Geometry Wars 3: Dimensions

Die Konzeptionsphase von Geometry Wars 3: Dimensions, dem bereits zweiten echten Nachfolger des Twinstick-Shooter-Überspiels Geometry Wars: Retro Evolved, dürfte von einer ähnlichen Fragestellung geplagt worden sein, mit der sich schon vor über 20 Jahren die Leipziger Grindcore-Kombo Die Prinzen konfrontiert sah. Grübelte der falsche Adel noch darüber, was er dem Girl schenken soll, das bereits alles zu haben scheint, sollte das noch recht junge Entwicklerstudio von Lucid Games einen Weg finden, ein eigentlich bereits perfektes Spielprinzip noch besser zu machen. Doch was kann man einer Reihe noch hinzufügen, die spätestens mit dem zweiten Ableger gar keine Wünsche mehr offen gelassen hatte?

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Zunächst einmal muss natürlich das ursprüngliche, an Ataris Klassiker Asteroids erinnernde Gameplay konserviert und aufgehübscht werden. Mit einem kleinen Raumschiff schießt man also abermals in einem Rechteck auf allerlei geometrische Formen und Figuren, die von Quadern über Pyramiden bis hin zu Cosinüssen reichen, wenn man nur lange genug den gegnerischen Wellen standhält. Diese hinterlassen nach dem Abschuss kleine, grüne Splitter, von denen man möglichst viele aufsammeln sollte, um den eigenen Multiplikator in ungeahnte Höhen schießen zu lassen. Jedwede Kollision sollte dabei vermieden werden, sonst ist, je nach gewähltem Modus, nicht nur der Highscore futsch, sondern gleich die ganze Runde vorbei. Diese simple Grundidee ist ungebrochen motivierend und bildet das Herzstück des Spiels, dessen Optik in dieser Iteration deutlich plastischer und moderner daher kommt. Das Wörtchen Retro ist schließlich nicht umsonst aus dem Titel verschwunden.

Ersetzt wurde es mit dem Hinweis darauf, dass die bisherigen zwei Dimensionen wohl mindestens eine zu wenig seien. Geometry Wars 3D, pardon, Geometry Wars 3: Dimensions führt unter dieser Prämisse allerlei neue Levelstrukturen ein, die das starre Korsett des zweidimensionalen Rechtecks durchbrechen und ein ganz neues Spielgefühl ermöglichen. Mal gleitet man über einen Würfel, fliegt an einer Kugel entlang oder irrlichtert auf einem texturlosen Stück von Meicas Mini-Wini-Würstchenkette. Die Übersicht ist hier noch mieser als in dem eh schon chaotischen Lichtermeer des Grundspiels, da man nicht mehr alle erscheinenden Gegner im Blick behalten kann. Zwar sind die neuen Level eine willkommene Abwechslung und erinnern an das ebenfalls tolle Super Stardust Delta, doch habe ich nach kurzer Zeit das dringende Bedürfnis, mich wieder in das gewohnte 2D-Umfeld verkriechen zu wollen. Auch, weil die generische Elektromucke dort nicht noch mit Ansagen garniert wird, die so klingen, als hätte sie Alex Christensen während der Aufnahmesessions für Das Boot eingesprochen. So ganz will das alles nicht recht zusammenpassen.

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Das liegt nicht zuletzt daran, dass die klassischen Arcade-Modi allesamt auf den 3D-Aspekt verzichten. Dieser kommt nur im neuen Abenteuermodus zum Tragen, der in seiner Gesamtheit endgültig mit den minimalistischen Wurzeln der Serie bricht. Mit einem Auflevelsystem, freischaltbaren Upgrades, Bossgegnern und dem Sternesammelquatsch, den man von mobilen Spielen à la Angry Birds kennt, wird versucht, das Kernspiel zusätzlich zu gamifizieren, was der reduzierten Natur des Titels vollkommen widerspricht. Im Prinzip wäre dieser Modus eine gute Gelegenheit, neue Spielerinnen und Spieler mit den elementaren Mechaniken vertraut zu machen, doch findet stattdessen eine Entfremdung von diesen statt, indem lauter Funktionen und Level eingebaut wurden, die in den traditionellen Modi nicht enthalten sind. Dass die unterstützende Drohne, die einem zur Seite gestellt wird, in der Hektik des Geschehens auch leicht mit einem feindlichen Flugobjekt verwechselt werden kann, macht die ganze Sache auch nicht besser. Wenn man den Abenteuermodus jedoch einfach als Beigabe zu den altbekannten Variationen sieht, kann man die unschlüssigen Designentscheidungen durchaus verschmerzen und dank der gestiegenen Vielfalt die eigenen Routinen aufbrechen.

Fast zeitgleich zur Veröffentlichung von Geometry Wars 3 ist auch eine neue Version von Tetris erschienen. Ein Spiel, dessen Weiterentwicklung ähnliche Schwierigkeiten aufweist, weil es schlichtweg nicht zu verbessern ist. Dass es dennoch immer wieder versucht wird, mag mehr einer marktwirtschaftlichen als einer künstlerischen Logik geschuldet sein, es sichert aber auch das Überleben solcher zeitlos begeisternden Titel, von denen das Medium nun wirklich nicht besonders viele vorweisen kann. Und das Schöne ist doch, dass auch gescheiterte Bemühungen der Modernisierung einem vor Augen führen können, wie großartig ein Werk in seiner Quintessenz ist. Bei einer gemeinsamen Nacht, die auch Die Prinzen am Ende ihrer Angeschmachteten schenkten, ist es bei Dimensions und mir deshalb auch nicht geblieben. Aber man muss ja dennoch nicht gleich ans Heiraten denken.