Spirits für Mac
Das Lemmings-Prinzip ist so einfach wie genial: Eine Horde blind flanierender Idioten muss durch richtungsweisende Eingriffe ans Ziel geführt und dabei vor dem sicheren Tod bewahrt werden. Die fleißigen Bienchen der Berliner Indie-Schmiede Spaces of Play haben darauf aufgebaut und neben der Beeinflussung der Elemente niedliche Laubblätter-Geister-Pilz-Sporen-Wesen mit in den Topf geworfen. Das Ergebnis: Spirits.
Die bereits 2010 erschienene iOS-Version des Puzzle-Plattformers stieß auf positive Resonanz und gewann unter anderem den IndieCade “Best Aesthetics”-Award. Weil die Herzen der Entwickler weiterhin für Apple schlagen, ist nun die ebenso viel versprechende Mac-Portierung an der Reihe.
Es ist Herbst, die Bäume beginnen ihren alljährlichen Striptease, die Blätter fallen und schreiten ins Jenseits über. Der Weg der Laubseelen (in unglaublich niedlicher Form) ist reich an Hindernissen: Windböen, Geäst und Schluchten müssen überwunden werden, um einen leuchtenden Wirbel und damit Heimat und Seelenfrieden zu erreichen.
Für den Spieler heißt das im Klartext, einzelne Seelen zu opfern, damit sie sich auflösen und Funktionen übernehmen: Wind kann erzeugt oder blockiert werden, Ranken können gepflanzt und als Brücke genutzt und Tunnel gegraben werden. Beim Klick auf eine Seele öffnet sich ein kleines Menü, in dem gegebenenfalls eine Richtung zur Aktion ausgewählt wird. Währenddessen läuft das Spiel weiter und die nachfolgenden Seelen hoffentlich nicht in den Tod.
Die ersten Level sind noch sehr simpel gehalten, um die Aktionen einzeln vorzustellen, im zweistelligen Levelbereich wird es deutlich schwieriger. Dass es nie bloß eine einzige Lösung für ein Level gibt und dass beim Öffnen des Aktionsmenüs das Spiel weiterläuft, werden später zur wahren Herausforderung. Für einen perfect score darf nur eine Mindestanzahl an Seelen verbraucht werden, unterwegs sorgt das Einsammeln von Pflanzen für eine höhere Punktzahl.
Das Zusammenspiel von Seelen, Wind, Pflanzen und einer ordentlich Portion Partikeleffekten sind eine wahre Augenweide, die mich zwischenzeitlich und nicht zuletzt durch die handgemalte Grafik und die Parallax-Hintergründe an Limbo erinnerte. Zusammen mit dem Soundtrack des Ein-Mann-Orchesters Martin Straka, der ebenfalls für die Soundkulisse in TRAUMA verantwortlich ist, entsteht eine angenehm-herbstliche und beinahe meditative Atmosphäre.
Wem Zeit oder Lust dazu fehlen, dreißig Seelen beim abenteuerlichen Marsch durch die Flora zuzusehen, kann das Spiel durch einfachen Druck auf die Leertaste beschleunigen – ich persönlich habe mich für maximales Zen entschieden und alles in Echtzeit nachverfolgt. Für uneingeschränkte Entspannung hätte ich mir gewünscht, dass das Spiel bei der Auswahl einer Seelen-Aktion pausiert würde, bin allerdings nicht sicher, ob dadurch jegliche Spannung zunichte gemacht würde.
Die hervorragende Grafik, der hohe Wiederspielwert durch verschiedene Lösungswege und die Liebe zum Detail machen Spirits zu einem Titel, der weitaus mehr als ein Lemmings-Klon ist und zu Recht Preise einheimst. Und weil die Lernkurve so angenehm ist, haben sogar Puzzle-Blindgänger wie ich eine Menge Spaß.
Das Gewinnspiel ist beendet. Sven, Heinecke und Alex hatten den richtigen Spirit. Herzlichen Glückwunsch!