Kickstarter Fundgrube: Torment, Shroud of the Avatar, There Came an Echo
Diese Woche haben wir eine Reihe großer Namen auf Kickstarter und wir sehen, dass sie bemerkenswert effektiv sein können, wenn man viel Geld von dem Internet haben will. Auch wenn oft auf die Publisher geschimpft wird, die scheinbar wenig außer Fortsetzungen bekannter Titel herausbringen, zeigt sich doch, dass die richtigen Fortsetzungen zu den richtigen Titeln mehr als erwünscht sind. Trotzdem gibt es weiterhin auch Nachfrage für neuartige Konzepte und mit dem richtigen Ansatz und der richtigen Präsentation haben auch neue Entwickler gute Chancen.
Torment: Tides of Numenera
Torment: Tides of Numenera wird der Nachfolger im Geiste zu dem Klassiker Planescape Torment, was Fans des Titels und des Genres in rekordverdächtige Begeisterung versetzte.
Das Studio inXile, unter anderem bekannt für das Rollenspiel The Bard’s Tale, nimmt es nun auf sich, einen neuen Torment-Titel zu schreiben. Viele Teammitglieder von Obsidian Entertainment und dem damaligen Planescape: Torment sind wieder mit dabei — wenn auch ohne Chris Avellone, dem damaligen Lead Designer.
Tides of Numenera wird keine inhaltliche Fortsetzung zu Planescape, sieht sich aber in dessen Tadition, was Gameplay und Erzählweise angeht. Die neue Geschichte spielt in Numenera, dem Pen & Paper-Rollenspiel-Setting von Monte Crook, und wird großen Wert auf übergreifende Themen legen, die sich durch die Erzählung ziehen. Wie im Genre gewohnt wird dies ein Singleplayer-Rollenspiel in isometrischer Perspektive — mit einer einzelnen, festgelegten Hauptfigur, die jedoch optionale Gefährten an die Seite bekommen kann. Der Fokus soll auf der Geschichte und den Dialogen liegen sowie auf der Bedeutung von Spielerentscheidungen, die die Welt und den Verlauf der Spiels maßgeblich beeinflussen.
Das Projekt hat auf Kickstarter den Rekord der schnellsten ersten Million Dollar gebrochen, und die hohe Begeisterung hat es schnell auch über die 2,5 Millionen gebracht. Nach dem Anfangsansturm hat sich der Zuwachs etwas verlangsamt, aber es bestehen kaum Zweifel, dass auch die höheren Stretchgoals bald erreicht sein werden.
Shroud of the Avatar
Shroud of the Avatar verspricht eine Rückkehr zu den Ursprüngen des Rollenspielgenres auf dem PC.
Richard Garriott, auch bekannt als Lord British und Entwickler der Ultima-Serie, war seinerzeit maßgeblich an den Ursprüngen der Computerrollenspiele beteiligt. Sein letztes Projekt, das MMO Tabula Rasa war ein Fehlschlag und nach diesem Experiment kehrt er nun zu dem altbekannten Fantasy-RPG zurück, mit dem er einst so erfolgreich war.
Dieses Projekt möchte in der Tradition der Ultima-Spiele wieder zu den alten Werten der Rollenspiele zurück, der freien Welterkundung und der Betonung auf bedeutsame Spielerentscheidungen. Es soll ein klassenloses Charaktersystem geben, das dem Spieler viele Freiheiten lässt und die Welt soll dynamisch auf diese Entscheidungen reagieren und so interaktiv wie möglich sein. Ob man nun als Abenteurer die Welt erkundet oder im eigenen Heim bleibt und Gegenstände herstellt — es soll für jeden etwas dabei sein. Außerdem soll es ein Online-Multiplayer-Spiel mit durchdachtem PvP-System sein, das jedoch auch eine Singleplayer-Option (offline) haben wird.
Das Projekt hat sein Ziel bereits fast erreicht und es besteht kein Zweifel an dessen Erfolg, was angesichts des dahinterstehenden Namens nicht überrascht.
There Came an Echo
There Came an Echo wird ein Echtzeitstrategietitel mit Sprachsteuerung und spielt in der nahen Zukunft, in der so etwas vielleicht sogar funktioniert.
