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IM1126 – Le Brunch: Gewalt ohne Kontext als reine Provokation?

imkaffee

Gewalt in Spielen sind ein häufig und in vielen unterschiedlichen Facetten eingesetztes Stilmittel. Ob in vermeintlich harmloser Form als Sprung eines Klempners auf Schildkrötenpanzer, als verstörende Folterszene zum Selberspielen in GTA V bis hin zur berüchtigten Flughafen-Mission in Call of Duty. Auch die Debatte um interaktiv erlebbare Gewalt, Auswirkungen von extremer Darstellung von Tötungsszenen und der Frage nach Zensur wurde ausgiebig geführt und kulturwissenschaftlich besprochen. Eigentlich müsste man meinen, die Spielebranche kann ein bewusst auf Provokation ausgelegtes Spiel, dessen Trailer auch noch zeitlich extrem unpassend zwischen einem Amoklauf und einer Androhung eines Amoklaufs im Rahmen eines geplanten Vortrags von Anita Sarkeesian gelegt wurde, mit Reife und der nötigen Distanz sachlich betrachten und einordnen.

Dom vom Blog Kaffee und Fluchen sowie Rae von gamespilot.de haben dies getan und Artikel geschrieben, in denen sie sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Darüber möchten wir bei Le Brunch heute mit ihnen reden und hinterfragen, ob wirklich so ein eklatanter Unterschied zwischen dem Töten von Spielfiguren in Spielen besteht, wenn der Kontext sich auch nur minimal verändert und warum die Branche immer noch Angst um ihren „Ruf“ hat.

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Weiterführende Artikel

Neben Dom und Rae haben auch André Peschke bei der GameStar und Leo von Giga gute Artikel zum Thema geschrieben:

Und im Cast angesprochen:
Daniels Artikel über das Columbine-RPG
Interview mit den Entwicklern bei Polygon

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19 Kommentare zu “IM1126 – Le Brunch: Gewalt ohne Kontext als reine Provokation?”

  1. Rainer Schauder

    Ich bin grundsätzlich mit allem einverstanden, außer der Rassentheorie. Das Ärgernis resultiert nicht nur daraus, dass Menschen zum Kanonenfutter werden, sondern weil es unschuldige Menschen sind, ohne Verbindung zum Protagonisten. Es hätten auch Verbrecher, Mörder, Soldaten oder Nazis sein können, um ein Feindbild zu kreieren. Natürlich machen es Monster einem Designer NOCH leichter die Gewalt zu rechtfertigen, aber auch mit menschlichen Gegnern gibt es Möglichkeiten der Rechtfertigung.

    • Manuel Fritsch

      ja, das es unbewaffnete Zivilisten sind, die die Opfer sind hätten wir noch erwähnen können. Das ist vor allem auch spielerisch interessant, weil -- wo bleibt denn da die Herausforderung beim Spiel?

  2. Noa Tintenhaut

    Ich vermute, dass für einen Amokläufer kein einziger Mensch unschuldig ist und quasi jeder so eine Art Gegner ist. Denn er gibt ja der gesamten Gesellschaft, sprich jedem die Schuld an seiner Lage, seiner Verzweiflung. Ich denke, dass soll die Verbindung zu den unschuldingen Menschen sein und somit das sonst typische Gegnerbild wie Zombies, Nazis etc. ersetzen. Die spielerische Herausforderung wird wohl die Polizei sein, wie man in dem Trailer meine Ich auch schon sieht, die auch mit Schusswaffen gegen einen Vorgehen wird.

  3. Mister Y

    Netter Podcast mal wieder -- ein paar Einwände hätte ich dennoch.

    Zum einen kann ich die spielerische Parallele zu Hotline Miami nicht so recht nachvollziehen, da die Gegner dort Bewaffnet sind und tatsächliche Gegenwehr leisten -- und auch selbstständig gegen den Spieler vorgehen, sobald dieser nur gesichtet wird. Auch der anderen Stellen genannte Vergleich zur GTA-Reihe passt nicht so richtig, da das Töten von Zivilisten dort komplett optional ist.

    Zum anderen halte ich die Zensur durch die BPjM (eine Indizierung kommt praktisch einem Verkaufsverbot gleich) selbst in diesem extremen Fall nicht für sonderlich sinnvoll, geschweige denn ok -- als einzige Ausnahme würde ich gelten lassen, wenn eine strafrechtliche Relevanz festgestellt würde (was in diesem Fall ja durchaus denkbar wäre). Diejenigen, die hierdurch geschützt weden sollen (sprich: Minderjährige) werden sich das Spiel sowieso irgendwo aus dem Netz ziehen und wie erwähnt auf dem Schulhof tauschen (inklusive „Verboten-Bonus“)

  4. Alliser

    „Hassen“ ist das falsche Wort, aber dieser Moment, wo jemand sagt, daß auf YouTube „erwachsener“ kommentiert wird, pausiert, zwei Minuten zurückspringt, sich die Stelle nochmal anhört und sich leider bestätigt fühlen muss, sich nicht verhört zu haben, ist zumindest…also…’ne?

