I Am Level

Nichts an I Am Level verführt mich dazu, mir in diesem Moment irgendeine schöne Einleitung auszudenken. Kein Wunder: Der Entwickler selbst weist mich in den ersten Sekunden des Spiels darauf hin, dass er zwar wisse, dass es inzwischen viele Spiele gibt, die Geschichten mit Tiefgang und lehrreiche Anekdoten über uns selbst enthalten, dass I Am Level aber keines dieser Spiele sei. Glaub’ ich sofort. Stattdessen ist das Spiel eine geradezu unverschämte Mischung aus LocoRoco, einer beliebigen Pinball-Simulation und Metroid. Und es enthält keine skandalöse Folterszene. Wer will sowas also bitte spielen?

Ich! Nach einigen Sekunden der Abscheu über die dreiste Hipsterhaftigkeit, mit der mir Entwickler Stew Hogarth dieses heftig ungewohnte Spiel zumutet, gewöhne ich mich nämlich daran, dass ich eigentlich nur das Level von rechts nach links kippe und Flipperfunktionen bediene. Die Physik funktioniert erstaunlich gut, ist nur hier und da ein wenig schwerfällig – wie bei LocoRoco eben. Die Flipperfunktionen machen auch Spaß, erzeugen nur nicht das Gefühl eines wirklich physikalisch vorhandenen Flippers, wie Flippersimulatoren eben. Und wenn ich an verschiedenen Checkpoints neue Levelabschnitte freischalte, zu denen ich dann zurückkehren muss, fühlt sich das bisweilen ein wenig wie gestreckte Spielzeit an – wie bei Metroid eben.

Ich, als von AAA-Titeln verwöhnter Videospiel-Choleriker, sollte eigentlich gar nicht das Recht haben, Entwicklern sowas wie I Am Level übel zu nehmen. Viele aktuelle Top-Spiele ziehen ihren Reiz nicht unbedingt aus der Vollkommenheit ihrer Bestandteile, sondern aus ihrem eleganten Zusammenspiel. GTA funktioniert als Rennspiel mittelmäßig, ist als Shooter eine halbe Katastrophe und macht als Action-Adventure nur eine gerade so gute Figur, wie die Spielfigur spektakulär von einer Klippe fallen kann. Das Gesamtpaket fesselt trotzdem locker für 30 bis 40 Stunden.

I Am Level ist als Konglomerat aus diversen, komplett gegensätzlichen Genres deshalb eben gerade schätzenswert, zumal der Entwickler die einzelnen Bestandteile äußerst gekonnt verbindet. Insgeheim wünsche ich mir für die Zukunft ja mehr davon. Ich will die Golfsimulation, bei der ich zwischendurch in den Wasserhindernissen nach Schätzen tauchen kann, ich will das Wrestlingspiel mit Rundentaktik-Elementen. Und irgendwie mochte ich auch Mass Effect, den Deckungsshooter mit Dating-Sim!