Iridium Studios, der Entwickler von Sequenz, versucht sich nun an einem Strategietitel, in dem man eine kleine Gruppe via Sprachsteuerung in die Schlacht führt. Die Spracheingabe soll ein paar hundert festgelegte Einträge haben, die aber neu belegbar sein sollen. Dies soll die Erfassungsquote verbessern und löst auch elegant das Problem von Fremdsprachen und Dialekten. Mit der Spracheingabe befehligt man nicht nur die Gruppe, sondern auch Verteidigungseinheiten oder Minen und sogar die Kamera über dem isometrischen Schlachtfeld. Der Designstil baut auf vollanimierte 3D-Figuren vor gezeichneten Hintergründen und legt großen Wert auf gutes Sounddesign und hochwertige Vertonung der Figuren. Obwohl es um strategische Kämpfe mit kleinen Gruppen im militärischen Stil gehen wird, verspricht der Entwickler eine nicht-militärische Geschichte in der nahen Zukunft mit starkem Fokus auf die Charaktere und deren Interaktion.
Sprachsteuerung in Spielen ist nicht völlig neu, aber ein interessantes Konzept, das für viel Atmosphäre sorgen kann. Dennoch ist sie störanfällig und sehr langsam verglichen mit anderen Eingabeoptionen, was das Spiel selbst im Design berücksichtigen muss.
Das Finanzierungsziel ist bescheiden und wird vermutlich bald erreicht sein. Das Geld wird hauptsächlich für das grafische und soundtechnische Aufpolieren benötigt.
Ithaka of the Clouds
Ithaka of the Clouds mag kindlich aussehen, zielt aber nach eigener Aussage auf tiefgreifende ästhetische und philosophische Ideen.
Die Entwickler der Lands of Dream-Reihe haben bereits mehrere leicht obskure Titel mit dem gleichen einprägsamen Grafikstil und ähnlich obskuren Namen vorzuweisen, und dies wird ihr zweites kommerzielles Projekt.
Das Setting ist das Land der Träume, wo alle Produkte der Fantasie real werden. Die Geschichte handelt von einem Trollpärchen, die die namensgebende Stadt suchen und sich dabei mit den Einwohnern, Hindernissen und Herausforderungen der Traumwelt auseinandersetzen müssen. Das Spiel basiert thematisch und ästhetisch auf dem Werk des modernen griechischen Dichters Constantine Cavafy. Spielerisch wird es ein Point and Click-Adventure, wobei es dem Entwickler weniger um komplexe und arbiträre Kombinationsrätsel, sondern mehr um die Charaktere, die Erkundung der Welt und die Narration geht. Es wird großen Wert auf Detailreichtum in einer fantasievollen Welt und die Verarbeitung philosophischer Themen gelegt.
Als eines dieser Spiele, die schell als zu ‘kunstlastig’ gesehen werden können, wird es bestimmt nicht jedermanns Sache sein, aber der Kinderbuchstil hat seinen ganz eigenen Charme als Übung im Überkommen von Zynismus und der Akzeptanz des Absurden.
Rogue System
Rogue System wird ein Weltraum-Flugsimulator mit genug Knöpfen und simuliertem Realismus, um Komplexitätsfreunde zu begeistern.
Das Spiel setzt auf eine möglichst umfangreiche und exakte Simulation eines Abfangjägers im Weltraum. Die Schiffe, die man hier beim Start, im Kampf und bei der Landung steuern kann, bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Systeme, die für die Funktionen des Schiffes verantwortlich sind und die man jeweils einzeln bedienen kann. Sie sind auch von einander abhängig und von Schaden beeinflussbar, sprich: fällt ein System aus, werden andere mitbetroffen und der Ausfall wichtiger Bauteile beeinflusst und erschwert den Kampf und die Orientierung. Neben den mechanischen und elektronischen Komponenten wird man auch den Piloten im Auge behalten müssen, der erfrieren oder in Panik geraten kann. Die KI-Gegner müssen dabei die gleichen Verfahren anwenden und können mal fähiger, mal unfähiger sein.
Es wird allerdings auch eine Schiffs-KI geben, die einem nach Wahl viele der kleineren Schritte abnehmen kann, was für Einsteiger bestimmt hilfreich ist. Wie alle anderen Systeme kann diese KI aber auch ausfallen, so dass man wieder alleine dasteht. Das Spiel wird eine zufallsgenerierte Galaxie bieten, die man durch verschiedene militärische oder zivile Missionen erkundet.
