Airborn

Airborn

Airborn ist ein Mod, genauer gesagt eine “Total Conversion” für Unreal Tournament 3. Das Ziel der Entwickler war bzw. ist es, basierend auf der bekannten Unreal Engine ein farbenfrohes Action-Adventure zu erschaffen. Gestern wurde die erste Demo von Airborn veröffentlicht und da mich Idee, Trailer und Screenshots beeindruckten, konfrontierte ich Steffen Unger mit ein paar Fragen…


(Link zum Video)

Ahoi, Steffen. Bevor wir zu eurem Projekt “Airborn” kommen, stelle dich bitte kurz vor.

Mein Name ist Steffen Unger, ich bin 27 Jahre alt, lebe derzeit in Berlin und arbeite selbstständig als 3D Grafiker und Character Artist an Computerspielen und Filmen.

Mods für Unreal Tournament 3 gibt es wie Sand am Meer. Was unterscheidet “Airborn” von den üblichen Modifikationen?

Also ersteinmal dürfte Airborn, wenn mich nicht alles täuscht, die einzige “Total Conversion” für UT3 sein, d.h. so ziemlich alles im Mod ist von uns für den Mod erstellt worden. Bis auf wenige Ausnahmen wie Partikeleffekte und Sounds, die derzeit alle ausgetauscht werden, ist also nicht viel vom eigentlichen Spiel übrig geblieben. Selbst das Gameplay ist, wenn auch noch nicht fertig, kein schneller Shooter mehr, sondern ein Action Adventure im Stile von Zelda.

Airborn

Darüber hinaus sticht Airborn natürlich durch die Optik aus der Masse an Mods heraus. Uns war von vornherein wichtig, dass wir etwas machen, was einen eigenen Charme hat. Noch bevor wir uns für ein Spiel das wir bearbeiten wollen entschieden hatten, wussten wir schon relativ genau, in welche Richtung es optisch gehen und wie die Welt im Groben aussehen soll. Inspriationen dazu waren Comics wie “Planet ohne Erinnerung”, oder auch Animes wie “Miyazakis Laputa” oder auch “Steamboy”, welcher bei mir der erste Auslöser war, etwas in einem Steampunk angehauchten Universum zu schaffen. Ich dachte, dieses Thema ist noch nicht ausgereizt, zumal ich generell das Gefühl hatte, das es zu wenig stilisierte Spiele gibt. Das hat sich inzwischen auch dank Team Fortress 2 stark verändert, aber damals war das eben noch nicht so.

Gab es im Vorfeld Alternativen bezüglich der Engine oder war für euch von Anfang an klar, auf UT3 zu setzen?

Ja, wir haben uns mehrere Spieleengines angesehn — darunter die Source Engine von Valve und auch die CryEngine von Crytek. Erstere war für uns zu techy, zu kompliziert und zu limitierend. Die Benutzerfreundlichkeit war weit ab von unseren Erfahrungen mit Engines in der Produktion. Das mag sich inzwischen verändert haben.

Aber als wir damals anfingen, wirklich darüber nachzudenken unsere Ideen in eine Engine zu schieben, waren wir ein Haufen Grafiker ohne jemanden, der uns auf der Programmierseite unterstützen konnten. Also brauchten wir eine Engine, die sich leicht bedienen lässt und in der man auch ohne Programmierer sehr weit kommen kann. Demnach blieben nur noch die CryEngine und die Unreal Engine — die CryEngine ist wegen ähnlichen Gründen aus unserer Liste geflogen wie die Source Engine, nicht dass die CryEngine schwer zu bedienen wäre. Dank guten Kontakten zu Crytek wäre die Einarbeitung ein Leichtes gewesen. Die mitgelieferten Programme und Anbindungen an unsere 3D Programme sind grandios. Allerdings bot uns die CryEngine nur die Möglichkeit Spiele zu machen, die Crysis nicht ganz unähnlich sind. Wir hätten zwar andere Modelle einbauen können, aber wirklich comicartig hätten wir es damals nicht bekommen.

