Project AM2R: Return of Samus
Es gibt Zeitgenossen, die behaupten, es gäbe bei frühen 8-Bit-Videospielen einen Fluch der zweiten Teile. Meistens machen sie das an einigen Paradebeispielen fest. Der in den USA und in Europa erschienene zweite Teil von Super Mario Bros. war eine Kopie von Doki Doki Panic mit Mario-Figuren in den Hauptrollen. Der zweite Teil von The Legend of Zelda dagegen war ein Sidescroller mit Rollenspielelementen und äußerst anspruchsvollen Actionpassagen – keine schlechten Spiele, aber ungewöhnliche Vertreter ihrer Reihe und bis heute für Fans ungeliebte Stiefkinder. Ein weiterer Vertreter dieser Zunft ungeliebter Fortsetzungen ist Metroid II: Return of Samus.
Das Spiel erschien gar nicht erst auf dem NES. Während Nintendo ansonsten nicht gerade verlegen ist, Klassiker neu aufzulegen, gibt es Metroid II nach wie vor nur in seiner alten GameBoy-Fassung. Eine GameBoy-Color-Version war zwar angekündigt, erschien jedoch nie. Ein Entwickler mit dem klangvollen Namen DoctorM64 hat jedoch ein Herz für das Spiel, weshalb er mit AM2R an einem Remake des Klassikers arbeitet. Eine Demo ist bereits spielbar.
AM2R ist keine grafisch aufbereitete Version des Originals, sondern eine Neuinterpretation. Dafür bedient sich der Entwickler in Sachen Grafikstil und Steuerung bei Metroid: Zero Mission, der Neuauflage des ersten Teils der Serie für den GameBoy Advance. Die Spielwelt muss daher komplett neu entwickelt werden, was jedoch auch Raum für künstlerische Interpretation und Änderungen gibt. Letztere umfassen nicht nur anders arrangierte Räume, sondern bisweilen sogar neue Zwischengegner.
Trotzdem bleibt AM2R dem Charme seines Vorbilds treu. Auch Metroid II ist ein untypischer zweiter Teil. Entgegen der aus der Metroid-Serie bekannten offenen Welten ist Return of Samus verhältnismäßig linear. Der Spieler bewegt sich von Gegend zu Gegend, radiert dort jeweils sämtliche Metroids aus und darf dann den nächsten Bereich betreten. Das wirkt aus heutiger Sicht aufgesetzt, gerade bei der Metroid-Serie, war jedoch seinerzeit ein Kunststück. Denn im Jahr 1991 waren GameBoy-Spiele für gewöhnlich in einzelne Levels unterteilt, stufenlose Übergänge undenkbar. Obwohl Metroid II neue Bereiche erst nach und nach öffnete, schufen die Entwickler so doch nach und nach eine frei begehbare Welt – damals faszinierend. AM2R fängt diesen Geist ein und entwickelt ihn weiter.
In der aktuellen Demo ist lediglich der erste Abschnitt spielbar, der aber durchaus für zwei bis drei Stunden Zerstreuung bietet. Der Entdeckergeist anderer Metroid-Spiele ist auch AM2R nicht fremd: Es gibt jede Menge versteckte Items und Geheimgänge. Zudem hat DoctorM64 die aus Super Metroid bekannte Karte integriert, außerdem die Möglichkeit, bestimmte Waffen an- und auszuschalten. Keine Lust auf den Ice Beam? Kein Problem. AM2R lohnt sich schon in der aktuellen Demoversion, es spielt sich wunderbar flüssig und wirkt poliert – trotz unfertigem Zustand. Bleibt zu hoffen, dass Nintendo weiterhin gnädig bleibt und das Projekt nicht frühzeitig beendet.