Kickstarter Fundgrube: Divinity: Original Sin, The Big Blue, Consortium, Planet Explorers

Nachdem nun letzte Woche das Projekt Torment: Tides of Numenera mit überwältigendem Erfolg abgeschlossen wurde, wende ich mich dieses Mal wieder den kleineren Projekten zu. Die ursprüngliche Idee von Kickstarter war es ja, eine Plattform für all jene zu sein, die eben keine großen und bekannten Namen im Rücken haben.

Auch wenn große Projekte immer viel Begeisterung generieren, sind es doch die kleineren, die vielleicht mal etwas Neues ausprobieren wollen, die oft am interessantesten erscheinen. Dies gilt nicht nur im Feld der herkömmlichen PC- und Konsolentitel, sondern auch in den neueren Bereichen der Mobilegames und sogar der Hardware selbst. Trotzdem hängt der Erfolg dieser Projekte nicht nur an der Originalität der Idee, sondern auch an der richtigen Präsentation und der realistischen Zielsetzung.

Divinity: Original Sin

Mit Divinity: Original Sin wenden sich die Macher der Divinity Serie an Kickstarter mit dem Vorhaben, ihr Traumrollenspiel finanziert zu bekommen — in der Hoffnung, dass auch unser Traumrollenspiel dabei herauskommt.

Das Entwicklerstudio LLC, manchen vielleicht bekannt als die Macher der Divinity Serie, haben sich in 2010 selbstständig gemacht und wollen einen neuen Divinity-Titel als erstes Spiel ihres Indiedaseins herausbringen.

Geplant ist hier ein umfangreiches Rollenspiel in der Welt der Vorgänger, in isometrischer Perspektive, rundenbasiert und mit einer steuerbaren Heldengruppe. In den Kämpfen soll es vor allem um das taktische Kombinieren von Gegenständen, Fähigkeiten und Manövern gehen, die intelligente Planung erfordern sollen. Hier finden wir alle traditionellen Elemente der Rundentaktik wieder, mit Aktionspunkten, Initiative, Gelegenheitsangriffen und dergleichen. Dabei darf auch die Ausrüstungsbeute nicht fehlen, die durch das Kombinieren von Gegenständen ein rudimentäres Crafting bietet. Die ebenfalls rollenspieltypische Charakterentwicklung erfolgt durch ein klassenloses Fähigkeitensystem, das die Anpassung der Charaktere an den eigenen Spielstil ermöglichen soll. Es wird auch eine Mehrspielerkomponente geben, in der die Mitspieler unabhängig agieren, kooperieren oder durch ein eigenes System Meinungsverschiedenheiten austragen können. Ein weiterer interessanter Aspekt ist der geplante Editor, in dem jeder eigene Abenteuer bauen und mit Freunden teilen kann.

Nachfrage für dieses Projekt scheint auf jeden Fall zu bestehen, da das Ziel in weniger als zwei Wochen erreicht wurde. Es stehen aber noch Stretchgoals aus, die die Welt und die Charaktere erweitern sollen.

The Big Blue

The Big Blue: Das Meer ist tief, das Meer ist blau, im Wasser schwimmt ein… Drache?

Die Entwickler von Ecco the Dolphin bleiben ihren Themen treu und planen mit diesem Projekt ein Action-Adventure, das viele Millionen Jahre in der Zukunft und tief unter Wasser spielen soll. Nach dem Aussterben der Menschheit hat die Meeresbiologie einen evolutionären Schub bekommen und es tummeln sich hier zahlreiche neue Kreaturen, von Wasserdrachen bis zu anorganischen Wesen aus Plastik. Es wird darum gehen, das Meer zu erkunden, zu gestalten und zu bevölkern, dabei Missionen zu erledigen und Rätsel zu lösen. Die diversen Meeresbewohner sind entweder einzeln oder in Schwärmen kontrollierbar und ein Sammelsystem wird den Handel mit gefundenen Kreaturen ermöglichen.
Besonders viel Wert wird auf die audiovisuelle Präsentation gelegt. Ein eigenes Soundsystem soll den Fluss der Musik im Kontext der Spieleraktionen bestimmen und eine eigene KI soll Schwarmverhalten glaubwürdig machen. Inhaltlich möchte sich das Spiel mit diversen ökologischen Themen wie Klimawandel, Artensterben und Evolution auseinandersetzen.

Leider hat sich der Entwickler hier ein sehr hohes Ziel gesetzt für ein Projekt, das die Nische derer anspricht, die entweder das Meer sehr viel lieber mögen als vielleicht ratsam ist oder ein großes Herz für Experimente haben. Es gibt einen sehr minimalistischen Prototypen, in dem man zumindest sehen kann, wie das Ganze aussehen und klingen soll.

