Legend of Dungeon: Im Kerker zu Tode gemartert
Schon mal violettes Pixelblut gekotzt? In Legend of Dungeon passiert das häufig dann, wenn ich eigentlich einen Heiltrank einnehmen möchte. Denn alles ist zufallsgeneriert. Die Dungeons selbst, die kleinen Rätsel, die Gegner, sogar die Musik und die Wirkung der Tränke. Ausprobieren ist daher oberste Pflicht, Pixelerbrochenes die unweigerliche Folge. Auch tödliche Fallen gibt es zuhauf. Als mein Charakter zum ersten Mal das Zeitliche segnete, starb er nicht durch die Hand eines Monsters, sondern durch den Dungeon selbst. Unbedarft war ich in eine kleine Nische gelaufen und hatte dort einen Schalter betätigt, der wiederum eine Falle auslöste, die mich zerquetschte. Dieser erste Bildschirmtod war nur ein wages Omen auf das, was danach kommen sollte.
Legend of Dungeon ist ein typischer Dungeon Crawler. Als milchgesichtiger Held starte ich in einer Taverne und muss mich von dort aus tiefer und tiefer in die zufallsgenerierten Kellergewölbe kämpfen. Tote Gegner hinterlassen grüne Kugeln, fürs Aufsammeln gibts Erfahrungspunkte. Der Stufenaufstieg läuft jeweils automatisch ab und beschert mehr Lebens- und Angriffspunkte. Zwischendurch finden sich in Kisten oder bei besiegten Gegnern Gegenstände, von denen ich nie so genau weiß, was sie eigentlich anrichten, darunter diverse absonderliche Kopfbedeckungen, die entweder die Statuswerte verändern oder für ein bisschen spielerische Abwechslung sorgen. Während etwa ein einfacher Hut meinen Rüstungswert verbessert, bewirkt eine auf dem Haupt platzierte Kafeetasse ein spürbares Plus an Geschwindigkeit.
Das eigentliche Alleinstellungsmerkmal von Legend of Dungeon ist sein Kampfsystem. Während die Spielwelt grundsätzlich dreidimensional ist, sind Heldenfiguren und Gegner platte Sprites, die sich im Stil klassischer Beat’em ups bekämpfen. Das funktioniert am besten mit einem Gamepad und spielt sich bei größeren Gegnerscharen ein wenig wie Balancieren mit Dynamit auf einem Surfbrett: Dinge explodieren, geometrische Formen fliegen gemeinsam mit Körperteilen durch die Gegend, genaue Augen-Hand-Koordination ist so gut wie unmöglich. Ein entscheidender Nachteil dieses Kampfsystems ist, dass sich Gegner nur horizontal treffen lassen. Das bedeutet, dass sich der Spieler vor einem Angriff stets direkt neben einem Gegner platzieren muss, unabhängig davon, ob die Attacke mit einem Schwert oder per Zauberspruch ausgeführt werden soll. Frustrierend, wenn eine solche Situation für einen frühzeitigen Bildschirmtod sorgt – erst recht, weil selbiger permanent ist. Wer stirbt, verliert alles und beginnt von vorn.
Wer es schafft, die teils etwas unfairen Mechaniken von Legend of Dungeon nicht zu ernst zu nehmen, lernt schnell, dass mehr Hektik in diesem Spiel gleichbedeutend mit mehr Spaß ist. Deshalb haben die Entwickler, die auf Kickstarter für ihr Projekt eigentlich nur 5.000 Dollar wollten und am Ende knapp 33.000 Dollar eingesammelt haben, auch einen Multiplayer-Modus eingebaut. Bis zu vier Spieler können sich vor einem Rechner gleichzeitig durch den Dungeon prügeln. Stirbt einer von ihnen dabei, fliegt er als Geist durch die Gegend und sammelt spezielle Erfahrungspunkte. Hat er genug davon, wird er wieder lebendig, allerdings nur mit einem Bruchteil seiner Lebenspunkte – als kriegsversehrter Zombie gewissermaßen.
Legend of Dungeon ist ein bisschen wie Kartoffelsalat: eine Glaubensfrage. Die einen mögen ihn mit Mayonnaise und Gürkchen, die anderen mit Essig und Öl und Zwiebeln. Die einen mögen ihren Dungeon Crawler als sportliche Herausforderung, die anderen als schnellen, hektischen Spaßbringer für kuschelige Abende mit Freunden. Die Entwickler von Robot Loves Kitty haben sich für letzteres entschieden. Echte Frustration erlebt nur, wer Legend of Dungeon zu verbissen angeht, seine Charakterfähigkeiten maximieren und möglichst effizient alle Ebenen durchqueren will. Allein der Zufallsfaktor wird das nicht zulassen. Spaß hat, wer die Fähigkeit besitzt, über eigene Bildschirmtode (oder die seiner Mitspieler) zu lachen.