EVE Online Dokumentation: A Tale of Internet Spaceships

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Es ist beinahe ein Ritual. Alle zwei Jahre lade ich den aktuellen Client des Massive Multiplayer Raumschiffspieles EVE Online herunter und erstelle mir einen neuen Account; die Logindaten der vorherigen sind längst verschollen. Ich klicke einen Charakter zusammen, plane seinen Fortschritt und spiele einige Wochen, so lange bis die notwendigen Credits und Skillpunkte für ein besonders hübsches Raumschiff gesammelt habe. Manchmal explodiert es auf seinem Jungfernflug, manchmal lasse ich es ungenutzt im Hangar stehen. In mittlerweile vier oder fünf Versuchen schaffte ich es nie, über diesen Punkt hinaus zu gelangen. Zu spröde, langwierig und langweilig ist mir der grundlegende Spielablauf, der vielfach an Browsergames der frühen 00er Jahre erinnert.

Traurig, denn hinter den hübschen Raumschiffen und den tristen Tabellen hat sich EVE Online zu einem der interessantesten, sozialen Spielexperimente überhaupt entwickelt. Spieler und Spielerinnen kooperieren, intrigieren, bespitzeln, bestehlen und betrügen sich gegenseitig und miteinander. Dieser Teil von EVE ist unglaublich spannend, hat sich mir jedoch nie erschlossen.

Das Dokumentarfilmprojekt A Tale of Internet Spaceships, das im letzten Jahr etwa die Hälfte der angestrebten 6.000 US-Dollar via Crowdfunding sammeln konnte, möchte die soziale Seite von EVE Online darstellen und die Beziehungen zwischen Spielerschaft und der EVE-Betreiberfirma CCP beleuchten. Dazu wurden auf dem letztjährigen EVE-Fanfest Interviews mit den Entwicklern, Spielern und Journalisten geführt und zu einer Dokumentation verwoben.

Erwartet hatte ich eine 60-minütigen Ode an das Spiel und die Community, eine Selbstbeweihräucherung von Fans für Fans – und angesichts des Budgets in bestenfalls mäßiger Qualität. Dies mag in Teilen zutreffend sein, doch bietet A Tale of Internet Spaceships dennoch einen interessanten Einblick in das Selbstverständnis der EVE-Community und die komplexe Dynamik zwischen Spiel, Spielern und Entwicklern. Hier geht es um Revolten, Arbeitsplätze, Hochmut und Demut, statt um das übliche “NERF PALADIN PLZ!!1“-Forengeplärre. Einen neue Zugang zu EVE vermittelt die Dokumentation vielleicht nicht, aber ein stärkeres Verständnis der spannenden Dinge, die um und in dem MMORPG geschehen.

Ich vergebe vier von fünf Focused Medium Beam Laser I.