Alien: Isolation – Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß
Es hat lang gedauerte, bis ich über Alien: Isolation schreiben konnte. Eine Stunde lang habe ich es gespielt und dann mehrere Wochen lang Ausreden gesucht, mich ihm nicht weiter zu widmen. Das liegt nicht daran, dass Creative Assembly ein schlechtes Spiel programmiert hätten. Ich hab einfach nur Angst. Bei meiner ersten Stunde Alien: Isolation bekam ich HR Gigers berühmte Kreatur, den Xenomorph, nicht ein einziges Mal zu Gesicht. Ich sah ein paar Leichen und die Zeichen des sich ausbreitenden Wahnsinns auf der Raumstation Sevastopol, die als Schauplatz des Spiels dient. Ich sah Lampen flackern und traf einen verzweifelten Überlebenden. Und ich hörte es in den Lüftungsschächten rumpeln. Diese Atmosphäre und das Wissen darüber, was mich erwarten würde, hat mir gereicht. Bis jetzt.
Ich übernehme die Rolle von Amanda Ripley, Tochter von Ellen, der Protagonistin der vierteiligen Alien-Reihe, wobei die Handlung zwischen den ersten beiden Filmen angesiedelt ist. Auf der Suche nach Ripley Senior befinde ich mich an Bord eines Raumschiffs auf dem Weg zur Sevastopol. Dort soll sich der Flugschreiber der Nostromo befinden – jener Raumfrachter, der im Zentrum des ersten Alien-Films steht. Bereits beim Andocken an die Station geht alles schief. Eine Explosion sorgt dafür, dass Ripley auf sich allein gestellt ist. Die Station selbst ist verwüstet, die Wände teils blutbeschmiert, überall raucht und vielerorts brennt es. Computerterminals geben Aufschluss über die vergangenen Wochen auf der Sevastopol, der Wut und Verzweiflung ihrer Bewohner. Stilistisch halten sich die Entwickler dabei ganz an ihr cineastisches Vorbild – die Computerterminals der Zukunft sehen aus, wie man sie sich Ende der 70er-Jahre vorgestellt hat, aus den Koffern in der Gepäckannahme der Raumstation fallen Audiokassetten und Hochglanzmagazine heraus. Selbst die Frisur der Figuren ähneln jenen des ersten Alien-Films.
Wenn ich jetzt Alien: Isolation spiele, habe ich immer das Verlangen, in dieser Umgebung verweilen zu wollen, die Liebe zum Detail zu bewundern, die in die Entwicklung geflossen ist. Aber ich habe nicht die Ruhe dazu. Ich fühle mich ständig verfolgt. Nach dem ersten Aufeinandertreffen mit dem Xenomorph nach etwa 90 Minuten Spielzeit ist es jederzeit möglich, dass ich von ihm überrascht werde. Das Monster kriecht durch Lüftungsschächte, es ist schnell, unberechenbar und manchmal urplötzlich hinter mir. Und es ist scheinbar unbesiegbar. Vergangenheit sind die Aliens aus Colonial Marines, die mehr Kanonenfutter als Albtraum waren. Es gibt zwar Waffen im Spiel, sie helfen aber höchstens gegen die anderen Gefahren an Bord: Plünderer und wild gewordene Androiden.
Eigentlich will ich dauernd nur vor dem Alien wegrennen. Fieserweise geben mir die Entwickler aber auch ein paar andere Spielelemente, die es sich lohnt zu entdecken. Das Crafting-System beispielsweise. Aus Bauteilen, die in der Spielwelt verstreut herumliegen, lassen sich nützliche Gegenstände basteln: Medipacks etwa oder Rauchgranaten – den passenden Bauplan vorausgesetzt. Um besagte Gegenstände und Baupläne zu finden, muss die Spielwelt erkundet werden und je länger ich erkunde, desto weiter steigt die Gefahr, dass ich mein Leben lasse. Das wäre nicht so ärgerlich, könnte ich einfach frei speichern – kann ich aber nicht. Stattdessen erlaubt Alien: Isolation nur an bestimmten Stellen ein manuelles Sichern des Spielstandes. Wer stirbt, verliert unter Umständen so eine halbe Stunde Spielfortschritt. Alien: Isolation bringt mich dazu, ständig mit mir selbst zu kämpfen: Den Lüftungsschacht hier in der Wand noch erkunden? Oder doch schnell weiterlaufen, in der Hoffnung so schneller auf einen Speicherpunkt zu treffen?
Alien: Isolation kann frustrierend werden. Dann, wenn mir das Alien zum wiederholten Male den Kopf zerreißt, obwohl es meiner Überzeugung nach grade überhaupt nicht da sein dürfte. Wenn ich 20 Minuten Spielzeit wiederholen muss, nur weil das Alien plötzlich hinter mir war, ohne, dass ich das Gefühl habe, etwas dagegen tun zu können. Allerdings wurden diese Elemente scheinbar bewusst – denn das Wissen, dass ich jederzeit zum Opfer einer schier übermächtigen Kreatur werden könnte, macht einen Großteil der Angst und Atmosphäre aus. Wenn im Spiel plötzlich ein Alarm klingt, der das Monster anlocken könnte und ich minutenlang versuche, ihn abzuschalten, sind meine Hände nassgeschwitzt. Obwohl am Ende überhaupt nichts passiert ist. Der Tod in Alien: Isolation kommt genau dann, wenn ich ihn nicht erwarte.