Steam: Trading Cards & Community Market

Mit dem Steam Community Market haben die NutzerInnen die Möglichkeit, spiel-interne Gegenstände wie beispielsweise für DotA 2 und Team Fortress 2 zu verkaufen. Valve fand nun einen spielerisch anmutenden Weg, zusätzliches Eigenkapital damit zu generieren. Seit Mitte Mai 2013 befinden sich die Steam Trading Cards in der Beta-Phase und könnten eine ganz neue Belohnungskultur ansteuern. Wer jedoch annimmt, dass hier den Spielenden nur neue ‘Achievements’ gereicht werden, irrt — viel eher ließe sich sagen, dass Gabe Newell als moderner Willy Wonka die NutzerInnen auf die Suche nach den seltenen Goldenen Tickets schickt.

In dem Zeitraum vom 11. bis zum 23. Juni investierte ich 75,00 Euro in den Market und verlor sie, doch aus diesem Umstand ergaben sich äußerst interessante Einblicke sowie ergiebiges Analysematerial. Der folgende Artikel ist daher als ein Resümee dieser Zeit zu betrachten: Dreizehn Tage der puren Investitionslust, der täglichen Mini-Adrenalinkicks, des ständigen Kurs-Abgleichs und der nur minimal erfolgreichen Befriedigung des tief in meiner schwachen Nerdseele verwurzelten Optimierungswahns. Ich bin gescheitert. Das ist aber auch vermutlich besser so. Aber was ist denn überhaupt genau passiert?

„Steam Trading Cards are about collecting and trading; there isn’t a game with them.“
(Quelle: Steams Trading Cards FAQ)

Steam integrierte im Mai 2013 Sammelkarten in diverse Spiele, mit denen man aber (bislang) nicht spielen kann. Man kann sie lediglich sammeln, indem man das ihnen zugehörige Spiel laufen lässt. Nach einer gewissen Zeit erhält man dann eine der Sammelkarten. Sobald man ein vollständiges Karten-Set eines Spiels besitzt, kann man dieses zu einem Abzeichen umwandeln und erhält zufällig eins von drei spielespezifschen Emoticons, eins von drei spielespezifischen Profil-Hintergrundbildern, 100 Erfahrungspunkte für den profileigenen Steam-Level sowie meist auch einen zwei Wochen gültigen Rabatt-Gutschein für ein x-beliebiges Spiel. Allerdings kann man selbst nie alle Karten allein einsammeln, sondern man muss die fehlenden per Tausch oder Market-Kauf erwerben. Dies möchte ich an einem Beispiel veranschaulichen:

Für das Spiel FTL: Faster Than Light gibt es insgesamt acht Karten, die den Raumschifftypen nachempfunden wurden: Stealth Cruiser, Kestrel Cruiser, Engi Cruiser, Mantis Cruiser, Rock Cruiser, Federation Cruiser, Zoltan Cruiser sowie Slug Cruiser. Ich öffne also das Spiel, minimiere es wieder — ich muss es tatsächlich nur ablaufen lassen und keinerlei Aktivität aufweisen — und erhalte etwa jede halbe Stunde eine neue Karte: Federation Cruiser, Mantis Cruiser, Rock Cruiser und… Noch einmal Rock Cruiser. Somit habe ich zwar vier Karten, doch nur drei von acht Exemplaren.

Den doppelten Rock Cruiser verkaufe ich für eine bestimmte Summe auf dem Market und kaufe mir davon eine andere Karte, nämlich den Engi Cruiser, da mir dieser noch fehlt. Doch dann habe ich das FTL-Karten-Set immer noch nicht komplettiert. Mir fehlen weiterhin vier Karten. Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder kann ich mir durch geschickte Tauschzüge die weiteren Karten erschleichen („Hey du, ich tausche meinen Rock Cruiser gegen zwei Kestrel Cruiser!“) oder aber ich investiere einen Real-Geldbetrag in meine Steam-Geldbörse, um mir dann die fehlenden Sammelstücke zu erkaufen. Anschließend kann ich die acht Karten dann zur Erstellung eines Abzeichens verbrauchen und erhalte die besagten Erfahrungspunkte, ein Emoticon, ein Profil-Hintergrundbild und vermutlich einen Rabatt-Coupon für irgendein Spiel. Dies ist fünf Mal pro Spiel möglich.

