Tropes vs Women in Video Games: Women as Background Decoration
“Sometimes they're created to be glorified furniture but they are frequently programmed as minimally interactive sex objects to be used and abused.”
Müde und kraftlos wirkt Anita Sarkeesians Vortrag in der mittlerweile fünften Ausgabe von Tropes vs Women, ihrer videografischen Kampfansage an die mutmaßlich misogyne Männerdomäne Videospiel. Nun war übermäßiger Elan und sprudelnde Lebensfreude sicher auch bisher kein wesentlicher Bestandteil ihrer Videos und deren Inhalt entsprechend zumeist auch eher unangemessen, jedoch wirkt die gewohnt spröde Präsentation des eigentlich sehr interessanten und wichtigen Themas „Frauen als schmückendes Beiwerk“ ungewohnt verkrampft und fahrig. Fast so, als hätte ihr die ermattende Recherche des Themas so viel Kraft geraubt, dass eine durchweg wasserdichte und unumstößliche Argumentation dieses Mal leider auf der Strecke bleiben muss.
An sich wird das Thema mit seinen fünf Unterpunkten recht anschaulich gegliedert. Die Instrumentalisierung von Frauen wird anhand von Spielabläufen und Werbeplakaten veranschaulicht, bei denen Frauen lediglich als Mittel zum Zweck dienen und keine aktive Rolle einnehmen. Beispielsweise eingesetzt als lustvolle Ablenkung von Wachen oder hässlichen VGA-Grafiken. Aus diesem Punkt geht auch der zweite Ansatz der Kommodifizierung hervor, der die Gleichsetzung von Frauen als handelbare Ware beschreibt. Virtuelle Bordelle und Stripclubs, die Reduzierung der Frau als Lustobjekt und sexuelle Dienstleisterin, das sind in ihrer Häufigkeit und Plumpheit in der Tat unangenehm auffallende Stereotype, die sich über die Jahrzehnte gehalten haben. Daraus resultiert schließlich auch das Merkmal der Austauschbarkeit weiblicher NPC, deren objektivierte Charakterzeichnung sie völlig beliebig erscheinen lässt und deren Rolle im Spiel sogar bisweilen von einem Getränkeautomaten übernommen werden kann.
Konnte man den Ausführungen trotz der recht steifen und in dieser Episode noch elaborierteren Ausdrucksweise bis hierhin folgen, wirkt die Beweisführung bei den letzten beiden Punkten, der Verletzlichkeit und der stetigen Verfügbarkeit von Frauenfiguren, doch ein wenig erzwungen und lässt zu viel Spielraum für ihre zahlreichen Kritiker. Viele der gezeigten Beispiele, wie etwa Deus Ex: Human Revolution, Hitman: Absolution oder Fallout: New Vegas, differenzieren in den dargestellten, zweifelsohne hinterfragungswürdigen Spielmechaniken, nicht zwischen den Geschlechtern. Es gibt zumindest auch mehr als genug nackte Männerleichen in Hitman-Spielen, die man in Mülltonnen verstauen kann, nicht wahr? Dieser Umstand widerspricht zwar nicht ihrer durchaus haltbaren Kernaussage, dass Frauen in Videospielen oftmals exklusiv zu seelenlosen, maximal sexualisierten Männerspielzeugen und Gewaltopfern degradiert werden, restlos überzeugen wird es die selbst auserkorenen Bewahrer des Ist-Zustandes der Spielebranche jedoch kaum. Und wie die Doppelpunkt-Fanboys auf die Anprangerung dieser Titel reagieren, möchte ich mir gar nicht erst ausmalen.
Unreflektierten Widerspruch gibt es zu jedem ihrer Beiträge. Doch dieses Mal erscheint mir die Auswahl mancher Belege im Schlussdrittel diesen eher zu befeuern als zu entkräften. So richtig und wichtig ich die Problembenennung finde, die nachlässige “Bestrafungsmechanik” in Spielen wie GTA V oder Red Dead Redemption nur in Form der Vergehen an weiblichen Spielfiguren anzuprangern, ist mir zu selektiv und lediglich Teil eines allumfassenderen Problems im Gamedesign offener Spielwelten. Ebenso finde ich die klischeehafte Darstellung von Prostituierten zwar bedauernswert, sehe diese aber eher in einem Kontext genereller narrativer Defizite der genannten Titel, deren generisches Figurendesign sich abseits der Haupthandlungen durch die kompletten Spiele zieht und sich nicht allein an der fraglos kritisierungswürdigen Zeichnung von Frauen festmachen lässt. Das macht diese natürlich keinen Deut besser, aber das Aussparen des Gesamtbildes halte ich in diesem Fall für unglücklich, da die Gefahr besteht, den eigentlichen Diskussionsgegenstand in der Nachbesprechung aus den Augen zu verlieren. Dafür ist dieser viel zu relevant.
“…and then murder her to get your money back.”
Anita Sarkeesian weiß mittlerweile nur zu gut, was mit jeder neuen Wortmeldung auf sie zukommt. Vielleicht sind es auch die zu erwartenden Reaktionen, die sie so derart unemotional und beinahe lustlos genderwissenschaftliche Zitate vorlesen lassen, dass es fast schon wie eine Art Resignation wirkt, wenn sie ihre Rolle nicht über das reine Erklären von Fremdtheorien hinaus interpretiert. So gibt es am Ende auch keine wutschnaubende Brandrede über die Auswirkungen der beschriebenen virtuellen Darstellung auf das Verhalten von Frauen und Männern in der wirklichen Welt, sondern eine Aufzählung möglicher Risiken, die wie das Vorlesen eines Beipackzettels wirkt. Die Tonalität ihrer Worte lässt so vielmehr vermuten, dass sie den Glauben an Besserung längst verloren hat. Weil es in der Welt der Videospiele als Errungenschaft gilt, eine virtuelle, gefesselte Frau auf die Gleise zu legen und von einem rasenden Zug zu Klump fahren zu lassen und gleichzeitig einer realen Frau mit derartigem Hass zu begegnen, dass sie irgendwann tatsächlich ihre Liebe zu Spielen und zu ihrer Arbeit verliert.