  5. Barker

    ehrlich gesagt kann man den ganzen scheiß über gamersgate und ähnliches einfach nicht mehr hören… es intressiert mich einfach nicht wer wen was schreibt, wer wen droht, etc. ich kann es einfach nicht mehr hören…
    ich distanziere mich von gewalt und auch der androhung von gewalt und von gamersgate !

  6. André

    Ich weiß dieser Rat ist für (halb)professionell mit Spielen beschäftigte Personen überaus unpraktikabel, aber ich habe von Gamergate fast nichts und bis zu diesem Podcast von dem besprochenen Trailer nichts mitbekommen — ich denke, in diesem Fall werde ich das auch nicht ändern — weil ich mich von Echtzeitnachrichten im Gamingbereich fernhalte.

    Neben Filtern sind Seiten wie diese eine gute Möglichkeit, um trotzdem über neue Entwicklungen informiert zu bleiben: https://en.wikipedia.org/wiki/2014_in_video_gaming

    Einige Anmerkungen:

    Also, dass der Trailer kurz nach einem Amoklauf (war es einer?) veröffentlicht wurde, finde ich ehrlich gesagt, nicht erwähnenswert. In den USA finden Schusswechsel mit mehreren Toten oder Verletzten mittlerweile wöchentlich statt, so dass darauf vermutlich keiner mehr Rücksicht nimmt: http://shootingtracker.com/wiki/Mass_Shootings_in_2014

    Wirklich bewiesen sind negative Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in Computerspielen auf die Entwicklung von Jugendlichen oder Kindern soweit ich weiß aber auch nicht. Die Wirkung wird in jedem Fall komplex sein, von vielen Faktoren abhängen. Insofern finde ich die Haltung bei Erwachsenen kann nichts passieren, aber Kinder werden definitiv geschädigt, zwar auf anderer Ebene verständlich aber durchschaubar. ;)

    So, da ich den Trailer nicht gesehen habe, begebe ich mich auf dünnes Eis, aber nachdem, was ich erzählt habt, ist es ja eigentlich keine „neutrale“ Tötungssandbox, die die „Mechanik des Tötens“ für eine normale Umgebung zur Verfügung stellt, sondern hat eine starke emotionale Aufladung, eben Hass. Man sieht bei Amokläufern, dass es oft eine Interaktion mit der medialen Aufbereitung früherer Vorfälle gibt. Ich glaube nicht, dass man die Art dieser Interaktion wirklich versteht. Aber die gängige Hypothese ist wohl, dass sie in Vorgängertätern eine Art Anti-Helden sehen, weshalb die Empfehlung ist, jede Form der Darstellung, die diesen Eindruck stützt zu vermeiden. Wenn die Hypothese zutrifft und das Spiel die Figur des Amokläufers in den Mittelpunkt stellt und als Protagonisten des Spiels in die heroische Rolle versetzt, die ein Spieler in einem Computerspiel nunmal einnimmt, erfüllt sie perfekt diese unerwünschte Funktion.

  7. Flodo

    Finde gut das ihr das Thema aufgreift.
    Besonders die Augment (vergleich mit Gladiatorenkämpfe und Mordors Schatten) von Dom haben mich zum nachdenken angeregt.
    Mir hat der Cast sehr gut gefallen.

  8. Fabu

    Der Vergleich mit Hotline Miami ist Kwatsch. Sobald man dort einen Raum betritt, wird man attackiert und getötet. Das Spiel ist durchaus arg brutal, aber Kontext und Herausforderung sind gänzlich verschieden.

    • Manuel Fritsch

      ja, das der Kontext anders ist, haben wir ja auch gesagt. Dort gibt es ja auch eine fadenscheinige Begründung, dass es eh „Bösewichter“ sind. Dass die Gegner in Hatred unschuldig sind hat Rainer ja auch oben rausgestellt. das wird sich zeigen wie das spielerisch sein wird. Aber vom „puren Spaß am Töten“-Faktor finde ich Hotline Miami sehr nah, nur eben besser eingebettet und weniger arschlöchig aufgezogen.

    • Lars

      Ich frage mich ja, was an Hatred dann die Herausforderung sein wird. Hotline Miami ist gnadenlos. Ein falsch geplanter Zug und man wird abgeknallt. Wenn es bei Hatred nur wehrlose Opfer gibt, woraus generiert es dann Erfolgserlebnisse?

  9. Rudi Müller

    ein link zu dem kommentar den ihr der polizei gegeben habt wäre toll aber ohne ihn gelesen zu haben finde ich es eine richtige scheiss aktion von euch.

    • Manuel Fritsch

      -- der Kommentar ist natürlich nicht mehr online
      -- warum zur Hölle findest du das eine Scheiß-Aktion?