„Steam Trading Cards are collectible cards you get by playing games on Steam. Collect a set of cards to earn items that help you customize your profile and show off your gameplay.“
(Quelle: Steams Trading Cards FAQ)

Allerdings ist dieses Beispiel äußerst vereinfacht, da ich die verschiedenen Seltenheitsstufen der unterschiedlichen Sammelobjekte gezielt ausgeblendet habe. So differenzieren sich beispielsweise die Sammelkarten in Commons (Engl. für häufig) und die Emoticons sowie Profil-Hintergrundbilder in Commons, Uncommons (Engl. für ungewöhnlich) und Rares (Engl. für selten). Diese Abstufungen sind ein für die Market-Preispolitik äußerst relevanter Faktor: Seltene Karten, Emoticons und Bilder werden teurer gehandelt. Erst diese Banalität entfachte mein Interesse.

„There is no extra benefit to having foil cards or foil badges aside from their rarity.“
(Quelle: Steams Trading Cards FAQ)

Am Dienstag den 11. Juni entschloss ich mich, 25 Euro in Steam-Guthaben umzuwandeln, um die verschiedenen Dynamiken des Marktes kennenzulernen. Für 15,94 Euro kaufte ich FTL-Karten (31 Commons, eine Foil), 1,72 Euro gab ich für ein FTL-Slug-Emoticon (Rare) aus, den Rest verprasste ich für drei Left 4 Dead 2-Witch-Foils, süße Headcrab-Emoticons und ähnlichen Kleinkram. Schnell merkte ich, dass ich mich von inneren, nicht genau erklärbaren Trieben leiten ließ. Auch wenn ich an der visuellen Online-Profil-Neurosen-Befriedigung kein Interesse hatte — was soll ich bitte mit einem hohen Steam-Level, mit kurioser Hintergrundgestaltung oder gar mit Digitalgut-Chat-Smileys –, so kaufte ich doch mit Freude Krimskrams, was irgendwie in Relation zu Spielen stand, die ich bereits zuvor recht gerne hatte. Das Sammelsorium an niedlichen Tauschobjekten hatte mich eingelullt. Ich fühlte mich wie ein kleiner Junge im Süßigkeitenladen, dem die Eltern unvermittelt zwanzig Euro zusteckten. An jeder Ecke waren die Zuckerstangen und Schokoladenriegel anzutreffen.

Noch bevor ich mich versah, war ich pleite. Am 12. Juni hatte ich zwar keinen einzigen Euro mehr, dafür aber ein volles Inventar mit allerlei Kuriositäten und ein grundlegendes Verständnis des Marktes. Doch was nützte mir dieses schon, so ganz ohne Kapital? Ein Gefühl der Überrumpelung umgab mich: Wie genau schaffte es Valve mich derartig zum Kauf zu verlocken?

„The magician and the trading card wiz,
he’s the best darn guy who ever lived,
Gabe Newell — here he is!“
(Quelle: ein verwirrter Oompa Loompa)

Ich fühlte mich an Roald Dahls Erzählung Charlie und die Schokoladenfabrik sowie deren zwei bekannteste Verfilmungen — 1971 (mit Gene Wilder) und 2005 (mit Johnny Depp) — erinnert: Darin verstreut der exzentrische Chocolatier Willy Wonka zufällig fünf goldene Tickets in den Verpackungen seiner weltweit vertriebenen Schokoladentafeln, die als Einladung in seine populäre Fabrik fungieren. Fünf Kinder, unter ihnen auch das arme Arbeiterkind Charlie Bucket, finden eine dieser Eintrittskarten. Während jedoch die vier anderen Kinder ihr Ticket entweder purer Gier, eiskalter Berechnung oder dem elterlichen Wohlstand verdanken, ist bei Charlie einzig das Glück ausschlaggebend. Am Ende wird er nicht nur in die Fabrik eingeladen, sondern wird auch zum Erben des schrulligen Wonkas auserkoren, sodass auch seine gesamte Familie aus dem finanziellen Niedrigstand entkommen kann. Die gesamte Erzählung ist damit eine zuckersüße Inszenierung des alten Gedankens, dass man mit einem tugendhaften Herzen und ein wenig Glück alles schaffen kann.

