Sony Ericsson Xperia Play alias PlayStation-Phone

Als mir der freundliche PR-Mann von Sony Ericsson in Hamburg das Xperia Play (im Volksmund auch PlayStation-Handy genannt) überreichte, stellte er mir frei, was ich mit dem Gerät mache. Es sei meine Entscheidung, ob ich das Handy vor Ort in Rockstarmanier gegen die Wand schmettere, es unter den Lesern von Superlevel verlose oder es als Türstopper umfunktioniere. Ich ging also keinerlei Verpflichtung ein.

Der Skeptiker könnte nun behaupten, Sony Ericsson habe damit indirekt mein Wohlwohlen erkauft. Vollkommen egal, wie man es nennt — für mich war es Ehrensache, keinen Artikel zu verfassen, sofern ich mich mit dem Xperia Play so rein gar nicht anfreunden könne. Ein Zeriss des Zerisses wegen fänd ich unangebracht. Diese Zeilen sind demnach ein Indiz dafür, dass das sogenannte PlayStation-Handy gar nicht so scheiße ist, wie man annehmen könnte. An dieser Stelle schlägt der freundliche PR-Mann von Sony Ericsson vermutlich die Hände über dem Kopf zusammen.

Wie die Bewegtbilder verdeutlichen, handelt es sich bei dem Xperia Play um ein Touchdisplay-Smartphone, das zusätzlich mit physischen Eingabemöglichkeiten versehen wurde, die Parallelen zum PlayStation-Controller aufweisen. Statt der üblichen Analogsticks gibt es zwei kreisrunde Flächen, die als Touchpads fungieren.

Technische Daten

  • Maße
    119 × 62 × 16 mm
  • Gewicht
    175 g
  • Bildschirm
    854 x 480 Pixel / 4.0″
  • Prozessor
    1 GHz Qualcomm Snapdragon, Qualcomm Adreno 205 GPU
  • Speicher
    512 MB RAM / microSD bis 32 GB (8 GB enthalten)
  • Betriebssystem
    Android 2.3 Gingerbread

Das Xperia Play wird mit “Android 2.3 Gingerbread” betrieben. Da ich auf keine Erfahrungen mit Googles Betriebssystem zurückblicken konnte, vergingen ein paar Tage, bis ich mich mit den Möglichkeiten, Tricks, Hacks und Tweaks des Systems ansatzweise vertraut machte. Aber inzwischen bin ich mit dem Look and Feel sehr zufrieden und weiß die Vorzüge Androids gegenüber iOS zu schätzen.

Generell habe ich an den klassischen Smartphone-Funktionalitäten kaum etwas auszusetzen. Das System läuft flüssig und stabil, die Bedienung geschieht in der Regel intuitiv, der Bildschirm ist verhältnismäßig scharf (nein, nicht ganz so scharf wie das Retina-Display) und der Schwarzmarkt Android-Market deckt die Bedürfnisse eines Casual-Users weitesgehend ab. Der Grafikprozessor scheint es mit dem des iPhone 4 aufnehmen zu können, allerdings steht das neue iPhone bereits in den Startlöchern und nach dem Hardwareupdate dürften die Karten eh neu gemischt werden.

Mit dem Xperia Play richtet sich Sony Ericsson in erster Linie an Gamer, was am integrierten Gamepad und dem Fokus auf Grafikleistung unschwer zu erkennen ist. Auf dem Telefon sind sechs Titel vorinstalliert (u.a. Sims 3, Asphalt 6 und Bruce Lee) und sobald man das Pad hervorgeschoben hat, öffnet sich auf dem Display ein Auswahlmenü. Ein “Fingerzeig” führt zu weiteren Games, die online bezogen werden können. Dazu zählen z.B. N.O.V.A. 2, Assassin’s Creed HD und Reckless Racing. Über die Spiele selbst brauche ich eigentlich keine Worte verlieren, da es sich um Standardtitel handelt, wie man sie in dieser oder ähnlicher Form bereits vom iPhone kennt. Die Auswahl ist zwar längst nicht mit der im AppStore von Apple zu vergleichen, aber wir alle wissen ja, dass Quantität kein Garant für Qualität ist.

Mir persönlich sind die Bedienelemente etwas zu klein geraten, aber gerade bei Shootern und Jump’n’Runs nehme ich dieses Manko gerne in Kauf. Schade ist nur, dass viel zu wenige Spiele die Hardwaresteuerung unterstützen — und dann nützt mir das Konzept der Xperia Play herzlich wenig. Da besteht also definitiv Nachholbedarf vonseiten der Entwickler. Ich freute mich beispielsweise auf eine Partie Pro Evolution Soccer 2011, allerdings konnte ich keine Option finden, die virtuellen Steuerelemente zu umgehen. Blöd. Ganz großartig hingegen funktionieren die Emulatoren für NES, SNES, MegaDrive und Co. Da können die Jailbreak-Kollegen vom iPhone definitiv einpacken.

Erwähnenswert wäre dann noch die sogenannte PlayStation Suite. Das ist eine Art Onlinestore für Klassiker aus der PSX-Ära, die dann auf dem Smartphone reanimiert werden. Leider nur theoretisch, da besagter Retro-Store voraussichtlich erst im Herbst diesen Jahres online geht. Das Spiel Crash Bandicoot ist vorinstalliert, immerhin, aber das miese Timing von Sony bleibt mir ein Rätsel.

Wie ich bereits im Breakfast-Podcast erwähnte, habe ich ein Problem mit der Wertigkeit des Gehäuses und der Buttons. Allerdings bezieht sich das auf den direkten Vergleich mit dem schlichten iPhone 4, das ich seit der Markteinführung mein Eigen nenne. Vergleiche ich die Wertigkeit des Xperia Play mit der eines handelsüblichen Smartphones jenseits des Apfelbaums, würde dieser Kritikpunkt vermutlich deutlich weniger oder gar nicht ins Gewicht fallen. Hinzu kommt, dass Schiebemechanismen und Buttons generelle Schwachstellen sind, die recht schnell ins Auge fallen. So oder so habe ich beim Xperia Play nicht das Gefühl, ein EUR 649,00 EUR 477,89 teures Stück Hardware in Händen zu halten. Die Meinungen gehen da aber sehr weit auseinander und reichen internetztypisch von “total edel” bis “megaschrottig“, deswegen sollte sich diesbezüglich jeder sein eigenes Bild machen.

Fazit

Das Xperia Play ist ein charmantes Pummelchen mit Potential, das eine nähere Begutachtung von tendenziell Interessierten durchaus verdient. Wer eine portable Spielkonsole mit Power sucht, sollte womöglich besser auf die NGP aka PSP2 von Sony warten. Wer ein flottes Android-Handy sucht, ist womöglich besser mit einem schlankeren Konkurrenzprodukt beraten. Trotz diverser Kritikpunkte rate ich keinesfalls von dem Produkt ab, da es nun mal von ganz individuellen Vorstellungen und Ansprüchen abhängt, welches Gerät einem zusagt. Und ich kann mir durchaus Vorstellen, dass manch einer von dem Teil angetan ist. Ich persönlich werde beim iPhone bleiben. Vorerst.

WTF?!

(Wir werden das Xperia Play zu gegebener Zeit unter den Lesern verlosen, allerdings ist uns noch keine geeignete Aktion dafür eingefallen.)