KickBeat Steam Edition: Groove mich an!

kickbeat art

Um ein Gerücht direkt aus dem Weg zu räumen: Das männliche Magermodel Lee, mit dem man zumindest den ersten Story-Durchlauf in der jüngst erschienen Steam Edition des Rhythmus-Spiels KickBeat bestreitet, trifft im Tutorial leider nicht auf Chop Chop Master Onion. Denn im Gegensatz zu seinem mittlerweile leider eingeschläferten Konkurrenten Parappa The Rapper lernt Lee nicht Karate von einer Zwiebel, sondern rhythmisches Kung Fu von einem alten, weisen Sensei mit superlangem Bart. Dass die Macher von Zen Pinball nicht davor zurückschrecken, tief in die japanische Klischeekiste zu greifen, wird spätestens klar, wenn der alte Mann einem von der Kraft des Kis erzählt, während man mitten in einem riesigen Yin und Yang Kreis seine ersten Übungen auf dem Weg zum Meister der rhythmischen Prügelgymnastik absolviert. Aber gut, immerhin ist dies wenigstens einmal ein Versuch, einem erzählerisch sonst eher stummen Spielprinzip einen roten Faden zu verleihen, auch wenn ich die ganze Zeit das Gefühl nicht loswerde, dass mir im nächsten Moment ein Roboterhündchen eine Sushi-Platte serviert.

Bisher benötigte ein Spiel, das sich darum dreht, im Takt der Musik die richtigen Knöpfchen zu drücken, bekanntlich eher selten eine begleitende Geschichte. Der Story-Modus von KickBeat ist somit auf den ersten Blick trotz der beschriebenen kulturellen Klischeehaftigkeit eine Besonderheit. Zu meinem Bedauern lässt sich dessen Qualität jedoch wunderbar anhand des kurzen Spielabschnitts ablesen, in dem ich eine Lenkrakete per Fallrückzieher zu einem Kampfhubschrauber zurückkicke. In diesem Moment wäre ich nicht großartig überrascht gewesen, hätte mir Godzilla persönlich mit seinen kümmerlichen Armen Szenenapplaus für diese Aktion gespendet, bevor er sich, seiner eigenen Unwürdigkeit gewahr werdend, ein Katana in das kugelige Bäuchlein rammt. Da eine solch übertriebene Lächerlichkeit der Ereignisse den Entwicklern dann aber leider doch zu viel des Albernen gewesen ist, bin ich mir nicht ganz im Klaren darüber, ob die Einbindung einer solchen Hintergrundgeschichte tatsächlich eine Bereicherung für das Genre ist. Eine Notwendigkeit ist sie in jedenfalls nicht.

Auch beim Gameplay wurde versucht, sich von alteingesessenen Genre-Standards ein wenig zu befreien. Statt der üblicherweise eingeblendeten Richtungspfeile, umschwärmen mich bei KickBeat feindliche Prügelknaben, die nach Grundfarben unterteilt verschiedene Eingaben verlangen. So erfordern gelbe Gegner das einfache rhythmische Tippen in Richtung ihrer jeweiligen Kreisposition, während zwei rote Gegner stets gleichzeitig angreifen und somit das parallele Drücken zweier Richtungstasten benötigen. Blaue Gegner hingegen greifen in schneller Abfolge nacheinander an und setzen besonders viel Übersicht voraus, damit man nicht den falschen versehentlich zuerst attackiert. Vervollständigt wird dieses Fundament im Story-Modus durch einige Bosskämpfe, wie eben jenen gegen den raketenfeuernden Kampfhelikopter, das Grundprinzip ändert sich jedoch auch hier nicht. Am Ende wirkt das alles wie das uneheliche Kind von Dance Dance Revolution und den Free Flow Kämpfen in Batman: Arkham Asylum, wobei die visuelle Darstellung des korrekten Timings bei letzterem besser gelöst ist.

kickbeat action

Leider vernachlässigt KickBeat nämlich bei all den schönen, obgleich eher oberflächlichen Neuerungen eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein motivierendes Rhythmusspiel: Eine nachvollziehbare Visualisierung der gespielten Musikstücke. Das liegt zum Einen an der mangelhaften Übersicht, die durch grelle Lichteffekte und die wackelige Kameraführung mitunter verloren geht. Zudem verwirrt das permanente Kreisgelaufe der farblich nicht immer leicht zu differenzierenden Gegner, die eine Mischung aus Reise nach Jerusalem und Plumpsack mit mir zu spielen scheinen. Mein Rücken wird so auf jeden Fall ein ums andere Mal blau gemacht. Zum Anderen trägt aber auch die ausgewählte Musik ihren Teil zu der gelegentlichen Desorientierung bei, deren 18 metallastigen Stücke der bereits im letzten Jahr erschienenen PSN-Version nun durch 6 Elektro-Tracks vom Soundtrack des großartigen Electronic Super Joy ergänzt wurden. Im Wechsel erhält man so eine ziellos zusammengewürfelte Mischung aus verzerrtem Brei von Marilyn Manson und Rob Zombie, sowie die klarer strukturierte Computermusik von enV, deren Taktung viel spürbarer ist, als der des verschredderten Rests. Im Zusammenspiel mit den stets verfrühten Einblendungen der zu betätigenden Eingabetaste entsteht somit insgesamt kein wirklicher Fluss in einem Spiel, dessen Grundmechanik genau diesen eigentlich voraussetzt.

Da helfen auch die zusätzlichen Spielmodi nichts, denn die beschriebene Grundproblematik von KickBeat besteht in ihnen weiter. Natürlich ist es nett, dass man beispielsweise auch eigene Lieder ins Spiel einbetten kann, nur muss man diesem erst einmal deren BPM per wiederholtem Leertastenanschlag beibringen. Dies führt nicht nur zu äußerst gemischten Ergebnissen, in denen die Musik mit ihrer Visualisierung nicht mehr viel gemein hat, sondern wäre zudem auch technisch eleganter zu lösen gewesen, wie etwa das mittlerweile auch schon 6 Jahre alte Audiosurf beweist.

KickBeat distance

Dennoch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich mich mit diesen Unzulänglichkeiten durchaus arrangieren konnte. Zwar erreichte ich in KickBeat nie eine befriedigende Präzision oder gar das rauschhafte Gefühl, mich in ein menschliches Metronom zu verwandeln, aber nach einiger Eingewöhnung kloppte ich mich dann doch ganz vernünftig durch den grenzwertigen Soundtrack. Es mag also durchaus Menschen geben, die weniger Probleme damit haben, den richtigen Groove zu finden. Und dass ich mir lieber wieder von einer rappenden Hirschkuh das Autofahren beibringen lassen würde, dafür kann KickBeat nun wirklich nichts.