Consortium

Consortium soll ein neuartiges Rollenspiel rund um Entscheidungen, Interaktion und den Kampf gegen die vierte Wand werden.

Auf ersten Blick handelt es sich hier um ein recht herkömmliches Rollenspiel im Egoshooterformat, in dem es zentral um Entscheidungen, Interaktion mit Charakteren und das übliche Ausrüstungsgefummel gehen soll. Alle Entscheidungen sollen ihre Konsequenzen haben und den Verlauf der Geschichte beeinflussen, die in einerzukünftigen Welt spielt, in der alles recht rosig aussieht, bis ein Mord und politische Verschwörungen alles aus dem Gleichgewicht bringen. Als Spieler sollen wir nun sowohl einen Polizisten spielen, der der Unruhe auf den Grund geht, als auch uns selber, wie wir vor dem Rechner sitzen und den Polizisten steuern.

Das Projekt verspricht hier große Entscheidungsfreiheit in allen Aktionen und wir können uns den Einwohnern sogar als Spieler zu erkennen geben, was vermutlich interessante Reaktionen auslösen dürfte. Gegner und Gesprächspartner sollen eine abwechslungsreiche KI haben, die verschiedene Persönlichkeiten darstellt, was unterschiedliche Taktiken erfordern soll, Freunde zu gewinnen und Feinde dazu veranlassen kann, zu flüchten, sich zu ergeben oder mal mehr, mal weniger aggressiv vorzugehen.

Alles in allem finden sich hier ein paar interessante Ideen, auch wenn das Herumspielen mit der vierten Wand immer eine Gratwanderung zwischen potenziell lustig und potenziell albern ist. Das Unterstützungsziel ist aber bereits erreicht, was für Freunde narrativer Experimente eine gute Nachricht sein könnte.

Planet Explorers

In Planet Explorers sollen wir einen fremden Planeten besiedeln, der riesige Landschaften, viele Feinde und einen ganzen Sandkasten voll mit Voxeln beherbergt.

Als Kolonisten sind wir hier auf einem Planeten notgelandet und müssen nun in der feindlichen Umgebung ein neues Zuhause errichten. Hierzu werden wir die voxelgrafische Landschaft nach Ressourcen umgraben, die wir dann mit Bauplänen kombinieren um die verschiedensten Dinge wie Waffen, Fahrzeuge und ganze Siedlungen herstellen zu können. Im spielinternen Editor sollen dabei die Spieler sogar ihre eigenen Gegenstände für ihr neues Heim entwerfen können. Außerdem hat der Planet auch Ureinwohner, mit denen man sich kämpferisch oder diplomatisch auseinandersetzen muss. Insgesammt soll das Spiel einen möglichst offenen Sandkasten bieten, der aber auch eine questgetriebene Story mit echtem Ende beinhaltet.

Eine Besonderheit dieses Projektes sind die alternativen verschiedenen Spielmodi. Im Abenteuermodus erkunden wir eine prozedural generierte Welt mit Zufallsmissionen und im Baumodus können wir uns ohne Feinde aber mit unendlich Material die Traumstadt bauen. Auch Mehrspielermodi soll es geben, in dem sowohl einen Koopmodus als auch verschiedene Versusmodi vorkommt.

DUO: DIY 3D Sensor

DUO ist ein Projekt zur Erfindung und Vertrieb eines präzisen 3D-Sensors, der auch noch als DIY-Kit erhältlich sein soll.

Das geplante DUO-Gerät soll mit geringen Kosten einen 3D-Sensor liefern, der Handbewegungen oder Gegenstände im Raum aufnimmt, an den Computer weitergibt und der mit diversen Programmen nutzbar ist. Ob man nun einen Controller für Spiele haben will oder ein Werkzeug für digitale Kunstwerke oder einfach nur eine neue Steuerungsmöglichkeit für den Rechner, steht jedem frei. Darüber hinaus soll er auch leicht zu bauen und zu verwenden sein und daher jedem Interessierten Zugang zu der Technologie verschaffen.

Das fertige Gerät wird in verschiedenen Versionen erscheinen — von Hardwareplänen für Hobbybastler bis zu einem Bauteilkasten mit verschraubbaren Komponenten, beides natürlich mit der entsprechenden Software. Der Sensor selbst sieht in der Theorie zumindest schon recht eindrucksvoll aus und könnte potenziell eine spaßige neue Art sein, mit dem Computer zu interagieren.

Das Projekt gehört zu jenen, die mit Erfolg oder Misserfolg eine deutliche Botschaft über den Bedarf nach solchen Geräten erhalten. Es ist allemal ein theoretisch interessanter Ansatz, aber die praktische Anwendung wird noch zu testen sein.

Bloom: Memories

Bloom wird ein stark künstlerisch orientiertes Abenteuer um das zentrale Thema einer Mutter-Kind-Beziehung.