Die Unreal Engine bot uns einfach mit den mitglieferten Editoren die Möglichkeit, alles von Grund auf neu zu schaffen, ohne dass es überhaupt wie Unreal aussieht. Wir haben sehr viele Dinge probiert, von Schraffuren, über Cellshading (Zelda Windwaker / klassiche Trickfilme) bis hin zur Outline, die sich als einzige der 3 Methoden bis zur aktuellen Version gehalten hat. Wir haben sehr viel rumprobiert, ich habe Valves Dokumente zur Beleuchtung in Team Fortress 2 komplett auseinander genommen, um zu verstehen was sie genau gemacht haben, und ausgehend von diesem Wissen unser eigenes Shading aufgebaut. Das war im Grunde der ausschlaggebende Punkt, die Unreal Engine gab mir die Möglichkeit Dinge zu tun, die vorher noch keiner in der Engine getan hat, ohne einen Programmierer dafür zu benötigen.

“Airborn” ist also ein Action-Adventure. Verrate uns bitte ein paar Details zur Story und zum Spielgeschehen.

Also wir verstehen Airborn ja vielmehr als ein Universum, an dem wir entwickeln. Der Mod ist nur eine Möglichkeit, diese Welt zu visualisieren und spielerisch nach außen zu tragen. In diesem Universum ist die Welt wie man sie kannte vor sehr langer Zeit wegen aggressiven Raubbaus und Ressourcenverschwendung der Menschen zerbrochen. Doch das Leben ging weiter, die Welt existierte noch, keiner weiß warum, aber das Leben ging weiter — nun allerdings anders, zerbrochen in viele kleine Teile, die nun als schwebende Inseln in dieser Welt auf den Spieler warten.

Aber um das Universum geht es ja nun nicht. Im Mod spielt man Piño, einen kleinen Jungen, der zusammen mit seinen Großeltern auf einer kleinen Insel wohnt. Auf der Insel befinden sich eine kleine Stadt, der dazugehörige Hafen, ein Braumeister und ein paar andere Orte, die noch nicht näher definiert sind.

Airborn

Piño möchte später einmal Briefbote werden, so wie es sein Vater vor ihm war. Um dies zu werden, braucht er vor allem ein Botenschiff, also ist sein größter Wunsch eben dieses Schiff zu bekommen. Zum Glück sind seine Großeltern beide Mechaniker, die ihm dieses Schiff zusammenbauen könnten, hätten sie denn die benötigten Teile. Also wird man als Spieler erstmal damit beschäftigt sein, in einer Art Tutorial die Steuerung am Boden kennenzulernen und die benötigten Teile für seinen Flieger zu besorgen. Darunter ein Fass für den Korpus und Tank, da kommt der Braumeister zum Zuge: diesem wird man das Fass stibitzen müssen, um darauf aufbauend den Flieger zu errichten.

Sobald er sein Schiff hat, will er natürlich seinen Aufgaben als angehender Postbote nachgehen, und nunja — ab da hören wir mal mit der Geschichte auf, was dann passiert wird sich zeigen.

Welche Personen sind neben dir in das Projekt mit welchen Aufgaben involviert?

Oh, das sind weitestgehend auch professionelle Spieleentwickler, die im Laufe der Entwicklung auf das Projekt aufmerksam geworden sind. Nach und nach wurden es immer mehr. Das Kernteam in alphabetischer Reihenfolge:

Artur Fast – Concept Artist
Benjamin Sauder – Environment Artist
Dario Coelho – Concept Artist
David Monteiro – Animator
Flavius Alecu – Scripter & Best Boy
Ian Dorsch – Musician
Jochen Mader – Sounddesigner
Jochen Volz – Animator
Johannes Figlhuber – Concept Artist
Julius Brockelmann – Concept Artist
Manuel Virks – Environment Artist & Leveldesigner
Oliver Janoschek – UI Designer
Philipp Clermont – Environment Artist
Steffen Unger – Character Artist
Tim Rose – Voice Actor

Da wir das Ganze in unserer Freizeit neben der Arbeit machen, schwankt die Teamstärke gerne mal je nach Auslastung der Leute. Konkret heisst das, dass so in etwa 6-10 Personen in wechselnder Besetzung relativ durchgehend daran arbeiten.

Ihr habt gestern eine erste Version veröffentlicht und du sagtest bereits, das Spiel sei noch nicht fertig. Was fehlt noch und wann ist mit einer finalen Version zu rechnen?

Oh, vieles. Wir haben ja gerade erst einmal die Basis des Bodenspiels erstellt. Wir können rumlaufen, springen, ein paar grundlegende Items wie der Pogostick existieren schon, ein erstes Quest kann man bestehen um seinem Großvater zu helfe,n den Hafen sauber zu halten.

