Immer mitten in die Fresse rein.
Die letzten Tage habe ich auf dem Bau gearbeitet, im Fitnessstudio meinen Körper gestählt, auf einen Boxsack eingeprügelt, dutzende Pizzen und Proteinriegel verschlungen, einer Frau Avancen gemacht, ein maskiertes Krokodil vermöbelt und mächtig auf die Fresse bekommen. Außerdem spielte ich Punch Club.
Der 26-jährige Dolph (Alter und Name von der Redaktion erfunden) trägt ein düsteres Geheimnis mit sich herum: Als Kind wurde er Zeuge des Mordes an seinem Vater. Sylvester, so womöglich der Name des Vaters, war professioneller Boxer und verdiente sich als Scherge in der Unterwelt ein Zubrot. Oder war er einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort? Egal, denn die Hintergrundgeschichte in Punch Club wirkt ähnlich erzwungen, wie die in vielen seiner Vorbilder, den Actionfilmen und -Serien der Achtziger und Neunziger Jahre. Vorgelebt durch den Vater, möchte auch Dolph in den Ring steigen und als erfolgreicher Kämpfer sowohl offizielle als auch inoffizielle Ranglisten anführen. Hier komme ich ins Spiel.
Punch Club ist ein Straßenkämpfer-Simulator mit klassischen Tycoon- und Management-Komponenten. Ich schicke Dolph zur Arbeit, damit er Geld verdient, mit dem er sich Nahrung und Training leisten kann. Im Studio weise ich ihm Geräte zu, um gezielt Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer voran zu bringen. Denn je höher ich diese Werte levele, desto effektiver erweist sich Dolph im Kampf. Die Kämpfe gehen automatisiert vonstatten, können jedoch durch das Einsetzen bestimmter Fähigkeiten und Strategien, die sich nach und nach erwerben lassen, beeinflusst werden. Ein Talentbaum ist ein Talentbaum ist ein Talentbaum.
Punch Club trägt seine zahlreichen Referenzen stolz vor sich her. Apu hier, Jay und Silent Bob dort. Das wird manche verzücken, ich wurde dem aber recht schnell überdrüssig, da die Spielwelt kaum Abwechslung bietet und mir spätestens nach dem 20. Besuch im Supermarkt die Pixelpizza aus den den Ohren quoll. Die meiste Zeit bin ich mit Training, Nahrungsaufnahme und Schlafen beschäftigt. Dann wird gekämpft, und wenn ich mag, kann ich mich zwischenzeitlich auf die Suche nach fünf Blumen begeben, um das Herz einer Dame zu erobern. Naja.
Trotz aller Plumpheit und der sich ständig wiederholenden Szenarien, juckt es mich ein wenig in den Fingern, Punch Club erneut zu starten. Nur noch ein paar Eisen stemmen, nur noch eine Fähigkeit im Talentbaum freischalten, nur noch ein oder zwei Plätze in der Rangliste aufsteigen. Und, ja, verdammt, meinetwegen flirte ich nebenher auch noch mit Adrian, fahre Pizza aus und schufte auf dem Bau, um diese blöde Hantelbank kaufen und in die Garage stellen zu können. Und, okay, wenn ich schon mal da bin, kann ich auch gleich an einem illegalen Untergrundkampf teilnehmen und die Spur zum Mörder meines Vater aufnehmen. Der hat mich nämlich gelehrt, mich weder vor einem Faustkampf noch vor repetitivem Spieldesign zu drücken.
Punch Club befindet sich in der geschlossenen Betaphase und soll im ersten Quartal 2016 für Windows, Mac und iOS erscheinen. Ich spielte die Version 0.9 (Windows).