Das Finanzierungsziel liegt mit 300.000 $ sehr hoch für ein Projekt, dass doch eher eine Nische als Zielgruppe haben dürfte und die bislang etwas maue Unterstützung zeigt das deutlich. Es ist dennoch ein viel versprechendes Konzept und für Freunde hoher (oder absurder) Komplexität interessant.
Half-Life Live Action Webseries
Die Half-Life Live Action Webserie wird eine von Fans produzierte Kurzfilmserie rund um Gordon Freeman und das Half-Life Universum.
Die Schöpfer zahlreicher fan-produzierter Filme auf YouTube, Chariotdrove und Infectious Designer, haben sich zusammengetan und planen eine Webserie, die die Geschichte der Half-Life-Spiele ausbauen und erweitern will. Die sechs Episoden mit insgesamt 40 Minuten Laufzeit möchten mit dem größten technischen Aufwand, der solch einem Projekt möglich, ist die Geschichte Gordon Freemans in dem Zeitraum zwischen seinem Erreichen der Oberfläche und dem Aufbruch zum Lambda Komplex erzählen. Hierbei sind alle liebgewonnenen Freunde und vor allem Feinde wieder mit dabei. Als Fanprojekt soll die Serie vollkommen profitfrei angelegt sein und verspricht die enge Einbeziehung der Unterstützer und Fans in der Durchführung. So wurde angekündigt, dass es Abstimmungen über den Verlauf der Handlungsstränge geben wird und manche Belohnungen für Unterstützer bieten sogar kleinere Rollen in der Produktion.
Das Projekt steht noch am Anfang seiner Laufzeit, aber bislang ist die Unterstützung etwas zurückhaltend. Sollte das Ziel nicht erreicht werden, wollen die Macher aber nicht aufgeben. Sie versprechen, das Projekt, entsprechend gestutzt, weiter zu führen mit den Mitteln die sie bekommen.
Gewinner, Verlierer, Lobende Erwähnungen
Besonders überraschend war der plötzliche Erfolg von Race the Sun, dass in letzter Sekunde von fast verlorenem Posten noch aufholte und sein Ziel erreichte.
Ebenfalls erfolgreich war J.U.L.I.A. Enhanced Edition. Die erweiterte Edition des 2012 erschienenen Adventures J.U.L.I.A. verspricht ein umfassendes Neudesign der Haupfigur, des Interfaces und einiger Puzzle rund um die Weltraumerkundungsmission von Rachel und ihrem namensgebenden KI-Begleiter J.U.L.I.A. Eine spielbare Demo ist auf der Kickstarterseite des Projekts zu finden.
Auch sehr gut abgeschnitten hat Factorio, Fabrikbausimulation und Strategiespiel rund um Ressourcenmanagement und Infrastruktur sowie einem Technologiebaum, feindlichen Aliens und der industriellen Kolonisierung fremder Planeten. Es gibt bereits eine Demo, die eine kurze Einführung in die grundlegenden Aspekte des Spiels bietet.
Actual Sunlight ist ein story-lastiges Adventure um Liebe und Depression. Das Spiel gibt es bereits, wird aber nun mit der Hilfe des erfolgreichen Kickstarter Projektes um Musik und grafische Gestaltung erweitert.
Erfolglos war hingegen leider Project Awakened. Die Besonderheit des Projektes war die ungewöhnlich freie und optionenreiche Charaktergenerierung, die ermöglichen sollte, zu spielen was man schon immer mal spielen wollte und versprach auch eine gut ausgebaute Welt und Geschichte, die dynamisch auf Spielerentscheidungen reagieren sollte. Möglicherweise war der Aspekt der Charaktergenerierung überbetont und der Grafikstil zu generisch, aber wahrscheinlich war das Ziel von 500.000 $ dann doch einfach zu hoch für einen relativ unbekannten Entwickler.
Erfolgreich abgeschlossen wurden von den in der letzten Fundgrube erwähnten Titel Delver’s Drop, Whispering Willows, Asylum und At the Gates.
Death Inc. scheiterte — wenn auch nicht unerwartet. Project Cornerstone konnte, so süß es auch war, leider auch nicht genug Interesse wecken.
Unsere Augen können natürlich nicht überall sein. Solltet ihr also bei Kickstarter oder anderen Crowdfunding-Plattformen auf spannende, gaming-relevante Projekte stoßen, schickt uns doch bitte eine oder informiert uns via Twitter.