Wir müssen also neue Quests entwerfen, den Spieler nach und nach zu seinem Schiff leiten. Wir müssen den Flug umsetzen, weil eine Welt mit schwebenden Inseln, in der man nicht fliegt, ja nur halb so viel Wert ist. Das ist es auch was wir gerade tun: den Flug entwickeln, die grundlegenden Spielregeln dafür aufstellen, testen und natürlich auch die Grafiken erstellen, für die nächste Version wird es also einen etwas erweiteren Bodenmodus mit hoffentlich ein wenig Kampf geben. Und dazu auch einen grundlegend funktionierenden Flugmodus, der dann wohl ähnlich grob ausfällt, wie der aktuelle Bodenmodus.

Aber vielleicht läuft auch alles viel besser als bisher gedacht und wir kriegen das alles in der Zeit und Qualität hin, wie wir das gerne hätten.
Aber selbst dann wäre es ja noch kein komplettes Spiel. Wir hätten dann ja nur eine Insel und ein bisschen Fliegen.

Vielleicht wird daraus eine Produktion, vielleicht bleibt es ein Mod, vielleicht gewinnen wir etwas beim Make Something Unreal Contest. Vielleicht aber auch nicht. Die Zukunft wird zeigen, wie es weiter geht. Ein finales Datum kann ich also leider nicht nennen.

In welchem Alter und auf welchem System hast du angefangen, dich für Spiele zu interessieren? Und wann hast du den Entschluss gefasst, selbst in der Branche Fuß zu fassen?

Als Ostbürger dieses Landes hatte ich ganz früher keinen C64 oder so etwas. Ich denke, es müsste ein 368er gewesen sein, auf dem ich damals wie ein verrückter Commander Keen gespielt habe. Zufälligerweise ist es auch das Spiel, das uns mit dem Pogostick dazu geführt hat, diesen in 3D innerhalb Airborn auszuprobieren. Und so weit funktioniert das auch ganz gut.

Was den Beschluss anging in der Branche zu arbeiten — das dürfte so nach dem Abi gewesen sein, wo ich mehr oder weniger über meinen guten Freund Hanno Hagedorn, der nun bei Naughty Dog arbeitet, in die Branche reingeschliddert bin. Er hat mich zum Testen an Wiggles mit zum SEK gebracht. Das dürfte so um das Jahr 2000 rum gewesen sein, 2001 habe ich dann dort mit meiner Ausbildung zum Mediengestalter begonnen.

In deinem Xing-Profil habe ich gelesen, das du u.a. für Blue Byte und Ascaron tätig warst. Gibt es einen bevorzugten Spielehersteller, bei dem du lieber heute als morgen einsteigen würdest?

Hm, ja, gibt es. Da ich schon mit diesem in Kontakt stehe und unterschrieben habe, dazu nichts zu sagen, muss ich mich leider bedeckt halten. Ich warte derzeit auf ein Angebot.

Kannst du unseren Lesern weitere Mods empfehlen, die deinen qualitativen Ansprüchen gerecht werden und sich positiv von der Masse abheben?

Also ich habe mir noch nicht alle Einsendungen für den “Make Something Unreal Contest” angesehen. Aber ich denke, “The Haunted”, “The Ball” oder “Ren X” dürften ziemlich weit vorne im Wettbewerb liegen. “The Haunted” sah für mich aktuell am weitesten nach einem Spiel aus, das es auch in die Produktion schaffen wird. Eventuell ist es thematisch zu nah an Left 4 Dead.

“The Ball” sieht auch schon sehr weit aus. Ich persönlich finde nur die Idee, einen Ball über lange Zeit durch ein Level zu schieben, nicht sehr ansprechend. Aber es ist gut durchproduziert, wenn auch optisch sehr nah an Unreal Tournament.

“Ren X” basiert auf dem Spiel Renegade, man mag sich erinnern — der Shooter im C&C Universum. Den Jungs würd ich es wünschen, dass sie sich mit EA zusammensetzen und das daraus mehr wird. Da steckt schon wirklich viel Arbeit drin.

Ich denke aber, grafisch hätte man gut mehr rausholen können mit eigeneren Konzepten, die sich weniger auf das alte Spiel stützen und dem Universum ein wenig mehr Pepp verpassen. Generell finde ich es sehr schade, dass ein Großteil der Mods sich optisch so stark an Unreal klammert, andererseits ist es natürlich auch nicht schlecht für uns — schließlich heben wir uns so ein wenig ab, auch wenn noch nicht viel Spiel da ist.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.