Leviathan Warships (vs. Crimson: Steam Pirates)

Erinnert ihr euch noch an Crimson: Steam Pirates? Erinnert ihr euch noch an meine bitteren Tränen, ausgelöst von fehlender rundenbasierter Strategie? Und ist es nicht sowieso so, dass es niemals genug Spiele mit Kanonenbooten (quasi der Bacon der Spielekultur) geben kann?

Leviathan Warships ist angetreten, um all diese Fährnisse zu überwinden und auszuräumen. Theoretisch. Auf den ersten Blick. Denn es sieht genauso aus wie Crimson, nur größer, besser, schneller, weiter und mit dem cooleren Trailer. Denn hier kann ich nicht nur Schiffe in Runden über eine Seekarte streuen und Gegner versenken, dazwischen darf ich sogar meine Schiffe selber zusammenbauen. Ein richtiger Mehrspieler-Teil ist auch dabei! Großartig!

Große Erwartungen, die beim ersten Start schnell einen Dämpfer erfahren: Die Grafik im Spiel ist irgendwie gröber, verwaschener und einfach nicht so stimmig.

Warum man bei einem Spiel, das grundsätzlich aus der Perspektive eines Seeadlers, der über die Küste kreist, gespielt wird, die zweidimensionale Detailverliebtheit der gröberen dreidimensionalen Perspektive opfert, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Und auch warum sich das Spiel von Anfang an so unübersichtlich anfühlt, wie der vorangegagene Schachtelsatz? Ebenfalls unklar.

Ich kann nicht mal ganz klar benennen, was mich an diesen beiden Punkten stört, es löst eher ein diffuses Unzufriedenheitsgefühl aus. An einer Stelle lässt sich aber ganz klar zeigen, warum Leviathan Warships für mich nicht funktioniert: Der Steuerung.

Bei Crimson: Steam Pirates zieht man ein Geisterabbild auf den gewünschten Zielpunkt. Dabei kann man das Schiff nicht frei bewegen – es gehorcht Trägheit und der Wendigkeitsbeschränkungen, die Schiffe nun einmal haben. Mit anderen Worten: Eine simple Steuerung, die sich aber schiffig anfühlt.

Die Waffen werden automatisch abgefeuert, dabei werden per Klick die Reichweiten aller Waffen angezeigt, eine aus mehreren Spezialfähigkeiten kann pro Runde ausgesucht und ausgelöst werden. Mal abgesehen davon, dass das auf Touchscreen-Displays manchmal ein bisschen hakelig zu bedienen ist, sieht so die perfekte Steuerung aus. Also die von Crimson.

Bei Leviathan ist es im Prinzip genauso, nur verschlimmbessert. Ich kann für ein Schiff einen Zielpunkt und eine Ausrichtung angeben. Auf dem Weg dorthin verhält sich das Schiff aber für mein Verständnis fast schon beliebig und es grenzt an Glückspiel eine genaue Vorhersage zu treffen, wie sich das Schiff verhalten wird.

Das wiederum macht die Kämpfe sehr frustrierend. Weil man entweder das Gefühl hat, irgendwann vor 3000 Runden einen grundlegenden Fehler gemacht zu haben, den man aber nicht bemerken konnte. Oder man gewinnt die Runde und es fühlt sich so an, als hätte der Feind eh keine Chance gehabt. Argh.

Ich könnte mich noch drüber auslassen, dass auch die hochgradig alberne Steampiraten-Geschichte bei Crimson stimmungsvoller ist und das ich den Mehrspielerteil von Leviathan Warship gar nicht erst ausprobieren wollte. Aber ich denke es ist auch so klar geworden, dass dieses Spiel über die Planke geschickt wurde.

Das liegt nicht an der Geschichte, die nur auf Texttafeln erzählt wird. Nicht daran, dass die Grafik nicht wirklich toll ist. Und schon gar nicht daran, dass es einen ausgedehnten Multiplayermodus gibt. Es liegt daran, dass der Kern des Spiels – dass rundenbasierte Verschieben von Einheiten nicht wirklich funktioniert. Es ist egal, wie schick die handgeschnitzten Schachfiguren sind. Wenn das Schachbrett so schief ist, dass die Figuren immer wieder umfallen, ist das Spiel nach dem ersten Zug zu Ende.

Falls ihr in Versuchung geratet: Kramt lieber euer iOS-Gerät raus und ladet euch noch mal Crimson: Steam Pirates runter. Wirklich. Ihr werdet mir dankbar sein.

PS: Ich habe die Desktop-Version gespielt. Falls die Touchscreen-Version auf unerklärliche magische Weise tausend Mal besser ist, bitte ich Bescheid zu geben.
PPS: Der Soundtrack ist als beruhigende Hintergrundbeschallung ganz gut.