Artist Survival Simulator: Überleben als Kunstform

Artist Survival Simulator

Kaum ein anderes Berufsbild steht so sehr für bedingungslose Selbstverwirklichung wie das des freien Künstlers. In den Köpfen vieler junger Studenten bedeutet es, Werke zu schaffen, die der eigenen Persönlichkeit oder eigenen Gedanken Ausdruck verleihen und die so bedeutsam sind, dass sie die Zeiten überdauern, gleichzeitig ein unabhängiges Leben zu führen und sich mit interessanten Menschen zu umgeben. Die Realität sieht meist leider anders aus: frustrierend und brotlos. Mit seinem Artist Survival Simulator will der Entwickler und Kulturtheoretiker Gabriel Widing daher ein realistisches Bild vom Künstlerdasein zeichnen.

Als jungem, freischaffendem Künstler stehen dem Spieler nach dem Studium Ersparnisse in Höhe von 5.000 Euro zur Verfügung, wobei die Lebenshaltungskosten pro Monat 1.000 Euro betragen. Wer neue Kunst schafft, kann nicht der Lohnarbeit nachgehen, verliert also Geld. Wer arbeitet, kann nicht künstlerisch tätig sein und verliert außerdem nach und nach seine Inspiration. Wirkliche Inspiration kommt nur von längeren Reisen, die allerdings jede Menge Geld kosten. Die Beantragung finanzieller Unterstützung bei einer Stiftung oder beim Staat ist möglich, kostet aber Zeit und wird auch nur dann gewährt, wenn bereits beachtliche Werke vorzeigbar sind. In seinen Mechaniken bildet das Spiel den Teufelskreis des Künstlerlebens ab.

Artist Survival Simulator

Widing schafft es mit dem Artist Survival Simulator tatsächlich, dass ich mir die Frage stelle, ob ein Leben als freischaffender Künstler überhaupt planbar ist. Zu schwierig scheinen mir die eigentlich noch sehr großzügig kalkulierten Startbedingungen, zu unberechenbar die Entwicklung meiner Inspiration. Ob ein Werk für gut und wertvoll befunden wird, ist bei jungen Künstlern indes allzu sehr von der Existenz eines Gönners oder Entdeckers abhängig. Allerdings: Die Hoffnung bleibt und das Spiel lässt mich herumexperimentieren, ob ein Dasein als Künstler nicht vielleicht doch irgendwie in geregelten Bahnen möglich ist. Aufgrund seiner Simplizität beantwortet es diese Frage letztlich jedoch nicht.

Leider blendet der Entwickler darüber hinaus einen entscheidenden Faktor des Künstlerlebens gänzlich aus: Die Kunst selbst. Kunstwerke werden beschrieben als zeitlose Installationen, brillante Konzeptkunst oder experimentelle Performance-Projekte. Ein Gesicht bekommen sie so nicht – der Künstler und seine Kunst haben im Artist Survival Simulator keine Identität, im Vordergrund stehen finanzielle Fragen. Vermutlich ist das aber Absicht. Schließlich gehts ums Überleben.