Overland ist ein postapokalyptisches Roguelike-Rundenstrategiespiel.
Und ganz nebenbei erzählt es Geschichten vom Überleben.
Die besten Spiele schaffen es, mit jeder neuen Partie eine Geschichte zu erzählen. Overland ist so ein Spiel. Auch wenn es oberflächlich bloß ein Roguelike ist, bei denen Spielfiguren schon vom Konzept her immer wieder sterben, lässt der Tod eines treuen Begleiters nicht kalt. Nur eines ist immer gleich: Die Apokalypse, diesmal in Form von unterirdisch lebenden Monstern, treibt die Überlebenden voran. Momentan befindet sich das Strategiespiel noch in einer geschlossenen Testphase. Wir zählen zu den glücklichen Tausend, die sich schon jetzt auf eine Reise quer durch die USA begeben konnten. Das sind unsere Geschichten.
Jean und Callie
Daniel Ziegener Sie waren immer stolz auf ihren Wagen, so viel wusste Jean über ihre Nachbarn. Er stand noch da, in der Einfahrt vor dem kleinen Haus, als wäre die Welt nie untergegangen. Jean war nicht die Einzige, die sich an das Gefährt erinnerte, das durch ein paar Mülltonnen vor allzu neugierigen Blicken geschützt war. Das Benzin im Tank reichte gerade noch, um sie gemeinsam mit Callie aus der Stadt zu bringen. Callie war stets die Stärkere der beiden. Doch ganz gleich wie viele Ungeheuer sie niederstreckte, es kamen immer neue aus der Erde gekrochen. Callie wollte kämpfen, ob mit einem brennenden Stock oder einem Teppichmesser. Mindestens so viele Kämpfe wie sie führte musste sie aufgeben, um Jean zu retten.
Manchmal, wenn die untergegangene Welt in die Stille der Nacht getaucht war, fühlten sie sich wie Thelma und Louise. Nur sie beide gegen den Rest, der von der Welt noch übrig war. Für Jean endete die Reise an einer Straßenblockade. Callie rief ihr noch zu, dass sie einen Weg finden würden. Das war bevor sie erkannte, dass dieser Weg nur breit genug für eine von ihnen sein würde. Mit Jean starb auch Callies Wille zum Kampf. Ihr galt Callies letzter Gedanke, als die Ungeheuer ihren Wagen umkreisten. Sie hatte so lange gekämpft, dass sie vergessen hatte, wie man flieht.
Ying und Yang
Florian Zandt Unter normalen Umständen hätten Isa und Betty nie zusammengefunden. Die zurückhaltende Isa, die sich mit ihrem Motorradhelm, den sie nie abnimmt, eine physische wie psychische Barriere gegen die trostlose, zerstörte Welt aufgebaut hatte. Betty, die sehnige Ausdauersportlerin, die die Monstrositäten, die einen Großteil der Menschheit ausgelöscht hatten, mit bloßen Händen aus dem Weg schubste und selbst positive Erlebnisse wie das Entdecken eines neuen fahrbaren Untersatzes mit beißendstem Zynismus kommentierte. Jetzt, am Ende der Welt und einige Wochen nach ihrer ersten Begegnung, standen die beiden Rücken an Rücken neben ihrem Geländewagen.
Über den Gebirgspass hatten sie es gerade noch geschafft, jetzt gluckerte im Tank ein trauriger Rest Benzin umher, der definitiv nicht mehr für die Flucht reichen würde. Das trockene Gras am Straßenrand hatte Feuer gefangen, sie waren umringt von Monstern, deren Klick- und Quietschgeräusche die Luft erfüllten. “Fang jetzt bloß nicht an zu heulen!”, knurrte Betty und umfasste die Eisenstange fester. “Wenn wir schon gehen müssen, dann nach unseren Regeln.” Isa nickte, ihr trauriges Lächeln von ihrem Helm verborgen, holte ihr Sturmfeuerzeug aus der Hosentasche und stopfte ihr Taschentuch in die Tanköffnung.
Heb und Richie
Kevin Viel wusste Heb über Richie nicht. Es regnete in Strömen, als sie sich zum ersten Mal begegneten und das Einzige, was Heb zu diesem Zeitpunkt wollte, war eine warme Dusche. Richie, ein kahlköpfiger Mann mit einem feuerroten Bart, erzählte derweil nervös von seinem CPR-Training. Wollte man in dieser neuen Welt länger überleben, war ein Zusammenschluss mit anderen Personen die einzig richtige Wahl. Konnte er sein Gegenüber nun davon überzeugen, nützliche Fähigkeiten zu besitzen, stiegen seine Chancen immens. Heb, gedanklich bereits in seinem trockenen Auto, stufte den stotternden Richie als gefahrlos ein und wollte nur noch seine Ruhe. Seine grummelnde Einwilligung schockierte Richie, war aber eine ungemeine Erleichterung für ihn. Gemeinsam begannen sie so ihre Reise, stumm auf den Vordersitzen des Autos.
Sie fuhren ohne größere Probleme durch die Woodlands, hielten ab und zu an, um Benzin aus herrenlosen Fahrzeugen zu saugen. Die vermeintliche Stille beunruhigte sie. Als Heb eines Abends auf eine Blockade traf, waren sie dann auch da – vier Kreaturen, bedrohlich mit ihren Zangen klickernd. Heb zog den kürzeren Strohhalm und stieg aus, um die Straße freizulegen und diesem Höllenloch für einen weiteren Tag zu entkommen. Sofort stürmten die Kreaturen auf ihn los, seine einzige Möglichkeit war nun die Flucht. Richie verließ daraufhin den Wagen, in der Hoffnung die Kreaturen abzulenken, als plötzlich der Boden unter ihm bebte. Drei Monster krochen aus der Erde. Er war umzingelt. Ehe er realisieren konnte, was genau passierte, setzte ein Monster zum Angriff an. Richie schrie auf. Heb sah über seine Schulter, wie Richie mit letzter Kraft Benzin über eine der Kreaturen goss, allerdings einen weiteren Stoß erhielt und zu Boden sackte. Dann spürte er einen heftigen Schlag, und alles wurde dunkel.