Steampunk mit hoher Wasserrechnung: Vessel

Vessel

Hat von euch in letzter Zeit jemand etwas erfunden, das zum wissenschaftlichen Durchbruch wurde und die Welt für immer verändert hat? Nicht? Oh, okay.

M. Arkwright aus Vessel hingegen ist ein Steampunk-Erfinder, der seinesgleichen sucht. Sein Geniestreich sind Fluros, fröhliche, fleißige und flüssige Lebewesen, die sich aus so ziemlich jedem liquiden Material herstellen lassen und verrückt danach sind, auf große, rote Schalter zu springen. Die Industrie atmet auf, Arkwright ist ein reicher Mann, alles schön und gut – bis einige Fluros im Übereifer ein heilloses Chaos anrichten, Arkwright sein Gesicht verliert und zu allem Überfluss aus dem Labor ausgesperrt wird.

Die essentielle Mechanik des Indie-Puzzlers von Strange Loop Games wird bereits in den ersten Sekunden nach dem Start deutlich: Hier dreht sich alles um die physikalischen Eigenschaften und die Manipulation von Flüssigkeit. Den hochbegabten Arkwright steuernd muss sich der Spieler einen Weg zurück in dessen Labor bahnen. Dazu wollen Türen geöffnet, Hebel umgelegt und Schalter gedrückt werden. Unterwegs wird Wasser in so großen Mengen verschüttet, dass nicht unbedingt unter Harndrang gespielt werden sollte.

Schnell wird klar, dass die niedlichen Fluros zum Erreichen des jeweils nächsten Raums unerlässlich sind. Ihr innerer Drang, jeden noch so weit entfernten Schalter zu drücken, und ihre hohe Sprungkraft müssen zum eigenen Vorteil eingesetzt werden. Im weiteren Verlauf werden Fluros “gepflanzt”, durch hinzufügen von Wasser vergrößert, als Flüssigkeitsmagnet zweckentfremdet und aus unterschiedlichsten Materialien in neue Formen gepresst. Die Benutzung der nassen Helfer wird in einer Reihe von Einführungsleveln simpel vermittelt, später kommen Herausforderungen in Kombination und in wesentlich größeren und komplizierteren Räumen daher.

Vessel

Neben der hervorragenden Physik von Vessel ist die Art und Weise, wie es von Musik Gebrauch macht, eindeutig seine größte Stärke. Davon abgesehen, dass der großartige Jon Hopkins gleich zehn Songs seiner bisherigen Solo-Alben zum Soundtrack beigesteuert hat, sind diese in ihre einzelnen Spuren aufgespalten und werden je nach Situation ein- oder ausgeblendet.

Einige kennen das sicher aus Portal 2: Nähert sich der Spieler der Lösung eines Rätsels, kommt beispielsweise eine Bass-Spur hinzu. Das ganze nennt sich Adaptive Music, klingt unglaublich gut und verleiht dem Spiel eine großartige Kulisse, die Dynamik erzeugt und sich perfekt ans individuelle Verhalten des Spielers angleicht. Wie das Ganze genau funktioniert, erklärt Audio Director Leonard Paul in diesem Video.

Tatsächlich ist das einzige Manko, das ich Vessel ankreiden würde, sein buntes Farbschema. Ich persönlich denke bei Steampunk an Farbwelten in braungelbem Sepia, goldene Maschinerie und entsättigte Retro-Optik. Die Kreativen bei Strange Loop Games denken offensichtlich anders – mir soll’s recht sein, denn übrig bleibt ein fantastisches Spiel, das mich in beinahe zehn Stunden Spielzeit hervorragend unterhalten hat und das ich mir zum Xbox360-Release ein weiteres Mal kaufen werde. Dreht die Leitungen auf, das hier ist hervorragende Wasserpistolen-Action.

Vessel ist seit dem 1. März 2012 für $13.49 DRM-frei und inklusive Steam-Code für PC erhältlich (PSN- und XBLA-Versionen sind geplant). Eine Steam-Demo gibt’s hier, mehr Info direkt beim Entwickler.