Shadowcrypt: Sisyphos in der Gruft

Shadowcrypt

Das Wissen um die eigene Sterblichkeit treibt bisweilen seltsame Blüten. Um ihr Bedeutung und Trost zu verleihen, haben sich Menschen bereits im Glauben an ein mutmaßliches Leben nach dem Tod selbst mumifiziert, ihr Dasein auf Erden in übermäßigem Verzicht geübt oder hofften auf eine Wiedergeburt als Kaktus in Sierra Nevada. Nicht weniger obskur ist die Idee, mehrere gefüllte Särge in einem Raum unter der Erde aufzubahren. Nicht selten finden Gruselgeschichten deshalb ihren Anfang in einer solchen Gruft, in der die Toten schließlich zu Untoten werden und den Lebenden beim Eintritt in ihr seelenloses Reich klar zu verstehen geben, dass sie hier nicht erwünscht sind. Im klassischen 2D-Action-Adventure Shadowcrypt von onebitpunch reicht oftmals ein einzelnes Skelett, um dieser Aussage eindrucksvoll Nachdruck zu verleihen.

Denn so traditionell das gewählte Setting, der Look und die Soundkulisse sind, erinnert nicht zuletzt auch der fast schon böswillige Schwierigkeitsgrad an längst vergangene Tage. Ähnlich wie der linkschaffende Recht, pardon, der rechtschaffende Link in seinem zweiten Zelda-Abenteuer, erkundet man mit dem hier namenlosen Helden die verschiedene Dungeon-Ebenen aus der Seitenansicht, schlägt mit dem Schwert und ein wenig Magie auf seine Widersacher ein und muss darauf Acht geben, selbst möglichst selten auf die Kapuze zu kriegen. Die sechs Lebenspunkte und drei Leben schmelzen dabei so schnell dahin, dass nur äußerste Vorsicht und das Auswendiglernen der gegnerischen Bewegungsabläufe so etwas wie Fortschritt im Spiel gewähren. Zwar findet man unterwegs hilfreiche Utensilien, wie stärkere Schwerter oder Wurfspeere, doch sind diese beim nächsten Biss in den modrigen Kryptaboden wieder verschwunden. Ein Umstand, an dem ich letztlich verzweifle.

Ein solcher Verlust ist nämlich insbesondere schmerzlich, wenn man sich bereits ein gutes Stück in der zwar nicht streng linear verlaufenden, doch optisch leider stets monotonen Grabstätte vorangekämpft hat. Mit dem Startequipment benötigt man im späteren Spielverlauf gute 15-20 Treffer, ehe ein einzelner Wiederauferstandener endlich abermals das Zeitliche segnet. Bei fünf Skeletten auf stets engstem Raum verkommt diese Tätigkeit selbst mit einiger Übung zu einer lästigen, nicht enden wollenden Fleißarbeit, an deren Ende schließlich doch meist ein erneutes Scheitern steht. Das ist vor allem schade, weil die Mischung aus taktischem Schildeinsatz und gezielten, wohl überlegten Schwerthieben fast schon an das motivierende Kampfsystem von Dark Souls erinnert, die unnötig harte Bestrafung einer Unachtsamkeit jedoch mehr Frust als Lust auf einen weiteren Versuch hervorruft.

Wer aber auch in solch gnadenlosen Konsequenzen eine fesselnde Herausforderung sieht, auf den wartet womöglich eine besonders intensive Endorphinausschüttung, nachdem er das im Endeffekt doch recht kurze Spiel siegreich beendet hat. Ich habe das Streben nach diesem Moment längst aufgegeben, möchte meine Zeit in der Gruft aber nicht missen. Nach all dem, was mir dort unten über den Weg gelaufen ist, ziehe ich nach meinem Ableben nun eine Feuerbestattung vor.