Double Hitler: Gemeinsame Spitze

Double Hitler

Als im Jahre 1873 Alois Schicklgruber seinen Nachnamen aufgrund einer Erbschaftsbedingung in Hitler umändern ließ, ahnte er vermutlich nicht, durch welch bedauernswerte historischen Ereignisse dieser einmal um die Welt gehen würde. In Damian Schloters Double Hitler wird das Leben seines berüchtigten Sohnes Adolf um eine Wendung bereichert, die ihm eine absurde Komik verleiht, ohne es dabei ins Lächerliche zu ziehen. Es ist die Geschichte zweier junger Brüder, deren Liebe zur Malerei sie zu einer unfassbar plumpen Täuschung verleitet, deren erfolgreiche Aufrechterhaltung immer drastischere Konsequenzen nach sich zieht.

Um an der berühmten Wiener Kunstakademie angenommen zu werden, geben sich die beiden Jünglinge als erwachsener Bewerber aus, indem sie sich aufeinander türmen und ihren doppelten Hüftschwung mehr oder minder gekonnt unter einem viel zu weiten Mantel verstecken. Dazu ein angeschminkter Schnurrbart und fertig ist eine Verkleidung, die auch Tick, Trick und Track schon in ihren alten Comics mit verblüffender Effizienz einzusetzen vermochten. Das Spiel selbst startet mit der Aufnahmeprüfung, bei der die anfänglichen Versuche, überhaupt erstmal an die Leinwand heranzutreten, an die obskuren Fortbewegungsbemühungen in QWOP erinnern. Hat man es schließlich geschafft, gilt es, die vorgezeichneten Motive möglichst originalgetreu nachzuziehen. Dies gelingt mir nicht einmal im Ansatz, aber die sehr kulante Abnahme meiner Malverbrechen erlaubt mir dennoch das Vorankommen. Wenig verwundert erhalte ich schließlich die Absage der Akademie, was im Resultat bei den beiden Jungs aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen den unbändigen Willen weckt, zum mächtigsten Erwachsenen der Welt aufzusteigen.

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In der Folge wird man von einem Offizier in die hohe Kunst der Massenbegeisterung eingeweiht. Diese besteht im Grunde nur aus ähnlich stumpfwedelnden Armbewegungen, wie man sie auch aus alten Fun-Factory-Musikvideos kennt. Aber wenn die Dumpfbacken einem bis hierhin die alberne Kostümierung abgekauft haben, reicht diese Form der Dance-Propaganda wohl tatsächlich aus, um sie endgültig von dem Streben nach Weltherrschaft zu überzeugen. Diese soll natürlich militärisch erreicht werden, was die Einzeichnung der Gefechtstaktik auf einer Karte erfordert. Zu diesem Zeitpunkt verwandelt sich Double Hitler in das nostalgisch-schöne “Der heiße Draht”, weil man ohne Mauern und Hindernisse zu berühren, einen ununterbrochenen Strich quer über immer vertrackter werdendes Kartenmaterial ziehen muss. Bei dem dritten Einsatz verliere ich schließlich die Geduld und lasse meine Tarnung auffliegen.

Zu diesem Zeitpunkt steht die Welt schon in Flammen und die zwei österreichischen Jungs sind tatsächlich der mächtigste Erwachsene der Welt geworden. Ihre späte Entlarvung, sie gleicht der ihres realen Vorbilds. Und am Ende verrät sie mehr über die Getäuschten als über die Täuscher selbst. Double Hitler wirkt dadurch nicht mehr ganz so absurd wie seine eigentliche Prämisse und beseitigt meine Befürchtung, dass der historisch belastete Name einer rein plakativen Wirkung geschuldet ist. Die Schicklgruber-Brüder stellen jedenfalls Max und Moritz in jeder Hinsicht in den Schatten, wenn es um die Folgen ihres doch ursprünglich so harmlosen Lausbubenstreichs geht.