann die Filme mit einem simplen Klick kaufen.
Dieser Versuch, auf der einen Seite offensiv mit meiner Nostalgie zu spielen, auf der anderen Seite aber moderner zu werden, mutet manchmal etwas seltsam an. Etwa wenn ich sehe, dass die Entwickler es offensichtlich besser könnten, aber nicht immer wollten. Aber es hat auch sehr lange seinen Zweck erfüllt, mich wieder ein wenig in meine Kindheit zurückzuversetzen, ohne mein heutiges, übersättigtes Ich all zu sehr zu nerven. Leider offenbart diese Gratwanderung ein Problem: Mad TV war noch nie eine besonders gute Wirtschaftssimulation und Empire TV Tycoon macht es auch nicht besser. Wenn die Pixel zu Ende bestaunt sind, ist die einzige Spielmechanik, die übrig bleibt, kleine Kästchen in einer Tabelle anzuordnen. In einer Wirtschaftssimulation möchte ich mit dem Spiel darum feilschen, welche Risiken ich bereit bin einzugehen, um meine Möglichkeiten gerade so weit zu öffnen, dass ich mir Profit davon verspreche. Empire TV Tycoon legt seine Karten aber immer offen und verlangt nur noch von mir, diese effizient zu verwenden. Und das ist meist ein Puzzle, das noch leichter zu lösen ist als das Sudoku am Ende der Tageszeitung.
Wahrscheinlich ist das die realitätsnahe Simulation einer Programmdirektorin: Ich entscheide nicht jeden Tag über die Zukunft des Fernsehsenders, sondern mache einfach meinen Job, die Gegebenheiten zu optimieren. Wirkliche Spannung kommt dabei leider selten auf. Erfolg und Misserfolg sind meistens abhängig davon, welche Möglichkeiten mir der Zufallsgenerator lässt. Und dagegen hilft leider auch ein Berg Nostalgie nicht viel.