Reingehaun: Das Ende von Game One
Am Ende stehen alle ganz still. Jeder einzelne, der dabei geholfen hat, über die letzten acht Jahre hinweg das wohl konstanteste und liebenswerteste TV-Format für Videospiele zu produzieren, erstarrt in teils aberwitziger Kostümierung und nur von einer dudelnden Plastikorgel begleitet zu einer Salzsäule. Es wirkt fast so, als würden sie alle nur darauf warten, dass ein Auslösegeräusch ihr heiß ersehntes Abschlussfoto festhält. Gehört hat es niemand. Game One ist nicht mehr und die beschriebene Szene aus der 300. Jubiläumsfolge kann plötzlich als eine Art Vorbote eines leisen Abschieds verstanden werden, der nicht ganz überraschend, aber doch erschreckend plötzlich da ist.
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Wiederschaun!Reingehaun!”
Dabei war Game One nie der Beginn, sondern stets die Fortsetzung einer weitaus früher begonnenen Reise. Als mein Modem noch ein lustiges Geräusch bei der Einwahl machte und jede Minute Internet einzeln abgerechnet wurde, konnte ich im dreistelligen Bereich meiner Senderliste ein paar Jungs, die kaum älter waren als ich selbst, beim Spielen über die Schulter schauen. Was sich Giga Games nannte, waren die Babyschritte heutiger Let’s Plays, chaotisch und ungezähmt, wie eine grenzenlose Sandbox im Schlauchlevel-TV. Wie eine Improtheateraufführung, nur dass man auch als Zuschauer Spaß daran finden konnte. Dieser fast schon anarchische Hintergrund prägte auch die vielen Jahre Game One, nur dass man hier die Balance zwischen Information und Unterhaltung nach einiger Zeit tatsächlich fand und perfektionierte, ohne dabei die kindliche Freude und Überzeugung in dem nun professionalisierten und enger gefassten Rahmen zu verlieren. Auch nicht in den Wochen einer mutmaßlich ungewissen Zukunft.
Denn Anhaltspunkte für das drohende Aus gab es zuletzt nicht wenige. Das MTV-Mutterschiff Viacom verschob die Sendung wie ein ungeliebtes Kind von einem Kanal zum nächsten, im Herbst folgte dann sogar die Halbierung des zuvor wöchentlichen Ausstrahlungsrhythmus. Seit einigen Monaten wird in einem autark laufenden YouTube-Kanal zudem mit frischen Ideen und Konzepten herumexperimentiert, die deutlich machen, dass hinter den TV-Kulissen weitaus mehr kreative Energie fließt, als sie ein durchstrukturiertes Kurzformat wie Game One zu bündeln vermag. Sukzessive wurde so, nicht zuletzt mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne, ein zweites Standbein aufgebaut, das im kommenden Januar mit der ambitionierten Einführung eines durchgehend sendenden Streaming-Kanals das eigenständige Laufen erlernen soll. Wieder Babyschritte. Für einen Sprung vom großen Turm ist im überfüllten YouTwitch-Pool wahrscheinlich auch einfach kein Platz mehr.
Was daraus letztendlich wird, das weiß man bei den Rocket Beans im Moment wahrscheinlich selbst noch nicht so ganz. Plötzlich ist sie wieder da, die Sandbox, in der alles seinen Anfang fand und deren Möglichkeiten unendlich scheinen. Und egal was sie machen, ganz gleich ob es zu Gold wird oder ob sie sich weiter mit der bewährten Pappe begnügen müssen, bin ich überzeugt davon, dass eine Aussage aus dem Intro der allerersten Game-One-Folge nie seine Gültigkeit für ihr Schaffen verlieren wird: „Das ist Liebe, verstehste? Wahre Liebe ist das, Mann!“