A MAZE 2014: Local Multiplayer
Erst das Publikum macht einen Wettkampf zu einem sportlichen Ereignis. Nichts eignet sich also besser für Multiplayer-Spiele als ein Spielefestival, bei dem hunderte von Besucherinnen und Besuchern nicht nur potenzielle Mit- und Gegenspieler darstellen, sondern durch ihren Jubel auch dem einfachsten Prügelspiel eine fast erhabene Bedeutung verleihen. Hier sind unsere Multiplayer-Favoriten der diesjährigen A MAZE.
Nidhogg
Jagoda Dass Nidhogg (Gewinner des “Human Human Machine Awards”) eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf alle Kampfeswilligen hat, habe ich mir bereits anderweitig sagen lassen. Was es allerdings mit meinem Sohn anstellen würde, der mit seinen 4 Jahren zu den jüngsten Festbesuchern zählen durfte, nicht. Die Spiele, die er selber antesten konnte hielten sich leider in Grenzen, da entweder die Steuerung zu schwierig, der Sachverhalt zu komplex oder einfach die Tische zu hoch waren. Da verwundert es wenig, dass er als ritterbegeisterter Recke Nidhogg den Vorzug gegenüber allem gab.
Nidhogg Nidhogg Nidhogg! Zugucken genügte, um sein kleines Herz in Wallung zu bringen. Die reduzierte Optik und das einfache Spielprinzip sogen ihn problemlos in das Geschehen ein. Die Konsequenz daraus war, dass zum späten Abend hin meine Erfahrungen mit den anderen Spielen eher gering ausfielen, da mein Sohn nicht von Nidhogg wegzulocken war. Das alles mündete in einem beiläufigem “Ich liebe Kampfspiele” aus dem Munde meines Sprosses und vor meinem inneren Auge sah ich schon das Jugendamt die Tür eintreten. Im Laufe des Abends versuchten wir noch, es gemeinsam zu spielen, dabei konzentrierte er sich mit seiner ganzen euphorischen Kleinkindenergie auf die Taste A des Controllers, was zur Folge hatte, dass unser Degen mehr als einmal unkoordiniert in der Pixelwelt umehrflog. Von meiner Vorliebe scheinbar willenlos in den Degen des Gegners zu rennen, ganz zu schweigen. Schöner als Jana könnte ich es daher auch nicht sagen:
Anyone saw how I gave the fucking controller back to rage quit Nidhogg. I guess I get that game now to practice kicking @RatKingsLair ass!
— Jana Reinhardt (@RottenHedgehog) 12. April 2014
Gang Beasts
Ben “Wie hieß das Spiel noch mal? Das mit den Gummimännchen.” Die richtige Antwort auf diese Frage lautet Gang Beasts. Die richtige Reaktion darauf ist ein Stirnrunzeln. Denn mit fiesen Biestern und Straßengangs hat der Vierspieler-Brawler herzlich wenig zu tun, das ganze erinnert stattdessen an einen Kindergeburtstag. Ein Kindergeburtstag, bei dem ein Gast den Lieblingssuperhelden des Gastgebers als “grüne Knalltüte” bezeichnet und bei dem die darauf folgende Diskussion um die korrekte Rangfolge der coolsten Comichelden in einer zünftigen Rauferei mündet. Auch bei Gang Beasts weiß hinterher niemand, wer angefangen hat und wie die Steuerung eigentlich funktioniert und wieso der Nils grade vom Riesenrad gefallen ist, obwohl man ja gar nicht sooooo dolle zugehauen hat.
Für große Begeisterung konnte Gang Beasts auf dem A MAZE vor allem deshalb sorgen, weil es ein großartiger Zuschauersport ist. Während die Spieler und Spielerinnen mit der undokumentierten Steuerung überfordert waren, bot sich für das Publikum eine famose Mischung aus Hüpfen, Raufen und mehr oder weniger freiwilligen Sprüngen von fahrenden LKWs. Kurzum, eine Choreographie des Wahnsinns, bei der nicht selten die Figur gewann, die sich aus der ganzen Keilerei am besten raushalten konnte.
Wer genügend Mut und Xbox-Controller besitzt, der kann sich eine frühe Alphaversion von Gang Beasts kostenlos herunterladen.
Chalo Chalo
Sonja Willkommen zur “Mario Kart – Bauhaus Edition”: So lässt sich der taktische Vierspieler-Racer Chalo Chalo vielleicht am besten zusammenfassen. Schließlich geht es auch hier darum, als erster ins Ziel zu kommen und sich dabei mit Power-ups Vorteile zu verschaffen. Gesteuert wird dabei aber ein schlichter farbiger Punkt, der auf einer ebenso schlichten, horizontalen Karte eine Spur hinterlässt und so seine Route nachzeichnet. Die Maps sind zufallsgeneriert und bestehen aus einer grauen Grundfläche, auf der grüne, schwarze und weiße Quadrate angeordnet sind. Auf grünen Flächen beschleunigen die Punkte, auf schwarzen werden sie langsamer, und weiße Flächen sind so etwas wie Chalo Chalos Bananenschale – sie machen das Steuern bedeutend schwieriger.
