Re: A MAZE Indie Connect 2013
Trotz des Besuches auf der A MAZE Indie Connect bleibt mir der Name ein Rätsel. Ist A MAZE nur für die Wortspiele zuständig? Ist Indie Connect nur ein Untertitel wie “Amaze – Fels der Entscheidung”? Dass die Veranstaltung nicht nur eine, sondern gleich zwei extrem unterschiedliche Webseiten unter amaze-festival.de und amaze-indieconnect.de pflegt, macht die Verwirrung komplett. Natürlich ist „Amaze“ der schönere Name während „Indie Connect“ Thema und Ziel zum Ausdruck bringt. Aber ganz ehrlich: Doppelnamen machen Dinge umständlicher, als sie sein müssten – und wie sollen erst die Kinder heißen? Denk doch einer an die Kinder!
A MAZE Indie Connect 2013, im Urban Spree Berlin, ist genau dort, wo einem am S-Bahnhof ein sanfter Uringeruch um die Nase weht. Ah, Berlin, Du bist so wunderbar! Wo wir schon bei Klischees sind: Optisch ist das Urban Spree genau das, was man sich unter einer Berliner Eventlocation vorstellt. Eine abgewrackte Industrieruine, so hip, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Neonröhren tatsächlich von der Decke fallen, oder absichtlich so montiert wurden. Was das A MAZE ausmacht, ist aber weniger die Location, als das Zusammentreffen von tollen Menschen und tollen Spielen.
Tolle Spiele wie Mikolaj „Sos“ Kaminskis ACHTUNG ACRADE, eine Arcademaschine die eine Sammlung seiner Minispiele präsentiert. Schräg ist als Vokabel deutlich untertrieben.
Tolle Menschen wie Rami Ismail, der sich in seinem “Burning Bridges” betitelten Vortrag darüber Gedanken machte, ob die Indie-Community vor einer Spaltung stehe. Eine Spaltung zwischen erfolgreichen, etablierten Indies und denjenigen, die nur noch darauf hoffen können, dass ihre Spiele zufällig entdeckt werden da es ihnen an Beziehungen und Bekanntheit mangelt. Wie könnte man Strukturen schaffen, die sich nicht nur auf die Minecrafts und Braids konzentrieren, sondern zuverlässig auch kleine Spiele in die Öffentlichkeit tragen?
Tolle Spiele wie Blood Trial, ein herz-zerreißendes Multiplayer-Gekloppe im Stile von Super Smash Brothers, das im Rahmen des Berliner Global Game Jam 2013 entstanden ist.
Tolle Menschen wie Jana Reinhardt von Rat King, die sich um das Bewusstsein für die lokale Indie-Szene bemüht und durch bessere Vernetzung eine Anlaufstelle für spezifisch deutsche Probleme schaffen will. Wie macht man das mit dem Finanzamt, wenn man sein nächstes Spiel über Crowdfunding realisieren will?
Tolle Spiele wie die Super-Version von Pole Riders, das auf der A MAZE in Turnierform präsentiert wurde. Superlevel-Dennis wird wohl noch in 30 Jahren seinen Enkeln erzählen, er habe nur deshalb verloren, weil der linke Controller fehlerhaft gewesen sei. Sieger wurde „Nifflas“ Nygren, der als einziger so etwas wie eine Strategie erahnen ließ, um den an der Wäscheleine befestigten Ball mit seinem Stabhochspringer ins Ziel zu bringen.
Tolle Menschen wie WASD-Schöpfer Christian Schiffer, der nach reichlich Alkohol seine Weltherrschaftspläne… ohm, ähm.
Tolle Spiele wie das Studentenprojekt „The Gaudy Woods“ von Thi Binh Minh Nguyen und Robert Frentzel, das irgendwo zwischen Multimediainstallation, Kunst, Spiel und Ingenieursfantasie liegt. Die Idee eines Bibers, der auf einem Holzklotz durch den Wald rollt, entwickelte sich zu einem Abstrakten Waldspaziergang der von einem Controller-Konstrukt aus Metallrohren, Autoreifen, Kugellagern, Spanngurten und den Überresten einer optischen Maus bedient wird. Eine einmalige Erfahrung, die man so nicht im heimischen Wohnzimmer machen kann.
Es wären noch so viele weitere zu nennen, etwa der Kinect-Zeitlupen-Matrix-Kugelausweich-Simulator, dessen Name mir leider entfallen ist. Oder die freundlichen Bloggerkollegen aus der Schweiz. Oder Vlambeers Luftrausers. Oder Frau Bechtold, der ich eine Cola schulde (wer kann den auch ahnen, dass es später Freibier gibt. Mit Gratisgetränken kann man sich so schlecht revanchieren). Kurzum: Das A MAZE fühlte sich an, wie ein großes Familientreffen – nur ohne den peinlichen Onkel, dem jeder aus dem Weg geht und stattdessen mit jeder Menge Videospielen.
Sieger des mit 5.000 Euro dotierten Preises für das Most Amazing Game – gerüchteweise hat Publisher Ubisoft auf der parallel veranstalteten Quo Vadis Konferenz ähnliche Summen allein für das Buffet springen lassen – war übrigens Space Team. Seinen Mitspielern wilde Befehle zubrüllen während man auf seinem iPad nach dem Schalter für den Fluxkompensatorkoppler sucht, ist großer Spaß. Der Preis für Space Team verweist nicht zuletzt auf eine ganze Reihe ausgestellter Spiele, die sich dem lokalen Multiplayer, kooperativ wie kompetitiv, verschrieben haben und um die sich stets größere Menschenmassen sammelten. Geheimer Publikumsliebling: Das aus Südafrika stammende BROFORCE.
Zuletzt eine ganz persönliche Bemerkung:
Ich habe eine wichtige Lektion über mich selbst gelernt. Mein Musikgeschmack kennt Grenzen. Fünf Minuten Glitchnoises kann ein rationaler Teil meines Hirns als provokante Kunstperformance verbuchen, der ignorante Teil beharrt darauf, sich die Ohren zuzuhalten und das Weite zu suchen.