Nintendos letzter Exklusivtitel für die erfolglose Wii U
ist ein Blick auf das, was hätte werden können.
Eines vorweg: Star Fox Zero ist ein gutes Spiel.
Das ist deshalb erwähnenswert, weil seit dem letzten erwähnenswerten Beitrag zu Nintendos Furry-Variante von Star Wars fast 20 Jahre vergangen sind. 1997 erschien mit Lylat Wars das letzte Fox-Spiel, an das sich alle wohlwollend erinnern. Danach verabschiedete die Serie sich im Schlingerkurs in ein schwarzes Loch: Star Fox Adventures wurde eigentlich gar nicht als Abenteuer von Fox McCloud entwickelt, das darauffolgende Star Fox Assault war nur besseres Mittelmaß und das ominöse Star Fox 2 gehört zu den berühmtesten Beispielen nie erschienener Vaporware. Heute sind die wie Tiere aussehenden Raumschiffe vor allem als Kulissen in Nintendos All-Star-Prügelei Smash Bros bekannt. Ihre eigenen Abenteuer sind fast in Vergessenheit geraten. Skepsis an einer erfolgreichen Rückkehr war also durchaus angebracht.
Dass es im Vorfeld Zweifel an Star Fox Zeros Qualität gab, war auch den durchwachsenen Previews geschuldet. Es fällt diesem Spiel nicht nur wegen der durchschnittlichen Grafik schwer, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Erst nach einer langen Eingewöhnungszeit ergibt die ungewöhnliche Steuerung einen Sinn. Der kleine Bildschirm auf dem Gamepad der Wii U ist hier kein Gimmick, sondern einer von zwei gleichrangigen Bildschirmen. Mit den Sticks wird das Fahrzeug auf dem Fernseher gelenkt. Je nach Level bewegt dieses sich dabei automatisch wie durch einen unsichtbaren Tunnel vorwärts oder erlaubt die freie Bewegung in einem überschaubaren Areal. Der Controller zeigt währenddessen den Blick aus dem Cockpit, auf der sich per Bewegungssteuerung mit dem Fadenkreuz präzise zielen lässt. Oder besser ausgedrückt: Auf dem sich überhaupt erst zielen lässt.
Star Fox Zero erzwingt den ständigen Blickwechsel zwischen Fernseher und Controller, indem es das Fadenkreuz der Außenansicht ungenau und damit nutzlos macht. Im Gegenzug geht während des Blickes ins Cockpit die Übersicht auf das hektische Kampfgeschehen verloren. In der einen Sekunde muss ich einem Stück Weltraumschrott ausweichen, in der nächsten meinen Laser in die Flugbahn des feindlichen Jägers lenken. Anfangs führt dieses ständige Hin und Her zu Verwirrung. Schüchtern schwenke ich den Controller, unsicher fliege ich immer wieder gegen Wände. Und dann platziert mich eine Mission mitten ins Weltall.
Jäger fliegen über meinen Kopf hinweg! Laser ziehen aus allen Richtungen ihre leuchtenden Streifen durch den schwarzen Hintergrund! Meine Teamkameraden rufen über Funk nach Unterstützung! Und plötzlich zapple ich auf meinem Sofa herum, schwenke den Controller der Zimmerdecke entgegen, feuere Torpedos auf meine Feinde und balle meine rechte Hand jubelnd zu einer Faust, wenn ich einen Elitepiloten der gegnerischen Streitkräfte niederstrecke. Plötzlich bin ich Star Fox. Und ich bin Wedge Antilles. Ich bin Alex Rogan, Kara Thrace und jeder Raumpilot aus dem gesamten Kanon der Popkultur. Und nichts hat sich jemals richtiger angefühlt, als mit dem Controller der Wii U auf dem Sofa herzumzuzappeln und so mein Wohnzimmer in ein Cockpit zu verwandeln.
Star Fox Zero verkörpert viel von dem, was Nintendos Spiele seit jeher ausmacht: Sie setzen andere Prioritäten als der Rest der Branche. Die verwaschenen Texturen sind zweitrangig, solange das Geschehen ohne Ruckler auf dem Fernseher erscheint. Die fehlende Präzision des Controllers ist dem Gefühl untergeordnet, ein wendiges Raumschiff in die Schlacht zu steuern. Spaß ist wichtiger als Coolness. Star Fox Zero ist verspielt und bringt mich dazu zu spielen wie ein Kind, das seine Hand zu einer Pistole formt und “Peng, peng” ruft. Das ist nicht cool, aber es macht Spaß.
Das neue Star Fox ist ein durch und durch nostalgisches Spiel. Es knüpft vom Bildschirm zur Missionsauswahl bis zum Ablauf der Missionen so nahtlos an Lylat Wars an, dass sich die 20 Jahre dazwischen höchstens wie zwei anfühlen. Im Gegensatz zu neueren Marken wie Splatoon sieht der Fuchs im Weltraum dann auch genau so alt aus, wie er ist. Ganz gleich wie gut es auch ist, dürfte es dem Spiel entsprechend schwer fallen, neue Fans dazuzugewinnen. Wer aber schonmal eine Lightgun in der Hand hatte oder auf dem Nintendo 64 spielte, wird sich sofort wieder wie ein Kind fühlen, das auch damals schon den Controller Richtung Decke schwenkte. Nicht wegen der Bewegungssteuerung, sondern aus Begeisterung.
Bald wird Nintendos neue Konsole enthüllt und uns zeigen, wie sich der japanische Konzern die Zukunft vorstellt. Star Fox Zero ist als einer der letzten Exklusiv-Titel auf ihrem glücklosen Vorgänger Wii U ein Nachruf auf deren ungenutztes Potential. Ein Blick in eine Zukunft, die hätte sein können, wenn mehr Spiele sich getraut hätten, so selbstbewusst ein “Spiel” zu sein. Aber ich bin mir sicher, dass in Nintendos Zukunft noch mehr Spiele wie Star Fox Zero auf uns warten, die diese kindliche Freude nach außen tragen.