Um eine Chance auf den Sieg zu haben, ist die Wahl der Ideallinie zu Beginn jedes Rennens also ein entscheidender Faktor, wenn auch nicht der einzige: Ab Runde zwei kann aus einer Vielzahl an Power-Ups gewählt werden, darunter taktische Waffen wie Stun Guns und Tar Bombs oder Fähigkeiten wie die, das Ziel langsam in die eigene Richtung wandern zu lassen, den Platz mit einem Gegner zu tauschen oder den Bildschirm für einige Sekunden komplett zu schwärzen. Zufall, Geschick, schnelle Entscheidungen und taktische Überlegungen halten sich bei Chalo Chalo so elegant die Waage, dass auch Außenseiter mal gewinnen und Favoriten in letzter Sekunde verlieren. Auf Basis unzähliger Partien konnte ich für Chalo Chalo einen Suchtfaktor ermitteln, der mindestens Mario Kart-Niveau erreicht – und dabei deutlich sanfter zu Augen und Ohren ist.
Chalo Chalo befindet sich noch in Entwicklung, mehr dazu gibt es im Entwicklerblog zu lesen.
Roflpillar
Ben Fassen wir uns kurz: Roflpillar ist das beste Spiel der Welt. Die Meinung von Spielespezialexperten, die noch nie in einem Schlafsack eingezwängt eine Raupe gesteuert haben, sind im Jahre 2014 nicht weiter ernst zu nehmen.
Jagoda Roflpillar gehört wohl zu jener Art Spiel, bei dem im Grunde jedes Wort der Beschreibung in purer Verzweiflung münden muss. Denn wenn zwei Personen gegeneinander auf dem Boden herumrollen, gekleidet in merkwürdig bunte Säcke aus Stoff, ist das zunächst erstmal eines: Merkwürdig. Entweder wendet man seinen Blick dann im Folgenden fremdbeschahmt ab oder reiht sich ein in die lange Reihe derer, die die spielerische Evolutionsleiter nach oben klettern und als gefräßige Raupe enden wollen. Ich entschied mich für letzteres, lies mich einkleiden und unter ein Häuschen schieben, an dessen oberem Ende ein Bildschirm zu sehen war, darauf mein Alter Ego: die Raupe. Mein Ziel lag im anknabbern von Äpfeln und im anknabbern der gegnerischen Raupe, deren Besitzer 30cm von mir entfernt ebenfalls seinen Unterkörper in die richtige Richtung schwingen musste. Es beginnt eine Hetzjagd auf Apfel und Raupe, eingeschränkte Sicht und träge Bewegungen machen das Ganze zu einem äußerst lustigen Unterfangen. Roflpillar, so weird, so gut.
Slam of the Arcade Age
Ben Slam of the Arcade Age ist das einfachste Spiel, das man sich vorstellen kann, angelehnt an den einfachsten Sport, den man sich vorstellen kann – den Wettlauf. Am linken Bildschirmrand befinden sich vier farbige Quadrate mit Startnummern von 1 bis 4, am rechten Bildschirmrand ist eine Ziellinie. Wer am schnellsten auf die bunten Knöpfe hämmern kann, um sein Quadrat vorwärts zu bewegen, der oder diejenige gewinnt. Ihr kennt das.
Der rote Knopf bewegt das rote Quadrat (Nr. 1), der blaue das blaue (Nr. 2), der grüne das grüne (Nr. 3) und der orangene das orangene (Nr. 4) und es wäre vermutlich das langweiligste Spiel der Welt, wenn die Quadrate nicht alle paar Sekunden ihre Farbe wechseln würden. So ist Quadrat Nummer 1 auf einmal pink und das Quadrat Nummer 3 nun rot und so weiter. Der klassische “Twister-Effekt” von verknoteten Gliedmaßen ist die Folge, während alle Spieler hektisch den richtigen Knopf für ihr Quadrat suchen und dabei über, unter oder durch die Arme ihrer Mitspieler grätschen. Großes Tennis!
Zwoboter
Ben Noch mehr bunte Knöpfe, diesmal aber nur für zwei Spieler Zwoboter (nicht zu verwechseln mit Zwobot) erinnert an Pong, nur dass jeder Spieler statt eines Paddels eine Art sechseckiges Raumschiff mit sechs verschiedenfarbigen Schubdüsen steuert, die je sechs entsprechend farbigen Knöpfen zugewiesen sind. Punkte erzielt man, indem man mit seinem Raumschiff einen Ball anschubst und gleichzeitig den Gegner von diesem fern hält.
Auch hier entsteht der Reiz des Spieles aus der Verknotung, nur diesmal weniger der Arme, als der von Gehirnwindungen. Bevor man überhaupt verinnerlichen kann, welcher Finger das Raumschiff nun nach links bewegt, hat man sich schon dreimal um die eigene Achse gedreht. Bot der gelbe Knopf vorher noch die Beschleunigung Richtung Ball, schiebt er das eigene Schiff nun in die völlig falsche Ecke. So drehen sich die Raumschiffartigen-Objekte die meiste Zeit um sich selbst oder fluppen unkontrolliert über die Spielfläche – unterbrochen von kurzen Momenten der Klarheit in denen man mit totalem Durchblick und gezielten Manövern den Ball ansteuert – nur um dann wieder hilflos auf der Stelle zu drehen.