Kickstarter Fundgrube: At the Gates, Whispering Willows, RIOT, Delver's Drop
Auch diese Woche gibt es wieder Projekte auf Kickstarter und anderen Crowdfunding-Seiten, die einen oder auch mehrere Blicke wert sind. Projekte, die vielversprechende oder originelle Ansätze haben, von denen manche schon sehr gut verlaufen und manche noch Unterstützung benötigen. Auf diesen Plattformen kann jeder seine Ideen vorstellen, aber es zeigt sich immer wieder, wie wichtig es ist, die Finanzierungsziele realistisch anzusetzen und die Projektvorstellung möglichst klar und eindeutig zu gestalten.
Jon Shafer’s At the Gates
At the Gates möchte, dass wir mit den Barbaren das dekadente Römische Reich in die Knie zwingen — in einem Spielkonzept, das vielen bekannt vorkommen wird.
Entwickelt von Jon Shafer, der sich als Lead Designer von Civilization V (2010) einen Namen machte, erinnert einiges an diesem Projekt an den namhaften Vorgänger. Es soll ein Rundenstrategietitel mit strategischem Kampfsystem werden, in dem der Einfluss von Terrain und Witterungsverhältnissen als Hindernis und taktische Option gesehen werden sollen. Dazu kommt ein von Jahreszeiten beeinflusstes Ressourcenmanagement und die diplomatische oder kriegerische Auseinandersetzung mit anderen Barbarenfraktionen sowie ein Technologiebaum mit wachsender Komplexität. Die bespielbare Karte wird entweder eine Nachbildung von Europa oder zufällig generiert sein, so dass man immer neue Wege finden kann, die Gegner auszumanövrieren und von ihrer Versorgungslinie abzuschneiden. Vorzugsweise mitten im Winter, in den Bergen.
Das Projekt hat bereits das doppelte der angestrebten Mittel erreicht, aber ausstehende Stretchgoals, die neue Fraktionen, Kartenoptionen und spielbare Römer erlauben, sollen sind für besonders Interessierte immer noch ein Anreiz.
Whispering Willows
In Whispering Willows brauchen Geister unsere Hilfe, ein Vater will gerettet und Rätsel müssen gelöst werden.
Ein 2D-Puzzlespiel im Horrorsetting ist eine interessante Kombination. Das gute alte, spukende Herrenhause ist inzwischen eigentlich hinreichend beackert, aber in einfacher, wenn auch charmanter 2D-Grafik und mit altbekanntem Rätseldesign mag es doch einen Blick wert sein. Ob das funktionieren, sprich: tatsächlich gruselig sein kann, bleibt abzuwartenn. Trotzdem setzen die Entwickler auf Atmosphäre und legen viel Wert auf Grafikdesign und Musik sowie auf eine versprochenermaßen emotionale Geschichte um einen verschwundenen Vater und die Geheimnisse der Toten. Auch wenn hier nicht gerade neue Geschichten oder neues Gameplay zu erwarten sind, ist das Experiment der Kombination und der ästhetische Charme doch ein Anreiz, dem Projekt eine Chance zu geben.
Die Unterstützung ist bisher noch etwas zurückhaltend, aber dennoch vielversprechend angesichts des erreichbaren Ziels. Es gibt eine Alphademo, die sehr minimalistisch ausfällt, aber zumindest den Stil des Rätsel- und Grafikdesigns vorstellt.
Machine of Death
Machine of Death macht aus uns Assassinen mit bizarren Vorgaben, Werkzeugen und Methoden.
Dies möchte ein Partyspiel für eine beliebig große Gruppe sein und handelt von der kreativen Ermordung einer Zielperson. Das Spiel basiert auf dem gleichnamigen Buch und folgt dessen Prämisse, dass jeder Mensch seine exakte Todesart, aber nicht den Zeitpunkt oder die Umstände kennt. Wenn ein Assassine in dieser Welt Erfolg haben will, muss er sich an die Todesart halten, egal wie abwegig sie ist. Die Spieler bekommen eine Figur mit bestimmten Eigenschaften, einer zufällig gezogenen Todesart und ebenfalls zufällige Werkzeuge an die Hand. Die Herausforderung besteht nun darin, gemeinsam die arme Figur ihrem Ende zuzuführen. Die Regeln sind simpel und der Anspruch ist gering, aber als Erzählspiel für Parties mit makabrem Humor und improvisiertem Geschichtenerzählen ein vielversprechendes Konzept.
