Alphalevel: Faeria – Strategy Card Game

Faeria

Als wäre der Markt für virtuelle Kartenspiele nicht schon überfüllt genug, versucht sich das kleine belgische Entwicklungsstudio Abrakam an einer neuen Variante. Ihr gerade erfolgreich bei Kickstarter finanzierter Titel mit dem magischen Namen Faeria ist nicht allein ein TCG (trading card game) wie Magic: The Gathering, sondern gleichzeitig auch ein strategisches Brettspiel, weswegen eine neue Genrebezeichnung vonnöten ist, die von den Belgiern gleich mitgeliefert wird: strategy card game oder kurz SCG.

Parallel zur Kickstarter-Kampagne ging Faeria in die offene Beta-Phase, und bescherte jedem Förderer einen Zugang zu den bisherigen Spielinhalten. Diese bestehen aus einigen kurzen Tutorials gegen die KI, mehreren hundert Spielkarten verteilt auf vier Fraktionen, einem Multiplayermodus und einem öffentlichen Chat mit Tauschmöglichkeiten von Karten. Für gewonnene Spiele gibt es die interne Währung Memoria, welche wiederum in neue Spielkarten eingetauscht werden kann. Bis hierhin gibt es wenig Unterschiede zur Konkurrenz. Dann begann ich das erste Match und wurde von Handlungsmöglichkeiten erschlagen.

Das Spielbrett besteht aus zunächst leeren Hexfeldern. Links unten und rechts oben befinden sich die für den Sieg zu zerstörenden Orbs mit je 20 Lebenspunkten. Um diese zu erreichen, kann jeder Spieler pro Runde ein Feld in ein betretbares Land umwandeln. Davon gibt es jedoch nicht nur eines, sondern gleich fünf: Prärie, Wasser, Wald, Berg und Wüste. Während Prärien neutral sind, zählen die anderen vier Landtypen als Ressourcen für die auszuspielenden Karten. Zusätzlich gibt es mit Gold und dem titelgebenden Faeria noch zwei weitere Ressourcen. Ersteres lässt sich mit Aktionspunkten erwerben, das magische Faeria muss dagegen von eigenen Kreaturen eingesammelt werden.

faeria 2

Ich möchte an dieser Stelle nicht alle weiteren Regeln auflisten und erläutern, aber glaubt mir, Faeria ist zunächst kein einfach zu durchschauendes Spiel. Die bewusste Wahl von Brettspielelementen und einem halben Dutzend an verschiedenen Ressourcen bringt das Spielerlebnis näher an ein echtes haptisches Brettspiel heran, bei dem man allerlei ausgestanzte Kartonteile vor sich herumschiebt als an ein gradlinigeres Kartensammelspiel. Vorteile und Nachteile dieser Grundidee gleichen sich dabei aus.

Faeria ist sehr strategisch und bietet viele Möglichkeiten, durch kluge Positionierung der verschiedenen Länder, Kreaturen und zusätzlichen Zaubersprüche zum Sieg zu kommen. Drei Aktionspunkte pro Runde müssen verteilt, Länder gesetzt, Karten ausgespielt, Figuren bewegt und Taktiken ausgeklügelt werden. Aus all den Aktionen resultieren oftmals lange Matches von 30 bis 40 Minuten, da die Spieler jede der 90 Sekunden langen Spielphasen ausreizen.

faeria head

Doch genau dieses Austüfteln macht den Reiz von Faeria aus und ist eine klare Stärke des groß angelegten Brettspiels. Die verschiedenen Systeme, vom Landbau über das Ressourcenmanagement bis zu den Kreaturen und dem damit verbundenen taktischen Kampf auf einem sich verändernden Terrain, sind clever aufeinander abgestimmt. Der steinige Weg zu diesem sehr befriedigenden Spielerlebnis ist für meinen Geschmack leider etwas zu steil geraten und wird durch den noch etwas unglücklich gelösten Deckbau zusätzlich blockiert. Bisher kann nämlich nur ein einziges aktives Deck erstellt werden. Das Abspeichern verschiedener Varianten ist noch nicht möglich. Als Warnung vor Faeria sollte das allerdings auf keinen Fall verstanden werden.

Optisch und akustisch kann Faeria schon jetzt mit den Großen mithalten. Das Kartendesign hat einen eigenen Stil zwischen Märchen und Gruselgeschichte, während die Musik direkt aus einer Hobbit-Höhle stammen könnte und der allgemeinen träumerischen Atmosphäre den richtigen Klang verleiht. Bisher lässt sich dieser Zauber nur im Browser genießen, aber ein Umstieg von Flash auf Unity ist geplant, was für die Plattformen zukünftig viele Möglichkeiten eröffnet.

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Am Schluss gibt es von mir vorerst anderthalb von zwei gehobene Daumen für Faeria. Auch wenn das Spielkonzept zunächst komplex erscheint, eröffnet es gleichzeitig eine strategische und taktische Tiefe, die viele andere Kartensammelspiele vermissen lassen. Hinzu kommt der märchenhafte Charme der präsentierten Welt und mit der erfolgreichen Kickstarter-Kampagne auch die reale Möglichkeit, auf diese Stärken aufzubauen. Wer den Titel jetzt schon anspielen will, der hat noch bis zum 10. November Zeit, sich in die Closed Beta einzukaufen.