Spielerisch wird das ganze ein Rollenspiel mit starkem Fokus auf der Erkundung der Welt und der Rätsel werden. Das Kampfsystem soll großen Wert auf Spielfluss legen und im Sinne der Geschichte stark defensiv ausfallen, sodass es mehr um den geschickten Einsatz von Fähigkeiten und der Mustererkennung im Feindverhalten als um bloßes draufschlagen gehen wird. Die Geschichte wird in diesem Spiel besonders hervorgehoben. Die Spielwelt ist von korrumpierten, maschinenhaften Wesen bedroht, von denen sich eines dadurch von der Masse unterscheidet, dass sie ein Kind zur Welt bringt. Nun müssen Mutter und Kind gemeinsam die Welt retten und ihre Beziehung soll dabei ihre stärkste Waffe sein.
Betont wird dabei der Stellenwert der visuellen Gestaltung, die tatsächlich eine recht surreale Welt mit neuartigen und interessant gestalteten Einwohnern zu erschaffen scheint.

Dies ist eines dieser Nischenprojekte, die zwar kein hohes, aber vielleicht doch ein zu hohes Ziel haben. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Trotzdem ist es durchaus noch im Rahmen des Möglichen, dass sich noch genug Fürsprecher eigenwilliger Kunststile finden.

Gewinner, Verlierer, lobende Erwähnungen

Der wohl größte Gewinner dieser Runde ist Torment: Tides of Numenera. Der Erfolg ist wenig überraschend, aber das Ausmaß der Begeisterung kam doch unerwartet. Das letzte Stretchgoal von 4,5 Millionen Dollar ist zwar noch nicht erreicht, aber es werden noch Unterstützer via Paypal angenommen. Das Spiel verspricht sehr umfangreich zu werden, wird aber auch mit entsprechend hohen Erwartungen zu kämpfen haben.

Auch erfolgreich abgeschlossen wurde Shovel Knight, das recht gut übers Ziel hinausgeschossen ist und nun eine Rückkehr zu den (guten) alten 8-Bit-Zeiten verspricht, sodass wir auch jetzt noch springen, ausweichen, Bosse bekämpfen und die Landschaft umgraben können. Die Grafik ist mit modernen Mitteln aufgebohrt, aber das Spielgefühl soll noch voller Nostalgie stecken.

Mit Logicbots werden wir nun unsere eigenen Roboter bauen und programmieren können. Um die vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen, können wir hier einen Roboter aus einer Vielzahl von Komponenten zusammenschrauben und diesen dann mit der richtigen Verkabelung auf seine Arbeit vorbereiten, damit er auch auf Hindernisse entsprechend intelligent reagiert.

Interessant sieht auch das Radiorollenspiel aus. Es wird ein interaktives Hörspiel mit den Hörern in der Hauptrolle. Das Projekt möchte das Radiohörspiel mit dem Pen&Paper-Rollenspiel verbinden, indem Hörer per Anruf in das Spiel einsteigen und da von professionellen Sprechern unterstützt Rollen übernehmen und die Handlung beeinflussen können.

Nicht geschafft hat es Bik, das ein nostalgisches Abenteuer in der Tradition der alten Point’n’Click-Adventures werden sollte, in dem man sich durch Rätsel, Aliens und den Weltraum hätte klicken können. Obwohl Kickstarter immer wieder zeigt, dass Unterstützer ein sehr großes Herz für Nostalgie haben, kam dieses leider zu kurz. Trotzdem gibt es eine Demo und weitere Pläne des Projektes werden vielleicht noch angekündigt.

Lords of New York läuft zwar noch, ist allerdings zu weit von dem Ziel entfernt, um noch eine realistische Chance zu haben. Es sollte ein Spiel über die Mafia und eine Hommage an den Film Noir werden. Das Kickstarterprojekt setzte jedoch ein viel zu hohes Ziel an und ließ dann die Beschreibung derart minimalistisch ausfallen, dass das Ganze wie ein glorifizierter Pokersimulator aussah. Vielleicht ist es das aber auch, ich bin nicht sicher. Ich weiß nur, dass wir hier von den klassischen Kickstarter-Fehlern gleich zwei der schlimmsten finden.

Von den Projekten, die ich letztes Mal vorgestellt habe, schafften es Strategizer, Humans must Answer und Pulse.

Nicht geschafft haben es dagegen Omega und The Adventures of Dash. Beide sind weit hinter ihren Zielen zurückgeblieben, scheiterten also an überhöhten Ansprüchen vonseiten der Entwickler.


Unsere Augen können natürlich nicht überall sein. Solltet ihr also bei Kickstarter oder anderen Crowdfunding-Plattformen auf spannende, gaming-relevante Projekte stoßen, schickt uns doch bitte eine oder informiert uns via Twitter.