Wo aber liegt nun der genaue Zusammenhang zwischen dieser Geschichte und den Sammelkarten? In beiden Fällen werden die zentralen Objekte ihrem ursprünglichen Zweck entrissen: Die Schokoladenriegel dienen nicht mehr dem schmackhaft-klebrigen Genuss, die Karten hingegen keinem Spiel. Beide werden nur angehäuft in der Hoffnung, dass sie den eigenen Traumvorstellungen — sei es das goldene Ticket oder die fehlende Karte — entsprechen. Von solchen Albernheiten wollte ich nichts wissen. Ich wollte keine seltenen Abzeichen oder neue Profilierungsmöglichkeiten. Ich wollte mich auf das Wesentliche beschränken: Das liebe Geld. Sollten die anderen doch sammeln.

Am 13. Juni erzählte ich Fabu von meinen Vorhaben, die Steam-Sammelkarten unter rein ökonomischen Aspekten zu analysieren. Er bot mir weitere 50,00 Euro Steam-Guthaben an, um tiefere Einblicke zu gewährleisten. Noch am selben Tag begann ich mich auszutoben. Viel passieren konnte mir ja eigentlich nicht: Ich hatte noch mein volles Inventar als ‘Rücklage’.

Es erschien mir am naheliegendsten, eine künstliche Seltenheit aufzubauen. Der Plan war folgender: Ich wollte sämtliche Karten eines bestimmten neuen Sets günstig einkaufen für einen festgelegten Maximalpreis, um diese dann zu einem späteren Zeitpunkt teurer zu verkaufen. Ich entschied mich für A.R.E.S.: Extinction Agenda, welches erst Donnerstag Abend in das Kartensystem aufgenommen wurde. Mit einem Preis von 9,99 Euro war A.R.E.S. ein vergleichsweise ‘teures’ Indie-Spiel, dem es bislang an Popularität fehlte, wodurch weniger NutzerInnen die Karten haben konnten. Meine Überlegung war, dass sich auch kaum wer das Spiel extra für die Karten holen würde: Wer würde schon knapp zehn Euro investieren, wenn die Einzelkarten im Endeffekt nicht einmal einen halben Euro einbringen würden?

Fröhlich kaufte ich insgesamt 163 A.R.E.S.-Einzelkarten für einen Durchschnittspreis von 0,31 Euro ein und freute mich bereits auf den zu erwartenden Gewinn. Bis zum 16. Juni verkaufte ich die Karten auf dem Market immer wieder für etwa 0,46 bis 0,47 Euro pro Karte, womit ich aber nur 0,40 bis 0,41 Euro Profit erzeugen konnte. Schließlich will Valve auch verdienen, weshalb sie nur 87 % des Gewinns an die VerkäuferInnen weiterleiten.

„Invention, my dear friends, is 93 % perspiration, 6 % electricity, 4 % evaporation and 2 % butterscotch ripple.“
(Quelle: Willy Wonka)

Von den restlichen 13 % gehen zwei Drittel an die jeweiligen EntwicklerInnen und ein Drittel an Valve selbst. Für Valve ist damit primär nicht wichtig, wie viel die NutzerInnen einzahlen, sondern wie oft sie etwas kaufen und verkaufen. So generieren günstige Käufe logischerweise eine höhere Anzahl von Weiterverkäufen: Anders als bei seltenen, aber nur spielintern einsetzbaren DotA 2– und Team Fortress 2-Gegenständen sind die Sammelkarten für ein größeres, allgemeineres Publikum ‘nützlich’, aber damit auch für einen wesentlich günstigeren Preis erhaltbar: Kaum eine Foil kostet über 10,00 Euro, für seltene Spiel-Objekte geben manche Menschen jedoch gerne mal über 30,00 Euro aus.

So werden Tag für Tag Tausende von Mini-Transaktionen generiert. Mir sollte es egal sein: Ich verkaufte bis zum 16.06. Tag für Tag mit großer Genugtuung meine Common-Karten und erzielte pro Einheit immer mindestens sechs Cent Gewinn — fast satte zwanzig Prozent Profit! Ich erträumte mir bereits, wie ich aus den 50,00 Euro von Fabu erst 60,00 Euro, später dann 70,00 Euro, dann 85,00 Euro, et cetera machen könnte. Ein kleines Monopol aufbauen! Nie wieder für Spiele zahlen! Der Market-Pate werden! Daher investierte ich einen Großteil des Kapitals in weitere Karten, in der steten Hoffnung, auch diese gewinnbringend weiterverkaufen zu können. Doch es kam alles anders. Der Schwarze Montag brach am 17. Juni über mich hinein.

