Pony Island: Der Teufel im Detail

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Mit Pony Island gibt es endlich ein Spiel für die lange vernachlässigte Zielgruppe, die sich in der Mitte des Venndiagrammes aus Bronies und Fans von Retro-Plattformern befindet. In der kommerziellen Neuveröffentlichung eines ursprünglich beim Ludum Dare entstandenen Game-Jam-Prototypen, muss sich ein kleines Einhorn gegen die Bedrohung durch eine dunkle Macht zur Wehr setzen.

Schon im Trailer ist zu erkennen, dass Pony Island weder ein Videospiel über Ponies, noch eines über Islands ist. Stattdessen ist es ein Videospiel über Videospiele und “Pony Island” lediglich ein Spiel im Spiel. Ein heruntergekommener Arcadeautomat, auf welchem das namensgebende Jump’n’Run installiert ist, bildet die Kulisse für eine weitere Dekonstruktion des Mediums Videospiel. Ganz im Stil von The Stanley Parable kokettiert es mit seinem selbstironischen Humor und versucht die Erwartungen des Publikums in die Irre zu führen. Schon nach der ersten Runde des “eigentlichen” Pony Island stürzt das Spiel ab und gibt so den Blick auf das dahinter liegende Betriebssystem frei – erst hier beginnt das Spiel Pony Island wirklich.

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Dieses “wirkliche” Spiel ist ein Labyrinth aus Rätseln, das sich hinter der Fassade des “falschen” Pony Island verbirgt. Atemlos springt es von einer wilden Idee zur nächsten, so dass sich nie vorausahnen lässt, was gleich noch kommen könnte. Mal gibt es einen Chat-Dialog mit einer verlorenen Seele oder eine Konfrontation mit ASCII-Satan, dann wieder eine Jagd nach unsichtbaren Pixeln oder im Einstellungsmenü versteckten Passwörtern. Und plötzlich verschießt das Pony Laser, hat Flügel oder spielt eine Partie Siedler von Catan. Dieser Mix aus tausend Ideen macht es schwer, Pony Island eine definierende Spielmechanik zuzuschreiben. Erst ab der Hälfte, wenn das aberwitzige Tempo langsam zurückgedreht wird, treten gleichfalls simple Jump’n’Run-Passagen und einfache Logikpuzzles in den Vordergrund.

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Viele dieser Ideen sind Parodien von Mechanismen kommerzieller Videospiele. Hinter der fröhlichen Fassade eines simplen Kinderspiels versteckt sich hier etwas Böses, etwas Gieriges, das die Spielenden aussaugen will. Es fällt nicht schwer, das als eine deutliche Kritik an Free-to-Play-Titeln wie Candy Crush zu verstehen. Die Satire reicht leider selten über das flache Niveau einer durchschnittlichen Folge South Park hinaus: Statt seine Ziele zu kommentieren, liegt die Pointe meist nur in ihrer Erwähnung. “Du musst jetzt grinden, um Level 99 zu erreichen und grinden ist doof, haha!” verliert als Satire eines repetitiven Spielkonzepts seine Wirkung, wenn das Spiel diese leere Drohung eilig wieder als Witz beiseite wischt, um bloß niemanden zu verärgern. “Keine Sorge, in Pony Island muss niemand grinden, um Level 99 zu erreichen!”

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Pony Island gibt sich bissig, traut sich aber eben doch viel zu selten, seinem Publikum ernsthaft etwas abzuverlangen. Es lässt die Maske der heilen Welt fallen, noch bevor es sie richtig aufgesetzt hat, und versucht nie so zu tun, als wäre diese etwas anderes als ein Witz. Würde sich Pony Island tatsächlich als billiges Kinderspiel vermarkten, hätte ich seinem Konzept vielleicht etwas subversives abgewinnen können. Da aber von Anfang an mit offenen Karten gespielt wird, verpufft dieses Potential nahezu wirkungslos. Es ist lieber ein seltsames Spiel für Leute, die seltsame Spiele mögen. Als Satire am Mainstream ist es so allerdings eine Predigt vor den Bekehrten. Übrig bleibt eine wilde Reise mit mehr unerwarteten Wendungen, als ein Film von Manoj Night Shyamalan. Das Einzige, was fehlt, ist eben ein bisschen mehr Punk Rock.