"Duchess Nukem" für (bionische) Arme.
Na, Bock, den albernen Anfang von Saints Row 4 noch einmal aus isometrischer Perspektive nachzuspielen? Ich auch nicht, aber dem sogenannten Action-Rollenspiel Bombshell ist das herzlich egal. Alien-Invasion am 4. Juli im Vorgarten des Weißen Hauses, Söldnerin mit Roboter-Arm und doppeldeutigem Spitznamen soll Präsidenten retten – nimm das hier mal nicht alles so ernst, soll mir das wohl sagen. Habe ich mir aber auch schon gedacht, als das 3D Realms-Logo aufploppte und dieses noch immer nach dem getrockneten Urin von Duke Nukems letzter Kleintat roch. Na dann, Schulterzucken und durch.
Huch, ich bin ja gar nicht mehr auf der Erde. Das Weiße Haus war nur das Tutorial und der Präsident wurde anscheinend entführt und darum bin ich jetzt auf einem Vulkan-Planeten und knalle dort weiter die außerirdischen Invasoren ab. Das ist ja wie beim Frauentausch hier, nur dass man die andere Familie halt aus dem Leben schießt statt bei ihr zu putzen (wobei ich jetzt nicht ausschließen kann, dass sowas bei RTL2 nicht auch schon vorgekommen ist). Wenn ich es bei der Spieleinführung vielleicht noch nicht so recht realisieren wollte, lässt diese an frühe PS3-Zeiten erinnernde Flammenhölle jedenfalls keine Zweifel mehr daran, wie kacke und mühselig die nächsten Stunden mit dem Spiel für mich werden sollen. Die Kämpfe sind zäh und monoton, es gibt vorerst nur 3-4 verschiedene Gegnertypen und das zur Verfügung stehende Arsenal ist im Design zwar lächerlich überzeichnet, fühlt sich aber an als ob man mit Knallerbsen auf die Anden drischt.
Aber hey, ein Action-Rollenspiel lebt ja letztlich auch von seiner süchtig machenden Beute und der motivierenden Charakterentwicklung! Im letzten Satz befanden sich zwei stille Seufzer, denn beides ist nicht oder nur sehr rudimentär in Bombshell vorhanden. Aufsammeln kann man lediglich Munition und Medikits, sowie außerirdisches Geld, mit dem man seinen Waffen unterwegs Erweiterungen oder noch mehr Munition kaufen kann. Der überdimensionierte Revolver muss also irgendwo einen Münzschlitz haben, der nur Fremdwährung akzeptiert. Videospiellogik. Ein drittes Seufzen.
Die Erfahrungspunkte, die es durchaus gibt, dienen dann zur Verbesserung von Werten wie Gesundheit oder wie viel Aua man austeilt. Coole, neue Fertigkeiten oder Spezialisierungen, wie für das Genre üblich, sind leider nicht vorgesehen. Deshalb spielt sich Bombshell auch eher so abgestumpft und ziellos wie Hatred, dessen dämliche Hinrichtungsaktionen auch hier implementiert wurden. Diese unterbrechen für ein paar Erfahrungspunkte extra unnötig den Spielfluss, der auch ohne diesen Blödsinn schon eher der Este als der Elbe gleicht, und lassen vermuten, dass ein traditioneller Third-Person-Shooter vielleicht das geeignetere Genre für solch einen Mumpitz gewesen wäre.
Ein Raketenwerfer, der P.M.S. heißt. Was macht Ingo Appelt eigentlich heute?
Aber wie eingangs erwähnt, soll das alles gar nicht so ernst genommen werden, denn das Spiel selbst ist ja auch ein fortwährendes Augenzwinkern. Spaßige Tatsache: Die Hauptfigur Shelly “Bombshell” Harrison sollte einst eine Nebenrolle im ersten Abenteuer des Dukes spielen und spuckt dementsprechend ähnlich fremdschämig-ironische Einzeiler wie ihr männliches Gegenmiststück aus ihrem verdorbenen Mundwerk.
Leider hakt es bei diesen an Vielfalt und Kontext, denn wenn ich innerhalb einer halben Stunden sechsmal den ultraunlustigen Witz mit den Außerirdischen und den Glühbirnen hören darf, muss ich danach meine Ohren mit 90er-Jahre-Kirmestechno reinwaschen, um zumindest einen Teil meines schwindenden Verstandes wiederherzustellen. Genauso doof ist es, grünschleimig-zerspritzenden Alien-Käfern hinterherzurufen, sie seien das Metall nicht wert, aus dem sie gemacht sind. Oder auf Lichtjahre entfernten Planeten noch immer über die Aliens im Weißen Haus zu referieren.
Bombshell ist das dümmste Spiel, das mir seit längerer Zeit untergekommen ist. Es ist konzeptionell rückwärtsgewandt und fehlgeleitet. Es klatscht den antiquarischen Macho-Humor eines Duke Nukems eins zu eins auf seine blassbleibende Heldin, die dadurch noch stumpfer wirkt als der Nachname von James Blunt und verweigert sich schlussendlich sämtlichen Spielmechaniken, die das selbstgewählte Genre interessant machen. Wenn daraufhin selbst das Backtracking nicht mehr weiter auffällt, weil eh alles gleich aussieht, wenn Boss-Gegner starr verharren, solange man nicht zu nah an sie herantritt und wenn sogar Programmabstürze eher einer Erlösung als einem Ärgernis gleichkommen, dann hat ein Spiel so ziemlich alles falsch gemacht, was es falsch machen kann. Bleibt immerhin der schwache Trost, dass für dieses niederschmetternde Ergebnis nicht abermals 12 Jahre Entwicklungszeit draufgegangen sind.