Ein Pflichtkauf für Burnout-Fans! (Das Syndrom, nicht das Rennspiel.)
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Überraschungen bei Gaming-Großveranstaltungen wie der E3 sind rar geworden und gerade deshalb eine an sich begrüßenswerte Abwechslung im schattigen Reich der enttäuschten Erwartungen. Wenn jedoch ein Branchengigant wie Ubisoft einen Ableger einer etablierten und beliebten Marke ohne Vorankündigung in die gängigen, digitalen Vertriebswege knallt, dann sollten bei jedem die Alarmglocken läuten. Im Falle von Trials of the Blood Dragon verschafft mir leider selbst die Schlummertaste keine Ruhe mehr; zu grell, zu kultig, zu sehr ins Gesicht springt mir die Fremdscham.
Warum Ubisoft die längst zementierten Marketingregeln um Hypeaufbau und Vorbesteller-Tinnef bei diesem Spiel bewusst ignoriert und lieber auf unbefleckte Spontankäufe setzt, wird bereits nach wenigen Minuten schmerzhaft offensichtlich. Trials of the Blood Dragon unternimmt den faulen Versuch, den Witz von Far Cry: Blood Dragon noch einmal nachzuerzählen, ohne sich dabei jedoch an Einzelheiten oder wenigstens die Pointe erinnern zu können. Der gewohnt großartige Motorrad-Balanceakt wird mit einem schmierigen VHS-Filter überzogen, mit Neonfarben und Synthielärm unterlegt und durch eine grenzdebile Hintergrundgeschichte aufgebläht. Total humorig und wirr, dieser ausgekotzte Bandsalat, den da jemand heimlich mit einem Bleistift wieder auf die Datasette gewickelt hat. Zum Glück steckt unter diesem fürchterlichen Putzanstrich aber immer noch der spaßige und fordernde Hindernisparkour, für den die Reihe bekannt und beliebt ist.
Das war gelogen. Zwar kann ich abermals auf einigen durchaus anspruchsvollen Kursen riesige Rampen hinunterbrettern, doch dann nimmt mir das Spiel das Motorrad weg und drückt mir eine Knarre in die Hand. Oder ich fliege mit einem Jetpack durchs All. Oder ich steuere ein elektrisches Spielzeugauto auf einen Abgrund zu, das meine Lust auf mehr direkt mit hinunterreißt. Und dazwischen immer wieder diese zum Schreien schrecklichen, unanimierten Story-Fetzen. Nur blöd, dass die Spiel-Engine für diese ganze Clownerie überhaupt nicht ausgelegt ist und sich alles abseits der Zweiradraserei unnatürlich und falsch anfühlt. Wie eine 80er-Mottoparty, auf der Millenials zu vorgefertigten Spotify-Playlisten abnicken.
Offizieller Trailer
Aus Kalkül Humor entstehen lassen zu wollen, ist eben genauso sinnvoll wie die Songtexte von Gentleman. Es erstickt sämtliche Spontaneität, und vermag nicht mehr als ein Höflichkeitslächeln hervorzubringen. In Trials of the Blood Dragon wirkt deshalb jeder Satz und jede neue Mechanik aufgesetzt und durch ahnungslose Fokusgruppen bestätigt. Es ist die krakelige Mindmap eines gescheiterten Brainstormings, dessen traurige Ergebnisse solange weiterproduziert wurden, bis es kein zurück mehr gab. Kein homogenes Konzept, kein Spielfluss, kein Mehrspielermodus, der zumindest etwas Freude in diesen radioaktiven Glibberhaufen gezaubert hätte. Mit so viel Geld im Rücken einen solchen kreativen Bankrott zu erklären, wer kann das schon wirklich nachvollziehen?
Trials of the Blood Dragon versucht, noch etwas Profit aus einem abgenutzten Mem zu schlagen, bevor sich niemand mehr daran erinnern kann, was einst so lustig daran gewesen sein soll. Ubisofts ganz eigene Form des Rickrollings sozusagen. Und auch wenn angesichts dieser Farce nur noch wenig Wahrheitsgehalt durch Rick Astleys Zeilen schimmert, bleibt eine Realität wohl auch ungeachtet dieses neuerlichen qualitativen Abfalls unumstößlich:
“We know the game and we’re gonna play it.”