Wyv & Keep: Zweisam durch den Puzzle-Dschungel
Expeditionen können verschiedenen Zwecken dienen: Jene von Marco Polo oder Christoph Columbus dienten bisweilen dem Aufbau von Kolonien oder Protektoraten, aber auch der Ausbeutung natürlicher Rohstoffvorkommen. Auch wissenschaftliche Expeditionen gibt es – botanische oder zoologische, zum Südpol oder auf den Meeresgrund. Die wohl spannendste Art der Expedition ist aber der Indiana-Jones-Typus. Es geht dabei nicht um Wissenschaft, Handel oder Rohstoffe, sondern lediglich um das Aufstöbern geheimnisvoller Relikte aus längst vergangenen Tagen. Im Puzzle-Plattformer Wyv & Keep: The Temple of the Lost Idol ist genau das der Antrieb der Protagonisten.
Das Entwicklerteam A Jolly Corpse hat Wyv & Keep in einzelne Levels eingeteilt, von denen jedes lediglich einen Bildschirm füllt. Ziel ist es immer, mit einer der beiden Figuren den Ausgang zu erreichen – das klappt aber ausschließlich mit der Hilfe der anderen. Wyv und Keep können sich gegenseitig auf den Kopf steigen und so höher gelegene Plattformen erreichen. Manchmal muss Wyv an einer Stelle einen Schalter betätigen, damit sich für Keep ein Durchgang öffnet, Kisten müssen an der richtigen Stelle platziert werden, Bomben aufgehoben und gelegt, tödliche Gewässer überbrückt. Teilweise spielt auch Timing eine große Rolle, Geschicklichkeit ist aber eher zweitrangig: Im Vordergrund stehen klar die Rätsel.
Wyv und Keep haben identische Fähigkeiten, sie können Kisten schieben, springen, Bomben anheben und sie zur Explosion bringen. Das Spiel erinnert zwar entfernt an Lost Vikings, kann jedoch nicht mit besonders vielfältigen Interaktionsmöglichkeiten aufwarten. Dennoch sind die Rätsel oft so verzwickt gestaltet, dass ich mich nach der Lösung eines Rätsels immer wieder fühlte, als sei ich der schlauste Mensch der Welt. Bomben müssen als Plattformen genutzt werden, bevor sie explodieren, Kisten dienen als Schwimmbrücken, halten aber gleichzeitig Pfeile ab und sowohl Wyv als auch Keep lassen sich von der jeweils anderen Figur hervorragend als Sprungschanze nutzen.
Die Elemente, aus denen die Rätsel bestehen, wirken zunächst simpel. Entscheidend ist, wie das Spiel mit ihnen umgeht. So hat beispielsweise jeder Held die Fähigkeit, eine Bombe aufzuheben, die ein Feld ihr ihm liegt. Allerdings kann die Figur mit dieser Bombe dann nicht mehr durch Lücken laufen, die lediglich einen Block hoch sind. Lässt sie die Bombe allerdings fallen, liegt sie wieder ein Feld vor ihr. Das bedeutet, dass die andere Figur, die Bombe von der anderen Seite aus aufnehmen und weitertragen kann. Teamwork eben. Ähnlich verhält es sich mit den Kisten, die der Spieler per Messer von der Decke schneiden kann: Oft fallen diese so ungünstig in eine Lücke, dass sie danach nicht mehr vom Fleck zu bewegen sind. Wer aber vorsorglich die andere Spielfigur in dieser Lücke platziert, nutzt sie als Plattform und kann die Kiste danach weiterbewegen. Die Kombination dieser Mechanismen führt schließlich zu einem äußerst befriedigenden Level-Abschluss. Letztlich ist es wohl genau dieses Hochgefühl, dass die Faszination an einem guten Puzzle-Plattformer ausmacht.
Nach jedem Level vergibt das Spiel eine Wertung, die unter anderem darauf basiert, wie viele Goldmünzen eingesammelt wurden, wie viele Anläufe nötig waren um das Level zu bezwingen und wie schnell das geschah. Wer die nötige Motivation mitbringt, kann seine Fähigkeiten perfektionieren, jeder Abschnitt ist beliebig oft anwählbar. Einen gewissen Charme bringt Wyv & Keep außerdem mit: Immer wieder unterhalten sich die Protagonisten über das, was vor ihnen liegt und diskutieren dabei beispielsweise, ob es sich bei der braunen Brühe auf dem Boden nun um Schlamm oder um Fäkalien handelt. Kein wirklicher Schenkelkopfer, zugegeben, aber doch eine gewisse Auflockerung zwischen all den Kopfnüssen.
Wyv & Keep kann im Alleingang gespielt werden – in diesem Fall wechselt der Spieler manuell zwischen beiden Figuren hin und her. Im Zwei-Spieler-Modus steuert dagegen jeder Spieler eine Figur. Genaue Absprachen sind unverzichtbar, das gemeinsame Knobeln vor dem Bildschirm macht noch einmal deutlich mehr Spaß als das einsame Zermartern des Schädels. Viel nachgedacht werden muss bei Wyv & Keep allerdings so oder so – die Rätsel sind fordernd. Bereits nach den ersten zehn Levels zieht der Schwierigkeitsgrad merklich an. Meist sind mehrere Anläufe nötig bevor der Level-Ausgang erreicht ist, Experimente und Herumprobieren gehören dazu. Und das ist super: Zu zweit, unter wildem Herumgestigulieren und Deuten auf den Bildschirm, macht Wyv and Keep umso mehr Spaß.