Im Gegensatz zu manch anderen Projekten war das Unterstützungsziel hier bescheiden, schnell erreicht und ebenso schnell weit überholt. Es gab einen so großen Zustrom an Unterstützern, dass es jetzt eine lange Liste an Stretchgoals gibt, die das Spiel selbst ausbauen und Extras hinzufügen. Der Verdacht schleicht sich ein, dass der Entwickler nicht mit 200.000 Dollar für einen Satz Karten und einen Würfel gerechnet hat.
RIOTRIOT hat das ambitionierte Ziel, verschiedene Beispiele ziviler Unruhe nach realen Vorbildern in Spielform nachzuempfinden.
Laut der Beschreibung des Projektes und dem diesbezüglichen Interview geht es dem Entwickler darum, die Konflikte objektiv und von medialer Berichterstattung ungefärbt darzustellen, um den Spieler auf die Zusammenhänge, Umstände und Verläufe solcher Ereignisse aufmerksam zu machen. Das ist zumindest die Theorie. Auch wenn der Fokus nach Entwickleraussage auf Objektivität und der Problematisierung der Gewalt liegen soll, herrscht in der Beschreibung doch ein erheblicher Zwiespalt im Tonfall vor, zwischen dem Versuch einer ehrlichen Auseinandersetzung und reißerischer Verherrlichung.
Einerseits wird betont, dass es nicht immer um die Auslöschung der anderen Seite geht, dass verschiedene Szenarios verschiedene Ziele haben und dass das Spiel geringeren Gewalteinsatz belohnen soll, aber andererseits werden die Szenarios ‚Schlachten’ genannt und der Trailer betont inhaltlich und stilistisch die kämpferische Natur der Auseinandersetzungen.
”Stop listening to the lies of the media, shut down the television and get yourself in the line, to fight for your freedom of speech.”
Ob man dem Gedankengut in diesem Zitat nun anhängt oder nicht, es erscheint doch zu aufrührerisch, um wirklich auf eine friedliche, objektive Auseinandersetzung mit komplexen politischen Themen hinzuweisen. Letzten Endes bleibt es aber ausführungsabhängig und der Beurteilung der einzelnen Spieler überlassen.
Trotz dieser Probleme in der Darstellung und dem Mangel an handfesten Hinweisen auf die Beschaffenheit des Gameplays hat das Projekt bereits sein Unterstützungsziel erreicht. Zusätzliche Gelder sollen genutzt werden um zusätzliche Schauplätze zu bereisen und Nachforschungen erster Hand anzustellen.
Project Cornerstone
Project Cornerstone wird ein Spiel über Physikeffekte, Wikinger und die Frage, ob man von Computerspielen einen Zuckerschock bekommen kann.
Nach eigener Aussage wird dies ein Action-Adventure mit Rätseln und Kämpfen unter Verwendung der Umgebung und der Physikengine. Dabei gilt es eine Welt zu erkunden, die so bunt und niedlich ist, dass selbst hartgesottene schwere Zahnschmerzen bekommen dürften. Das Spiel soll auch eine questbasierte Geschichte haben sowie ein Craftingsystem, in dem man Rohstoffe kombiniert, um unter anderem Gegenstände zum Rätsellösen oder Fortbewegungsmittel zur Erkundung zu bauen. Hierbei scheinen die Entwickler allerdings geringe Komplexität als Vorteil zu sehen, was sich auch durch das restliche Spiel ziehen dürfte, da sogar betont wird, dass die schwierigeren Rätsel optional sein sollen, damit man nicht stecken bleibt. Nicht, dass man das nicht als Designphilosophie haben kann, aber Spieler sollten dann auch entsprechend keine großen Herausforderungen erwarten. Was man aber wohl erwarten kann sind eine offene, erkundbare Welt, Crafting und Charakterausbau sowie anscheinend jede Menge Sprengfässer.
