You Don't Know Facebook Jack
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich die mit Abstand beste Quiz-Serie der Welt auf dem weltweit größten sozialen Netzwerk einfindet. Nachdem 2011 nach langer Dursstrecke endlich ein neuer Ableger für Konsolen, PC und sogar iOS erschien, nun also die obligatorische Facebook-Variante.
You Don’t Know Jack begleitet mich seit der ersten Ausgabe auf deutsch. Was diese Serie stets absolut einzigartig gemacht hat, sind die verschachtelten und nur mit viel “um die Ecke denken” zu lösenden Fragen, in der Hoch- und Popkultur in wunderbarer Symbiose aufeinanderprallen. In welcher Quiz-Sendung sonst muss man sowohl über Die Peanuts als auch Ludwig van Beethoven Bescheid wissen, um eine Frage überhaupt verstehen zu können?
Wer schon mal eine Runde des englischen YDKJ gespielt hat, findet sich auch in der Facebook-Version sofort zurecht. Der englische Moderator Cookie Masterson führt mit der markanten Stimme gewohnt bissig und leicht anzüglich durch die Episoden. Diese fallen mit nur fünf Fragen pro Runde und ca. 8-10 Minuten Spieldauer etwas kürzer aus als gewohnt.
Multiplayer gibt es nur indirekt: Wenn man eine Episode spielt, sieht man Facebook-Freunde, die diesen Fragenkatalog bereits beantwortet haben, als Mitspieler und kann sich so mit ihnen messen. Hat man selber eine Runde abgeschlossen, spielt man im Gegenzug passiv bei anderen Freunden mit dem eigenen Punktestand dieser Episode mit und bekommt für die erreichte Position virtuelle Dollar gutgeschrieben. Da dies asynchron erfolgt, gibt es keine direkte Interaktion, wie z.B. das beliebte “Nageln” der Mitspieler in der Offline-Varianten.
Soweit alles gut? Ein kostenloses YDKJ? Nun, nicht ganz. Nach der fünften Episode kommt das große, böse Stopp-Schild mit dem Hinweis, die kostenlosen Runden seien aufgebraucht und wer weiter spielen möchtest, werfe bitte eine Münze in Form von Facebook-Credits ein. Wer noch mehr Geld ausgeben möchte, kann sich dazu noch Punkte-Multiplikatoren kaufen, die den eigenen Score um 10-50& für eine Runde erhöhen. Zwar spendiert Moderator Cookie alle 24 Stunden ein Freispiel, wenn man sich jeden Tag brav in das Spiel einloggt und auch für Levelaufstiege bekommt man ein Freispiel, aber der Spielspaß wird nach ca. 30 Minuten Spielzeit ersteinmal barsch unterbrochen.
Dieses Geschäftsmodell muss man sicherlich nicht gut finden, aber alles blind zu verteufeln, was sich Free2Play oder Social Game nennt, halte ich ebenso für falsch. Stellen wir doch mal einen Vergleich auf: Eine YDKJ-Vollversion kostet (am Erscheinungstag) zwischen 40-60 EUR je Plattform. Was kostet die Facebook-Variante pro Spiel? Umgerechnet je nach Paket-Größe zwischen 25-32 Cent. Das entspricht zwischen 160-240 Runden auf Facebook, bevor man auf den Preis der Vollversion kommt. Die 2011er Version besitzt laut Wikipedia 70 Runden a 10 Fragen — also ein sehr ausgewogenes Verhältnis beider Versionen. Die iOS-Version mit ihren 4 EUR für 24 Episoden schneidet etwas besser ab, wenn man jedoch die kostenlosen Runden der Facebook-Variante dazunimmt, liegen auch diese wieder ungefähr gleich auf.
Ja, es ist eine wichtige Aufgabe von Spiele-Blogs und -Presse, die immer stärker in den Markt drückenden Social Games kritisch zu hinterfragen und auf die oft unethischen Geschäftgebaren dahinter hinzuweisen. Spiele, die rein auf den Suchtfaktor einer kleinen Spielerschaft abzielen und versuchen, diese finanziell so stark wie möglich zu melken, sind leider eher die Regel als die Ausnahme. Man kann nun natürlich zu Recht argumentieren, dass diese Systeme nur funktionieren, solange jemand dafür Geld bezahlt und diese Menschen immer noch einen freien Willen besitzen. Es zwing sie schließlich keiner zum Spielen und wer sind wir, diesen Spielern zu unterstellen, dass ihnen das ernten ihrer Ernte auf FarmVille unmöglich Spaß machen kann?
Ich hätte auch deutlich weniger gegen diese Modelle einzuwenden, wenn diese aus spielerischer Sicht nicht jeglichen Spielfluss zerstören würden. Zeit und Spielvorteile zu verkaufen und die Nicht-Zahler mit Zwangspausen zu bestrafen entspricht keinem guten Spieldesign.
Ich stelle es mir extrem schwierig vor, als Firma eine Balance zwischen “Wir müssen Geld verdienen, um neue Inhalte zu produzieren” und “Wir wollen, dass soviele Spieler wie nur möglich unser Spiel auch umsonst spielen können” zu finden. JellyVision hat mit der Facebook-Variante von YDKJ, wie ich finde, einen angenehmen und guten Mittelweg des Free2Play-Modells gefunden. You Don’t Know Jack für Facebook steht qualitativ den großen Vorbildern um nichts nach und zum Anfixen und Ausprobieren gibt es ein paar Episoden gratis. Wenn diese Kostprobe mundet, bekommt man für Geld einen Nachschlag. Das klassische Probier-Modell, im Grunde nichts anderes als eine Demo-Version. Wer kein Geld, dafür aber genügend Geduld mitbringt, kann sogar das komplette Spiel umsonst durchspielen. Das finde ich weder verwerflich, noch unethisch.
PS: Warum gab es YDKJ als echtes TV-Quiz mit dem Schauspieler von Pee-Wee Herman nicht länger? Ich würde das schauen wollen.