Indiegame: Rochard

Box that matters

Hand aufs Herz: die wahren Helden in Spielen sind doch die Männer, Frauen und Kinder in den SCVs — die mit den Bohrern, den Hämmern, den Schraubenziehern. Die Helden, die Kasernen und Farmen errichten und im Dreck nach Rohstoffen buddeln für ach so wichtige Space Marines. Helden wie John Rochard — bierbäuchige, erfolglose Weltraumminenarbeiter, die das Universum retten, weil sonst niemand will.

Klassenkampf beiseite ist das finnische Rochard aber einer der überraschendsten Puzzle-Plattformer des Jahres. Rochard borgt sich die Gravity Gun aus Half-Life 2, die Schwerelosigkeit aus Prey und das Greifhakensystem aus Bionic Commando und Capsized, um daraus clevere, unterhaltsame und vor allem witzige Puzzles zu basteln — die meist damit enden, dass irgendjemandem eine Kiste auf den Schädel knallt.

John Rochard läuft, hüpft und stolpert durch Weltraumbergewerke und findet sich Raum für Raum vor neuen Hindernissen. Was Rochard dabei so gut macht ist das absolut logische und befriedigende Puzzledesign: Neue Elemente werden langsam eingeführt, bleiben bis zum Ende des Spiels in Benutzung und werden sinnvoll erweitert. Basis bleibt immer der Energiestrahler, mit dem Kisten und andere Gegenstände gegriffen und durch die Gegend katapultiert werden können.

Und dann erweitert Rochard die Spielwelt um einen Schwerelosigkeitsknopf, der aus dem schwerfälligen Minenarbeiter einen graziösen Weltraumballettänzer macht – und die Kistenrätsel werden um eine Ebene komplexer, weil jetzt alle Objekte schwerelos sind.

Was aber wenn zur Schwerelosigkeit umgekehrte Schwerkraft dazukommt? Und Sprengsätze. Und Laser. Und Energiebarrieren, die für Kisten durchlässig sind, für den Spielcharakter aber nicht. Rochard wird Schritt für Schritt komplexer, fühlt sich aber zu keinem Zeitpunkt kompliziert an, weil jedes Rätsel perfekt vom vorhergehenden erklärt wird. Rochard ist das Portal der Puzzle-Derivate, ein perfektes kleines Lehrstück darüber, wozu ein Weltraumminenarbeiter in der Lage ist.

Hinzu kommt ein von den warmen Farben und cartoonigen Team Fortress 2-Charakteren inspiriertes Design, eine sympathisch unaufgeregte Story, sowie ein perfekter Space-Disco-Soundtrack von Markus “Captain” Kaarlonen und den Poets of the Fall, die mit dem „Grinder’s Blues“ ihr von Max Payne 2 bekanntes „Late Goodbye“ nochmal übertrumpfen.

Kurz: Rochard setzt (bekanntes aber) innovatives Puzzledesign so gut zusammen wie kaum ein anderes Spiel (Portal 2 eingeschlossen), wurde komplett in Unity 3D entwickelt (!) und spielt sich mit Tastatur und Maus besser als mit Controller. Ich bin ein bisschen verliebt.

Rochard ist seit Oktober als Downloadtitel für PS3 erhältlich und seit heute über Steam für 9,99€.