Two Brothers

Two Brothers

Roy Guarder ist Wissenschaftler. Für neue Erkenntnisse ist er bereit, Grenzen zu überschreiten. Mit seiner Frau Jane bricht er zu einer Expedition auf, um den geheimnisumwitterten Fischkönig aufzuspüren. Auf dem Gipfel eines Berges erspähen sie ihn. Bloß: Der Fischkönig ist tot. Kurze Zeit später wird Jane von einer Pfeilfalle tödlich getroffen. Roy setzt seine letzte Hoffnung in einen mysteriösen Fremden, der ihm den Wunsch gönnt, das zurückzubringen, woran ihm am meisten liegt. Es ist nicht Jane. Der Fischkönig springt aus seinem nassen Grab und erdrückt Roy.

Der Anfang von Two Brothers zeigt alles, was sich an Dramatik in Game-Boy-Optik ausdrücken lässt. Bereits auf den ersten Blick erinnert das Spiel an Klassiker wie Mystic Quest auf dem Game Boy oder präsentiert sich als monochrome Variante von Secret of Mana. Dabei bleibt es aber nicht. Denn als Roy das Jenseits betritt, stellt er fest, dass es dort Farben gibt. Der Himmel, der wie eine Plattform über dem Diesseits schwebt, erstrahlt in schönster 16-bit-Optik. Der Wissenschaftler darf aber nicht bleiben – seine Zeit ist noch nicht gekommen. Zurück in der schwarz-weißen Tristesse der Welt der Lebenden widmet er seine Zeit fortan der Erforschung des Jenseits und der Farben. Dabei zur Seite steht ihm sein Bruder Bivare, mit dem er seine Liebe zur Wissenschaft teilt.

Two Brothers

Two Brothers präsentiert sich fortan als Mischung aus Action-Rollenspiel und Adventure. Als Roy reise ich von Stadt zu Stadt, erkunde eine Oberwelt, schalte mit verschiedenen Waffen Monster aus und sammle Gegenstände ein. Dazwischen erkunde ich Dungeons, an deren Ende jeweils ein Endboss wartet. Ist dieser bezwungen, gibts zur Belohnung einen zwar einen Farbsplitter, aber keinen Herzcontainer. Begleitet werde ich von wechselnden Mitstreitern, die wahlweise auch von einem zweiten Spieler übernommen werden können. Immer wieder streuen die Entwickler von AckkStudios dazwischen kleine Farbkleckse oder auch ganze Szenen in Farbe.

Two Brothers

Die Spielwelt wirkt fremdartig, viele Behausungen sind ausgehölte Tiere, deren Inneres meist bedeutend größer ist als ihr Äußeres verrät. Die Entwickler versäumen es nicht, dem Charme klassischer Action-Rollenspiele einen eigenen Stempel zu verpassen. Hier ist die örtliche Gaststätte ein Pelikan, da ist der nächste Dungeon ein Fisch, den ich aber erst angeln muss. Manchmal kommt es zu Bildstörungen, bunte Pixel wollen in Roys Welt eindringen, in seinen Visionen erscheint ihm Jane, die ihm zwar Trost spendet, ihm aber auch unmissverständlich klarmacht, dass ihr Tod nicht umkehrbar ist. Melancholie hier, leichter Humor dort: Eine ausgebeutete Wasserträgerin verrät mir, dass sie es leid ist, dauernd herumgeschubst zu werden, aber um ein Rätsel zu lösen, muss ich genau das: Sie wie eine Kiste von einem Punkt zum anderen schieben. In Two Brothers wimmelt es vor Referenzen und Seitenhieben auf bekannte Vertreter des Genres. Manche gelingen besser, andere tun ein bisschen weh.

Two Brothers begeistert dann am meisten, wenn die Entwickler ihre Kreativität demonstrieren, scheitert aber gleichzeitig immer dann, wenn es versucht, so zu sein wie andere. In den Dungeons ist das Rätseldesign zwar durchdacht, spielt sich in der Praxis aber holprig. Häufig kenne ich die Lösung eines Rätsels bereits, scheitere aber bei der Umsetzung an einer schwammigen Steuerung. Auch die grundlegenden Mechaniken des Spiels, kämpfen, schlagen, schieben, ja sogar laufen, funktionieren nur durchwachsen. Die Kollisionsabfrage mag nur ein wenig ungenau sein, anderes ist schlichtweg fehlerhaft. Während des Spielens bin ich häufiger in Felsbrocken und Gegnern hängengeblieben, Roy schob sich plötzlich durch Wände. An einer Stelle konnte ich ein Rätsel so lange nicht lösen, bis ich das Spiel fünf Mal neu startete – im Anschluss sorgte nur ein weiterer Bug dafür, dass ich doch weiterspielen konnte. Manchmal wurde ich von Gegnern getroffen und wusste nicht warum, an anderen Stellen fiel ich in Abgründe, wo keine sind. Die Häufigkeit dieser Fehler überschattet nach einigen Stunden die Freunde über die gelungene Präsentation, Frustration tritt vor Spaß.

Two Brothers

Selten habe ich ein Spiel erlebt, bei dem sich die Qualität von Geschichte und Darbietung so sehr von der des Gameplay unterscheiden. Mit ihrer Kickstarter-Kampagne feierten AckkStudios einen kleinen Überraschungserfolg. 6.000 Dollar wollten sie haben, 16.257 haben sie bekommen. Beflügelt von den neuen finanziellen Möglichkeiten, wurde aus Two Brothers ein Titel, der epischer sein will als es überhaupt müsste. Trotzdem will ich vom Spielen nicht abraten. Selbst wenn auf halber Strecke eine unsaubere Steuerung und diverse Bugs frustrieren, hat es sich bis dahin schon gelohnt, diese fremdartige Welt zu genießen.