Harry, der Fensterputzer

Harry was? Harry, der Fensterputzer. Digitale Erotik anno 1985. Im Zeitalter von PornoTube und Konsorten macht Harry keine gute Figur. Fakt ist aber, dass Harry und seine Genre-Kollegen auf den Schulhöfen vergangener Tage heiß gehandelt wurden und die Kinderzimmer meiner Generation in präpubertäre Lusthöhlen verwandelten. Darüber spricht man nicht? Deswegen schreibe ich darüber.

Eine Ode an die Onanie.
Quasi.

Als ich Weihnachten Neunzehnhundertirgendwas meinen C64 bekam, taufte ich den Karton mit Freudentränen, sprach den Brotkasten heilig und läutete somit meine Laufbahn als Nerd ein. Ich hatte gute Absichten. Diese waren auch wichtig, denn sonst hätte mir meine Mutter niemals einen Computer gekauft (“Ich brauch’ den für die Schule, wirklich!”). Das war natürlich eiskalt gelogen.

Ein, zwei Jahre später entwickelte sich das Spielen zum netten Nebeneffekt und mein Hauptinteresse galt der kreativen Selbstverwirklichung (Demoszene). Doch da gab es immer einen Stapel unbeschrifteter Disketten, die ich bewusst ganz hinten in der Box hortete. Meist im Beisein von Freunden wurden diese Disketten dann nach vorne geholt und man widmete sich in halbstarker Runde Harry und Samantha.

Samantha Fox Strip Poker (C64)

Es wurde gekichert, geklickt, gekichert und geklickt. Am Ende des Tages zog man sich dann mit den Eindrücken des Tages unter seine Bettdecke zurück. Das habe ich mir jedenfalls sagen lassen. Selbstverständlich ließ mich dieser alberne Pixelsex kalt.

Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage war natürlich groß und das Angebot richtete sich danach. Also sprossen absurde und zum Großteil unglaublich alberne Sexspielchen wie Pilze aus dem Boden. Wer sich ein – im wahrsten Sinne – grobes Bild von den damaligen Titeln machen möchte, wird auf der Seite girls.c64.org fündig.

Girls They Want To Have Fun (C64)
(Beim Spiel GTWTHF wurde der Fernseher kurzerhand um 90° gekippt.)

Auch seriöse Firmen machten, getreu dem Motto “Sex sells”, von erotischen Elementen in Spielen Gebrauch, doch diese Titel bildeten eher die Ausnahme. Spontan fallen mir z.B. Blue Angel 69 und Hollywood Poker Pro ein.

Die jüngeren Leser werden jetzt vermutlich spöttisch die Augenbrauen hochziehen und sich fragen, wie man bei derartigen Pixelbrüsten in Verzückung geraten konnte. Mal abgesehen von der optischen Qualität des Bildmaterials hat sich eigentlich gar nicht so viel verändert. Und das was wir damals als “gute Grafik” bezeichneten, war nun mal – unabhängig vom Genre – seinerzeit das Nonplusultra. Das Kichern und Klicken ist geblieben. Ebenso der Drang, sich Alibis für die Befriedigung niederer Bedürfnisse zu verschaffen.

Gute Nacht, Harry.