OlliOlli: Super Meat Sk8er Boi
Nach den drögen ZDF-Halbzeitanalysen während der gerade erst vergangenen Herren-Fußballweltmeisterschaft wollte ich fürs Erste eigentlich keine zwei Ollis mehr auf dem Bildschirm sehen. Für OlliOlli, jenem 2D-Skateboard-Halleluja, das schon seit einigen Wochen die überschaubare Besitzerschaft von Sonys ungeliebtem Handheldspross Playstation Vita umschmeichelt, mache ich aber gerne eine Ausnahme. Schließlich hat die Einstellung der Skate-Reihe und der unfassbar schmerzhafte Niedergang der Tony Hawk’s Pro Skater-Serie eine immense Lücke hinterlassen, die es mit neuem Leben zu füllen gilt. Und da ich nicht den Hass manch übererwachsener Frauenzeitschriftautorin auf mich ziehen will, steige ich lieber nur virtuell noch einmal aufs Brett. Auch der Pixelhimmel kann schließlich eine Halfpipe sein.
Dabei gibt es überraschenderweise gar keine Halfpipe bei OlliOlli. Hier geht es nicht in einen hübsch gestalteten Skatepark, sondern mit der Kauleiste direkt auf den rauen und dreckigen Asphalt. Sidescrollend kickflippt man sich über Treppenstufen und Baufahrzeuge, nosegrindet an Neonschrifttafeln entlang und dreht sich 540 Grad über einen riesigen Tyrannosaurus. Für einen Skateboardspiele-Veteranen wie mich, der selbst noch das schaurig-schreckliche MTV Sports: Skateboarding nach Schulschluss zu meistern versuchte, wirkt die erstaunlich simpel anmutende Steuerung dieses Titels erst einmal seltsam und fremd. Es dauert ein wenig, bis ich aufhöre ständig auf allen Tasten rumzuhämmern und kapiere, dass alle Tricks allein mit dem linken Analogstick durchführbar sind. Nicht einmal eine Sprungtaste ist vorhanden. Dass OlliOlli trotz dieser Vereinfachung ein komplexes und anspruchsvolles Spiel ist, liegt am fordernden Leveldesign, den kniffligen Aufgaben und der Notwendigkeit, seine Landung per Tastendruck möglichst perfekt zu timen. Denn schleift man seine Schneidezähne erst einmal am Bordstein ab, ist der Lauf auch schon wieder vorbei. Das Board nicht unter den Füßen zu verlieren hat also oberste Priorität, da erst das Ankommen im Ziel den Weg zu neuen Herausforderungen ebnet.
Damit einem auf dem Weg dorthin nicht die Füße einschlafen, gibt einem das Spiel noch ein paar mehr oder weniger schwierige Zusatzaufgaben mit auf den Weg. So muss man etwa eine bestimmte Punktzahl erreichen oder Bierflaschen während der rasanten Fahrt einsammeln. Letzteres schaltet leider, anders als erhofft, keinen Flunkyball-Modus frei. Schafft man alle Missionen, gibt es aber immerhin neue, noch schwerere Übungen im jeweiligen Level zu absolvieren. Man nimmt ja, was man kriegen kann. So auch den „Spots“ getauften Modus, in dem man eine möglichst punktreiche Komboreihe hinzulegen versucht, deren Ergebnis man dann wahlweise seinen Freunden oder doch gleich der ganzen Welt unter die Nase reiben kann. Nur schade, dass einem beim Flimmerkisten-Skaten niemand einen Schniedelwutz auf den Gips kritzelt, nachdem ein Highscoreversuch durch eine unglückliche Landung ein jähes Ende fand.
OlliOlli sieht dabei auf dem großen Bildschirm leider doch ein wenig trist und verloren aus. Man merkt ihm seine mobile Herkunft zu jeder Zeit an. So sehr, dass ich fast dazu überging, dank der fast schon haptisch wirkenden Buttons des Menüs die Oberfläche meines Monitors mit meinen Fettgriffeln vollzuschmieren. Habe ich dann aber doch gelassen. Denn trotz des etwas zu spartanisch geratenen visuellen Designs, habe ich mich auch nach zwei Stunden am Stück nicht an den groben Pixeln sattgesehen. Meine Ohren hingegen hatten weniger Geduld, mutet doch der elektrojazzige, eher getragene Sound etwas, nun ja, gewagt für ein Spiel dieser Art an. Aber das muss wohl so sein, schließlich will man ja nicht, dass in der Brigitte auch noch darüber gespottet wird, dass videospielende Männer jenseits der 25 Lebensjahre NOFX oder Millencolin hören.
Insgesamt erinnert OlliOlli am Ende mehr an Super Meat Boy als an die bekannten Genrevertreter. Die kurzen Level und die teils unmenschlich schweren Herausforderungen laden immer wieder zu einem schnellen Neustart ein und das Meistern einer Stage löst sich in immens belohnende Glücksgefühle auf. Und auch wenn es eigentlich das perfekte Handheld-Spiel ist, bleibt man in seinem Wohnzimmer nach gelegentlich auftretenden Frustrations- und Jubelschreien immerhin von irritierten Blicken verschont. Es sei denn, man ist nun ausgerechnet mit einer Brigitte-Autorin liiert.