Die Unterstützung des Projekts ist bisher noch ein bisschen zurückhaltend, aber die verbleibende Laufzeit bietet noch genug Spielraum und es bestehen gute Aussichten für den Wikinger.
Delvers Drop
Delver’s Drop kramte durch die Nostalgiekiste, fand das gute alte 2D-Adventure und polierte es mit dem Lappen der moderneren Grafik und Steuerung.
Dieses Projekt möchte ein Action-Rollenspiel in einer Kombination aus den Traditionen der Roguelikes und Spielen wie Secret of Mana (1993) schaffen, in dem Dungeons mit zufälliger Levelgenerierung, Rätsel unter Verwendung der Umgebung und einer Physikengine mit einer präzisen und flotten Steuerung verbunden werden sollen. In traditioneller Manier erkundet man einen vielschichtigen Kerker. Anstatt jedoch als strahlender Held dort nach Schätzen und Monstern zu suchen, versucht man hier als Figur mit sehr zweifelhaftem Heldenstatus diesem zu entkommen. Die Expedition in die Tiefen soll die Gründe für das eigene Schicksal und die Geschichte des Kerkers offenbaren.
Es wird Charakterklassen und –verbesserungen geben sowie eine Form von Permadeath. Stirbt man mit einer Figur, wird eine weitere in den Kerker geworfen, mit der man dann weiterspielt und einen Teil des Fortschritts behält.
Das Projekt hat bereits mehr als die Hälfte des Ziels erreicht und bei gleichbleibendem Unterstützerzuwachs bestehen gute Chancen auf den Erfolg.
Gewinner, Verlierer, lobende Erwähnungen
Sehr erfolgreich war Cryamore, ein Action-Adventure mit Rollenspielelementen, das versuchen will, die Tradition klassischer Rollenspiele wie Legend of Zelda mit einem neuen Blick auf das Genre zu verbinden und dabei Erkundungsfreiheit, Rätsel, strategisches Gameplay mit einer Menge Nostalgie zu vereinen.
Halfling Wars wird nach dem erfolgreichen Abschluss ein Free-to-Play-Rollenspiel mit Simulationselementen für iOS, in dem ein eigenes Dorf und eine eigene Armee zu errichten sind, um damit online Kämpfe zu bestreiten, in denen man Ressourcen oder die eigenen Kreaturen und einem Wettsystem setzen und verlieren kann.
Days of Dawn bietet ein rundenbasiertes Rollenspiel mit einem Magiesystem, in dem Charaktere Zugriff auf unterschiedliche Zauber haben, je nachdem in welchem emotionalen Zustand sie sich befinden, was wiederum von Umwelteinflüssen, Gesprächen und eingesteckten Schlägen abhängt.
Heroes of Steel wurde von all jenen finanziert, die von klassischem Dungeoncrawling einfach nicht genug bekommen können. In dieser Kombination aus Rundenstrategie und Rollenspiel schlägt man sich mit einer Gruppe Abenteurer durch Kerker und sammelt Gegenstände und Erfahrung wie es traditioneller nicht sein könnte.
Fortis Rex wird ein Rollenspiel mit interessantem, freiem Kampfsystem mit Kämpfen zu Pferd und dem Kommandieren selbstgestalteter Armeen sowie eine questbasierte, nichtlineare Geschichte in wirklich hübscher Grafik, wenn man bedenkt dass das Ganze mit nur 7.000 Dollar finanziert wird.
Wie schon im Indie Fresse-Podcast #19 erwähnt, hat Death Inc. jetzt eine Demo, die jedoch zu wenig zeigt, zu einfach und zu unfertig wirkt. Die Steuerung ist simpel, funktioniert trotzdem nicht richtig und der Demo fehlt neben Musik und Story auch jeglicher Anspruch. Dies wird kaum die Begeisterung auslösen, die nötig wäre, um das Projekt zu dem ohnehin zu hoch gegriffenen Ziel zu bringen.
Dreamfall hingegen hat sein Ziel erreicht und arbeitet sich nun durch die Stretchgoals. Neben neuen Zielen wurde ein neues Video veröffentlicht, das die Ingamegrafik des Prototyps und einen ersten Blick auf den angekündigten neuen Schauplatz, Europolis, liefert.
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