Maximus Cerebrum: Ein Intelligenztest in Schwarz und Weiß

Maximus Cerebrum

In seiner Minima Moralia formulierte Theodor W. Adorno bereits in den 40er Jahren eine Kritik am Intelligenzbegriff. Intelligenz beschrieb er darin als Bezeichnung für Verhaltensweisen, die dem technischen und gesellschaftlichen Fortschritt angemessen erscheinen. Der Knackpunkt: Intelligenz sei auch dann hoch angesehen, wenn sie gar nicht nötig ist. Problemlösungsstrategien verkommen so zur moralischen Kategorie. In den sozialen Strukturen unserer Gesellschaft kann sich das als durchaus problematisch erweisen: Der Arme ist dumm, weil er keine Gleichungen lösen kann. Das muss er auch gar nicht, aber seine Armut empfindet eine tumbe Mehrheit daher als gerecht, seinen Zustand am Existenzminimum als akzeptabel.

Zeit, aus dieser Schlauheitsmühle auszubrechen, findet der Indie-Entwickler Orange. In seinem Spiel Maximus Cerebrum pflanzt er einen kleinen Roboter in die Hauptrolle, der sich seiner eigenen Intelligenz gerade erst bewusst wird – und der nicht zuletzt deshalb in ein System ausbrechen will, in dem sie nicht mehr wichtig ist.

Der Roboter-Protagonist kommt in Maximus Cerebrum vom Fließband. Kurz nach seinem ersten Kontakt mit dem Boden entdeckt er seine Beine, er stellt fest, dass er laufen kann und dass er sich in einer Umgebung befindet, die ihm nicht gefällt. Monochrom, verpixelt, voller unpersönlicher Maschinen, Schmieröl, Schalterrätseln und Metroidvania-Experimenten. Raus da. So schnell wie möglich. Ich spiele Maximus Cerebrum bequem mit einer Hand, aktiviere mit Cursortasten Teleporter, sammle neue Fähigkeiten. Ein melancholischer Soundtrack bestärkt mich in meinem festen Vorhaben: Ich will hier raus!

Meine Spielfigur mag ein Roboter sein. Wer weiß, was seine Schöpfer für ihn vorgesehen haben – womöglich ist er eine Art Replikant, wie in Blade Runner, und seine Lebenserwartung beträgt vier Jahre. Vielleicht funktioniert er auch nach einem Programm, das ihm seine eigene Intelligenz vorgaukelt? Möglicherweise flieht er auch aus seiner ekelhaften Fabrik und stellt fest, dass außerhalb nichts ist. Egal, immerhin weiß er dann, dass dem so ist. Um das Leben genießen zu können, ist Neugier am Ende viel wichtiger als Intelligenz.