A.R.E.S. kam am Montag in den verdammten Weekly Sale. Für die gesamte Woche kostete das Spiel nur noch 2,49 Euro. So gerieten immer mehr Leute an die Karten. Die Preise brachen ein. Ein pures Fiasko. Ich verharrte kurzzeitig in einer Schockstarre und wollte gar nicht reagieren. Ich hoffte darauf, dass sich die Preise bald wieder beruhigen würden. Mittwoch Morgen konnte ich das Geschehene allerdings nicht mehr ignorieren.

In einem Anfall von Wut und Frustration auf Valve heraus begann ich zu verkaufen. Sämtliches Guthaben war in die Karten verflechtet und ich wusste ja nicht, ob sich die Preise erholen würden. Für teilweise gerade mal 0,22 Euro Reingewinn pro Stück verkaufte ich meinen Bestand und erhielt so insgesamt nur etwa 65-70 % meines Ursprungsbudgets zurück. Doch es tat sich ein kleiner Hoffnungsschimmer auf, da Valve am Mittwoch Morgen eine neue Marktdynamik aktivierte. Ich rede hierbei von dem Herzsprunggenerator für alle Sammelkarten-LiebhaberInnen: Booster-Packs!

„Candy doesn’t have to have a point. That’s why it’s candy.“
(Quelle: Charlie Bucket)

Booster-Packs ähneln noch verstärkter den mit (möglicherweise) goldenen Tickets gefüllten Wonka-Schokoladen-Riegeln. Sie können entweder nur äußerst selten erhalten werden — nach dem FAQ gibt es eine gewisse Grund-Erhaltrate, die sich alle zehn Steam-Level um weitere zwanzig Prozent erhöht — oder eben über den Market käuflich von anderen NutzerInnen erworben werden. In jedem Booster-Pack befinden sich drei Karten von einem bestimmten Spiel. Im gesamten Zeitraum vom 19. bis zum 23. Juni erhielt ich gerade mal einen einzigen Booster, der auch gerade noch dem Spiel A.R.E.S. zugeordnet war. Ich wollte mich nicht unnötig aufregen und öffnete daher diesen schnell, wobei mich die Hoffnung auf eine Foil-Karte begleitete. Ich fühlte mich wie Charlie Bucket. Ich habe ein Stückchen Glück verdient, dachte ich. Es geschah… Nichts. Drei Commons, die ich wieder auf den Market warf. Ein leichter Ansturm von Aggression überkam mich. Ich fragte mich, wer von einer solchen Karten-Überflutung des Marktes überhaupt profitierte, wenn nicht Valve selbst.

Wer sich genauer an Charlie und die Schokoladenfabrik erinnert, dem wird auffallen, dass Willy Wonka nur oberflächlich der einzige Nutznießer war. Es gab schließlich noch den Stamm der Oompa Loompas, die dem süßigkeitverliebten Sonderling innerhalb der Fabrik als billige Arbeitskräfte zur Seite standen. Sie erhielten Kakaobohnen zur Entlohnung und erschienen sowohl im Buch als auch in den Verfilmungen immer als eine eingeschweißte, entindividualisierte Personenmasse. Auch in meinem Vergleich gibt es solche Wesen: Die SpieleentwicklerInnen sind die Oompa Loompas der Sammelkartenmaschinerie. Sie werden mit einer doch geringen Entlohnung und Promotion abgespeist, damit Valve Sammelkartenbildchen auf ihre Produkte prägen und so Profit erzeugen kann. Natürlich kann ich verstehen, wenn nun der Einwand kommt, dass ja knapp 8,67 % jeder Transaktion sich zu einem hübschen Sümmchen läppert und die Sammelkarten damit für die EntwicklerInnen eine äußerst profitable Angelegenheit sind: Das stimmt absolut, aber die Tatsache, dass Valve — ohne jede Leistung von der Distribution abgesehen — ebenfalls 4,33 % abbekommt, erscheint mir moralisch zweifelhaft. Eine Provision ist komplett nachvollziehbar und soll auch gerne gestattet werden, aber meiner Meinung nach nicht unbedingt in dieser Höhe.

