Non-finito: A Fragment of Her

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Wer bildende Kunst studiert, braucht starke Nerven. Fernab finsterer Zukunftsperspektiven vom brotlosen Dasein, erweist sich oft auch die Gegenwart als recht mühselig: Gelingt es nicht, die Gunst der Lehrenden für sich zu gewinnen und in einer der wenigen Klassen unterzukommen, fristet man sein Dasein oft in Fluren und Treppenhäusern. Dass der Alltag nicht zwingend einfacher wird, wenn diese erste Hürde genommen ist, prognistiziert A Fragment of Her.

Dessen Protagonistin Selina muss nach ihrer Aufnahme in die Klasse des renommierten Kunstprofessors Albert S. Seligmann feststellen, dass sich hinter den glanzvollen Fassaden von Menschen und Mauern nur Enttäuschung verbirgt. Ihre anfängliche Euphorie verfliegt schnell, als sie bemerkt, dass den verehrten Professor einfach nichts zu überzeugen scheint – nicht einmal sein eigenes, mit Kamera und Pinsel kurzerhand plagiiertes Werk.

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Dennoch weiterhin strebsam, versucht die junge Frau immer wieder, das eine, große Kunstwerk zu produzieren und sieht sich binnen ihrer ersten drei Studienwochen mit allerlei persönlichen existentiellen Krisen konfrontiert, sowohl ihren eigenen als auch denen ihrer Mitstudent_innen. Was hierdurch ein interessanter Blick auf die bisweilen oberflächliche und von Willkür dominierte Kunstwelt hätte sein können, entpuppt sich bald als Gegenstand der eigenen Kritik. Das Spiel besticht durch eine schöne, an klassische Point’n’click-Adventures angelehnte Pixelgrafik, individuelle Character Designs und flüssige Animationen; dahinter aber verbirgt sich eine unausgereifte Basis, von der hastig erzählten und abrupt-dramatisch endenden Geschichte bis hin zur fragmentierten Existenz der Hauptfigur.

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Eben die verrät in recht hölzern formulierten Mono- und Dialogen immer wieder Details über sich selbst, die das Klischee einer ver- und gestörten Künstlerin anstelle einer ausgereiften Persönlichkeit zeichnen. Das gilt auch für die übrigen Charaktere, deren Potenzial nicht ausgeschöpft wird – nicht zuletzt wohl wegen der relativ kurzen Spielzeit von einer halben Stunde. In denen finden denn auch keine Rätsel, sondern lediglich wenig plausible Suchspiele Platz. Wenn Selina etwa das Chaos ihrer neu bezogenen Wohnung nach einem Zettel durchstöbert, so findet sie diesen grundsätzlich dort, wo sie zuletzt nachsieht. A Fragment of Her, das ursprünglich im Rahmen des Point’n’click Jams 2014 entstand und anschließend weiterentwickelt wurde, zeigt viele positive Ansätze, die jedoch nicht durchdacht erscheinen. Obwohl das Spiel inhaltlich zu überzeugen versucht, tut es das letztlich doch nur visuell – wie auch, so zeigt sich, das Werk des großspurigen Albert Seligmann.