Project Giana
Mein Tag beginnt in der Regel so: Zwischen 8:00 und 8:30 Uhr öffne ich eines meiner beiden Augen und greife zum iPad. Dann prüfe ich schlaftrunken mein Email-Postfach, ein paar Statistiken, Aktivitäten auf Basecamp, die abonnierten Newsfeeds und je nach Sachlage meine Männlichkeit. Im Anschluss starte ich die Radio-App (vorzugsweise NDR Info) oder ein Hörspiel und rolle mich zur Seite, bis mich schließlich Harn-, Koffein oder Weltherrschaftsdrang zum Aufstehen bewegen. Easy, alles ganz entspannt, niemand hetzt mich. Heute lief es ähnlich ab, jedoch mit einer geringen Abweichung: Beim Lesen der Feeds stieß ich auf eine Meldung, die mich dazu veranlasste, auch das zweite Auge zu öffnen. Ausnahmezustand! Der Grund: Project Giana
Viele falsche alte Hasen erinnern sich mit großer Freude an Giana Sisters (1987), das trotz oder vielleicht auch wegen vermeintlicher Streitereien mit Nintendo Kultstatus erreichte. Auch ich möchte die Erinnerungen an dieses Spiel nicht missen, da ich es damals tage- und nächtelang verschlang.
2009 folgte ein offizieller Nachfolger, der für das Nintendo DS und später auch Apples iOS erschien. Die Kritiken fielen weitesgehend positiv aus, was allein schon recht überraschend ist, wenn man bedenkt, wie oft Neuauflagen von Klassikern in den Sand gesetzt werden. Dennoch musste das Entwicklerstudio Spellbound Entertainment im März 2012 Insolvenz anmelden. Trotz finanzieller Probleme wurde der Geschäftsbetrieb weitergeführt, die Offenburger überstanden die Insolvenz und formierten sich unter dem Namen Black Forest Games neu. Nun schlugen die Damen und Herren bei der Crowdfunding-Plattform Kickstarter auf und präsentieren dort ihr Project Giana (Arbeitstitel). Dabei handelt es sich um eine erneute Neuauflage, die — man höre und staune — einen sehr vielversprechenden Eindruck macht.
Im Gegensatz zu vielen anderen auf Kickstarter beworbenen Projekten hat das Team mehr vorzuweisen, als schnöde Konzeptzeichnungen und heiße Luft. Am neuen Giana Sisters wurde schon seit geraumer Zeit gearbeitet.
Der Titel erinnert etwas an das wunderbare Jump’n’Run Trine, was die halbe Superlevel-Crew zu begeistern wusste. Schön ist auch, dass der Komponist des originalen Soundtracks, Chris Hülsbeck, für Project Giana gewonnen werden konnte. Die Sterne stehen gut, warum also Crowdfunding? Weil es geht.
(Mindestens) 150.000 Euro sollen auf diese Weise in die Kasse von Black Forest Games gespült werden. Meinen Segen haben sie, da es sich augenscheinlich um ein liebevoll inszeniertes Spiel handelt, das sich glücklicher Weise nicht nur an Fans des Originals richtet. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann eine Summe zwischen 10 und 10.000 Euro in den Topf werfen, und wie bei Kickstarter üblich, neben dem Spiel diverse Gimmicks und Boni abgreifen. Die Veröffentlichung der PC-Version ist für Oktober 2012 geplant.
(Leider gibt es in diesem Zusammenhang auch eine weniger erfreuliche Tatsache zu vermelden: Armin Gessert, Vater der Giana-Schwestern, verstarb im Jahr 2009 und kann der Geburt der Neuauflage dementsprechend nicht beiwohnen.)