„A little nonsense now and then
is relished by the wisest men.“
(Quelle: Willy Wonka)

Am Mittwoch und Donnerstag sah ich mir die Booster genauer an und bemerkte, dass sie für wesentliche höhere Beträge im Market angeboten werden, als sie den Einzelkartenpreisen nach wert sein konnten. Mit der einfachen Formel (x/n)*(2,61) — x = die Summe aus allen Momentan-Mindestpreisen der Einzelkarten des jeweiligen Karten-Sets, n = Anzahl der Einzelkarten des jeweiligen Karten-Sets, 2,61 = 0,87 (= Netto-Gewinn nach Abzug der Steam- und EntwicklerInnen-Gebühr) * 3 (= Anzahl der Karten im Booster) — konnte ich den generellen Momentanwerts eines Booster-Packs ausrechnen.

Drei Mal führte ich diese Berechnung für sämtliche Karten-Sets und ihre Booster-Packs in diesen zwei Tagen aus. Dabei kam ich immer wieder zu gleichen Überlegung: Meine Berechnungen ergaben, dass für Booster-Packs im Schnitt mindestens 188 % des legitimen Preises verlangt wurde. Konsequenterweise verlor ich auch hier — Schritt für Schritt — all mein Geld. Mit aller Gier wollte ich billig Booster auf- und diese dann verkaufen, doch die Market-Konkurrenz vermochte mir in die Parade hineinzugrätschen und die eh schon (wegen den Gebühren) geringe Gewinnspanne in ein pures Minusgeschäft zu treiben. Die Devise schien mir wie folgt: Entweder verkaufte man für viel zu billig oder aber man öffnete die Booster, verkaufte die jeweiligen Karten, kaufte erneut Booster um dann ganz langsam dem finanziellen Ruin entgegenzublicken. Ich realisierte langsam, dass ich in meiner Metaphorik nicht Charlie Bucket war, viel eher eine Mischung aus Augustus Gloop und Mike Teavee.

Ich war gierig, wollte zu viel, kannte kein Maß mehr und objektivierte die Karten auf ihren einen rein wirtschaftlichen Zweck. Ich sah sie nicht mehr als die kleinen Unterhaltungsobjekte, die sie ihrer Essenz nach waren. Ich hätte die Schokolade in kleinen Stückchen genießen sollen. Man sollte daher nicht Valve allein Vorwürfe machen, da sie lediglich versuchen einen intelligenten neuen Weg zu finden, um beispielsweise ihren Summer Sale attraktiv zu gestalten. Das omnipräsente Überangebot an günstigen Spielen und die derzeitige Bundle-Kultur dürfte ein kleinen Dämpfer für Steam darstellen. Was lag also näher, als den ewigen Dauerbrenner im Bereich der Nerd- und Geekness-Kultur — Sammelkarten — irgendwie einzubinden?

Ab Mittwoch werden die Trading Cards für alle Steam-Nutzenden aktiviert. Nach über 1.400 Transaktionen und dreizehn Tagen der Beobachtung betrachte ich dieses Verfahren kritisch, möchte es aber nicht verdammen. Ich freue mich außerordentlich über dieses neue, effektive Bewerbungsverfahren für Spiele — so hätte ich wohl nie auf solch kontinuierliche Weise von Monster Loves You! oder Defender’s Quest: Valley of the Forgotten gehört oder gelesen, und vermutlich ein großer Teil der anderen 600.000 Beta-TeilnehmerInnen auch nicht –, jedoch stört mich weiterhin die recht hohe Gewinnteilnahme von Valve sowie die Sinnlosigkeit der Karten selbst. Die Karten sind schließlich nicht einmal ‘Achievements’ (diese könnten immerhin die Spielweise selbst im besten Fall verändern), sondern reine Promotionsartikel, die vorrangig durch ihre Seltenheit Interesse wecken. Dieses System basiert auf der Balance zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit: Das goldene Ticket existiert zwar, aber es ist immer woanders.