Blast from the Past: Tennis Manager
Tennis Manager war kein Spiel, über das man auf dem Schulhof sprach. Laut Startbildschirm wurde es von einem gewissen Thorsten Wölki in Basic entwickelt und fand seinen Weg aus unerfindlichen Gründen in meine Diskettenbox. Obwohl besagte Box unglaublich vielen Schätzen Schutz bot, gehörte Tennis Manager zu meinen absoluten Favoriten. Tatsächlich glaube ich, mit keinem anderen Spiel jemals so viele Stunden verbracht zu haben. Mit Ausnahme von World of Warcraft vielleicht, aber das ist eine andere Geschichte.
Meistens spielte ich Tennis Manager gemeinsam mit meinem Freund Daniel, der wie ich auch im Tischtennis- und später im Tennisverein war. Wir hatten beide viel Freude an Computerspielen und an Tennis — Tennis Manager bot also die perfekte Gelegenheit, gemeinsame Interessen vor dem Bildschirm zu zelebrieren. Das Spiel stammt aus dem Jahr 1986, exzessiv spielten wir es jedoch erst gegen Ende der Achtziger zu Beginn der Neunziger Jahre. Die erste Hürde bot die Wahl des Schützlings, denn erstens waren einige der aufgelisteten Spieler gar nicht mehr im Tennis-Zirkus aktiv und zweitens fehlte es dem spärlichen Rest an Coolness, die in dem Alter von mehr Wert war als etwaige sportliche Erfolge. So konnte ich Boris Becker beispielsweise nie gut leiden, obwohl er gemeinhin als deutsches Tenniswunder galt.
Während man in Tennis Manager also gegen Idole wie John McEnroe, Jimmy Connors und Björn Borg antrat, durfte man sich um die Karrieren von Hansjörg Schwaier, Ricki Osterthun oder Wolfgang Popp kümmern. Prima. In der Regel entschied ich mich dann für das Mauerblümchen Eric Jelen, der trotz gewisser Erfolge bei meiner Generation nicht punkten konnte, da er ungefähr so cool war wie eine Bockwurst im Hochofen. Und in etwa auch so aussah. Letztlich trank ich mir den Kerl dann mit Caprisonne einfach schön und cool und verwegen.
Nach der Auswahl der Spieler landete man im spärlichen Hauptmenü.
Dort konnte man wählen zwischen der Weltrangliste, dem Trainingslager, dem Bankkonto und Werbung. Letzteres bezog sich auf Werbeverträge, von denen man pro Saison maximal fünf abschließen konnte und abhängig vom Weltranglistenplatz mehr oder weniger Geld einbrachten. Die wichtige Station war jedoch das Trainingslager, da die dortigen Werte schließlich maßgeblich über Erfolg und Misserfolg entschieden. Nach etlichen Stunden Tennis Manager waren es aber auch Eingaben, die man irgendwann im Schlaf vornehmen konnte, da keinerlei unerwartete Aktionen oder Einbrüche stattfanden. Je Runde standen zehn Punkte zur Verfügung, die man frei verteilen konnte. Langweilige Routine.
Bis dahin war Tennis Manager eine recht emotionslose Veranstaltung, doch im nächsten Schritt folgte das Turnier mit den jeweiligen Spielpaarungen. In der ersten Runde gegen John McEnroe? “Ohje, der wird mich unangespitzt in den Hoden rammen.“, sagte ich vermutlich nie, entspricht aber ungefähr der Denkweise meines jugendlichen Ichs. Das Schöne bei Tennis Manager war jedoch, dass alles möglich war, schließlich handelte es sich nur um ein digitales Würfelspiel und mit viel, viel Glück und motivierenden Rufen gen Monitor ließe sich das Treiben womöglich beeinflussen. Die Anspannung stieg. Zögerlich übte ich etwas Druck auf die Leertaste aus und Tennis Manager offenbarte sein Herzstück: die Spielsequenz. Im Sekundentakt wurden die gespielten Sätze dargestellt, d.h. ein Spiel dauerte drei bis maximal zehn Sekunden. In dieser kurzen Zeit rutschte das Herz schon mal in die Hose. Oder im Falle einer klaren Niederlage der temporär zu kurz geratene Hoseninhalt von Jelen in mein Vokabular.
“Du hässlicher, kleinschwänziger Kackhaufen!“, brüllte ich vermutlich nie, entspricht aber durchaus dem Wutpotenzial meines pubertierenden Ichs. Ab hier wiederholte sich Tennis Manager eigentlich immer wieder. Mit dem Unterschied, dass mit der Zeit immer mehr Matches gewonnen wurden und man unaufhaltsam die Weltrangliste empor stieg. Sowohl das Sieges- als auch das Bankkonto wiesen irgendwann beachtliche Erfolge auf, ohne dass man etwas falsch hätte machen können. So zog es sich dann hin — von Turnier zu Turnier, von Saison zu Saison. Stunden später, wenn man dann schon eine gewisse Zeit den Weltranglistenthron verteidigte oder die zum Start festgelegte Spielzeit in Jahren erreicht wurde, hing man den Schläger an den Nagel und blickte auf eine turbulente Karriere zurück.
Ein wichtiger Spaßgarant war natürlich die Mehrspielerkomponente. Allein schon deswegen, weil man im späteren Spielverlauf unweigerlich aufeinander traf und spannende Matches austrug. Am Ende des Tages oder der Nacht gab es aber eigentlich keinen Verlierer, da das gemeinsame Erlebnis so oder so als Gewinn verbucht wurde.
Danke, Thorsten Wölki — wer und wo auch immer du jetzt sein magst.
In der Serie Blast from the Past berichten Superlevel-Autorinnen und -Autoren über prägende Spiele und Spielerlebnisse aus der Kindheit und Jugend. Wir freuen uns über einen regen Erinnerungsaustausch in den Kommentaren.