Random Encounters: Kiss the Cock

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Gaumenfreuden wird nicht selten eine sensorische Wirkung nachgesagt, die eine Brücke von der Küche ins Schlafzimmer schlägt, von geschmacklicher zu sexueller Ekstase. Gerade Schokolade gilt dabei seit jeher als eines der erotischsten Lebensmittel. Selten zuvor allerdings wurde die Kakaobohnenmasse so unverhohlen mit genitalen Akitivitäten verknüpft wie in der Visual Novel Kiss the Cock.

Deren Protagonist sitzt zu Beginn des Spiels zutiefst deprimiert, da just von seiner Freundin verlassen, unter einem klaren Sternenhimmel und frönt der Reflexion. Obschon ein höchsterfolgreicher Gourmetkoch, gutaussehend und bescheiden, so bilanziert er, hat er partout kein Glück mit den Frauen. Das Problem: Sein fies schmeckendes Sperma. Verschreckt von der gustatorischen Scheußlichkeit, nehmen die Frauen stets nach kurzer Zeit Reißaus – bis an eben jenem Abend eine Sternschnuppe erscheint, die dem verzweifelten Herrn seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt: Ejakulat, das nach weißer Schokolade schmeckt und damit eine unwiderstehliche Anziehung auf die Damenwelt ausübt.

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Entzückt beschließt der Meisterkoch gleich darauf, sich an der holden Weiblichkeit für seine ganz persönlichen Fehlschläge zu rächen und hat dabei drei junge Studentinnen im Visier, denen er an einer Eliteschule das Kochen beibringt. Naheliegenderweise befiehlt er selbigen prompt, ein Gericht mit seinem frisch ersüßten Penissirup zu kreieren sowie die Zutat selbst zu “ernten”, und droht im Falle verweigerten Gehorsams mit einem Rausschmiss. Diese Drohung allerdings schwebt nicht lange im Raum, ist die Substanz doch hochgradig suchterzeugend und der Sex damit ein Selbstläufer.

Interessant ist, dass die drei Damen angesichts der kurzen Spieldauer von 40 Minuten über vergleichsweise differenzierte Persönlichkeiten verfügen. Gerade Luana, eine zombieeske und der schwarzen Magie zugeneigte Frau, tritt als relativ interessanter Charakter hervor und zeichnet sich außerdem dadurch aus, dem Geschlechtsakt durchaus zugetan zu sein – allerdings aus ganz eigenen und höchst absonderlichen Motiven.

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Umso seltsamer erscheint angesichts dessen die Präsenz eines narrativen Rahmens, der auf die sexspieltypischen Themen persönlicher Rache und erzwungenen Geschlechtsverkehrs setzt. Warum die drei zum Sex genötigten Studentinnen der Situation letztlich so unkritisch gegenüberstehen, bleibt unklar. Wohlwissend um die bewusstseinsvernebelnde Wirkung des Schokoladenspermas und die niederen Absichten ihres Professors, sind letztlich sogar alle drei Beziehungen mit ihm einzugehen bereit und man kann frei wählen, mit welcher von ihnen die finalen Sexszenen stattfinden sollen.

Dass dieses visuell eigenwillige und von einer offenbar sexuell vielseitig interessierten Künstlerin geschaffene Spiel damit letztlich doch nur Klischees bedient, ist bedauerlich. Sowohl deshalb als auch angesichts der zum Teil eher abschreckenden Inszenierung der Sexakte, muss Kiss the Cock seine stimulierende Wirkung tendenziell abgesprochen werden. Ebenso wie der Schokolade, die zwar das stimmungsaufhellende Hormon Phenylethylalanin enthält, aber kein echtes Aphrodisiakum ist.