  10. judas3000

    Ich finde dieses „Computerspiele ist so ein junges Medium“ Argument immer etwas seltsam. Schließlich gibt es die schon über 40 Jahren (von Pong an gerechnet). Filme hatten zu dem Zeitpunkt schon den Hays Code eingeführt und waren absolut in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und Rock’n Roll war nach 40 Jahren tot (oder roch zumindest nicht mehr gut) irgendwo zwischen Pur oder dem zweiten Punk Revival.

    • Manuel Fritsch

      Der Hays Code: „1967 wurde er abgeschafft.“

      Aber danke für den Hinweis, kannte ich noch gar nicht. Aber ob der so positiv und sinnvoll war, steht ja auf einem anderen Blatt. (Aus künstlerischer Sicht)

    • judas3000

      ja, ne. Hab mich vermutlich missverständlich ausgedrückt. Es ging schon darum das der Hays Code nach 40 Jahren einführt wurde. War auch nicht als Argument gedacht sondern mehr als Vergleich was in anderen Medien in dem Zeitraum passierte. Wenn ich mir das recht überlege war Film zu der Zeit vermutlich tatsächlich noch ein junges Medium, allerdings gesellschaftlich durchaus schon akzeptiert. Wenn man sich zum Beispiel anschaut was Siegfried Kracauer in dem 20-30ziger Jahren darüber geschrieben hat. Also vielleicht muss ich euch recht geben und Computerspiele sind tatsächlich noch ein junges Medium.

  11. MaggusDesireDE

    Klasse Folge.

    Insbesondere die 5 Minuten Input und Denkanstoß von Dom ab ca Minute 25 sind klasse.

    Hier wird ein Thema angesprochen, welches mich auch immer wieder in Videospielen stört: Massenmord ist Massenmord (besondere Negativbeispiele, weil sie ja so „ernst“ und „echt“ sind: Tomb Raider (2013) sowie Max Payne 3), ob das nun Orks, Mutanten oder Menschen sind. Alleine das andere Aussehen oder der Grundsatz „Gleiches mit Gleichem vergelten“ macht für uns psychologisch den Unterschied.

    Man kann mir jetzt Doppelzüngigkeit vorwerfen, da ich sehr gerne gewalthaltige Spiele (auch die beiden oben angesprochenen) zocke. Aber man sollte diese immer auch für sich persönlich einordnen.

    Zum Spiel selbst: Sehe das ähnlich wie Manuel: Auf rein spielmechanischer Ebene kann es ja vll tatsächlich ein ganz interessanter Titel sein.

    Nur: Wenn es das wäre, würden die Entwickler sicher mit etwas anderem als der Gewalt werben. Ich befürchte daher, dass uns hier tatsächlich einfach nur Stumpfsinn und Gewaltverherrlichung ins Haus stehen wird.

    Habe euch mit dieser Folge auch bei uns auf Facebook verlinkt und auch dort noch mal zur Diskussion aufgerufen.

    Denn Kunst, egal wie offensichtlich sche*** sie auch sein mag, verdient eine faire Diskussion:
    https://www.facebook.com/m4ggusd3sire/posts/10152912271393394

  12. kail jürgen

    Guter Beitrag.

    hier noch mein Senf zu der ganzen Hysterie:

    Ich denke vor allem bei Videospielen sollte es im Gegenteil endlich einmal aufgehört werden derlei Vorstellungen als “gut”, “besser” oder “korrekt” zu bezeichnen, denn damit wird ihnen ein Stück weit immer zugestimmt.

    Die Anzahl dezidiert amoralischer oder ungehindert libertiner Videospiele im eindeutig
    kommerziellen Bereich lässt sich an einer Hand abzählen: spontan fallen mir neben “Carmageddon” lediglich und “Lucius” ein.
    Selbst “Postal” oder “Manhunt” könnte ich wegen ihrer teils widersprüchlichen Narrationen guten Gewissens nicht dazuzählen – während sexuelle Gewalt sowieso tabuisiert wird. Und politisch menschenverachtende Spiele wie “Ethnic Cleansing” hat es daneben schon immer gegeben.
    Gerade in “Hitman” wird sogar sehr viel Gewalt, zuletzt auch “Rache” (etwa im Verhältnis zu Agent 47′ Klon”schwester” Victoria und den eigenen Vorgesetzten), (doppel)moralisch begründet… Das Problem ist eher, dass sich über Videospielinhalte so eigentlich gar nicht unterhalten werden will, um bei “Videospiele für alle” einem Publikum zu gefallen das damit nicht “gespoilert” werden möchte.
    Stattdessen empören sich Presse und KommentatorInnen im öffentlichen Raum breitenwirksam viel lieber über allein Oberflächen, skandalisieren Sexualitäten die vielleicht auch nur ansatzweise nicht in ihr Weltbild passen, interpretieren politische Inhalte wie es ihnen dahingehend gerade passt, oder mokieren sich über die eine oder andere Körper/Gewaltdarstellung.’

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