Super Hexagon (PC / Mac)
Endlich schließt sich der Kreis das Sechseck. Von Hexagon, einem Flash-Experiment fürs Pirate Kart V, über eine sehr erfolgreiche iOS-Version findet Terry Cavanaghs “Spin-‘em-Up” Super Hexagon heute endlich den Weg zurück auf den großen Bildschirm.
Die Veröffentlichung einer Desktop-Version war ursprünglich viel früher angesetzt, doch wurde das bunte Geschicklichkeitsspiel aufgrund einiger Performance-Probleme nicht bloß portiert, sondern von Grund auf in C++ neu geschrieben. Ich durfte es vorab testen und verkünde mit Freude: Es hat sich gelohnt.
Ja, Super Hexagon ist noch immer Super Hexagon. Es ist ein exaktes Abbild des frustrierenden, fordernden, absolut süchtig machenden Spiels, das mich auf dem iPhone in seinen merkwürdigen Bann gezogen hat. Es ist selbst in der leichtesten Einstellung erbarmungslos, wirft die Spieler in den ersten Läufen binnen Sekunden in den Game-Over-Screen und flackert lieblich weiter, während Zähne knirschen und iPhones an den Wänden zerschellen.
Doch ist Super Hexagon auch mehr als Super Hexagon mal war. Der Unterschied zwischen meinem Telefon und dem 27″-Bildschirm, auf dem sich die geometrischen Formen in schwindelerregender Geschwindigkeit ineinander verdrehen, ist enorm. Ihre Ecken und Kanten sind größer, die Farben greller, der Soundtrack, befreit aus den Fesseln der iPhone-Lautsprecher, peitscht mir um einiges lauter um die Ohren. Das Bild zappelt und schwankt wie gewohnt, die Abläufe sind mir bestens bekannt, und trotzdem – oder gerade deshalb – werde ich unerwartet tief hineingezogen.
Schon bei meinem ersten Versuch bewältige ich den zweiten Schwierigkeitsgrad “Hexagoner” mit Leichtigkeit. Lenken, ausweichen, nicht in die Wand rasen, überleben. Bloß nicht den Kopf einschalten. Das ist das ganze Spiel. Ein Dutzend Anläufe später ist auch “Hexagonest”, der schwierigste reguläre Modus, bezwungen. In welcher Formation die Wände als nächstes auf mich losjagen, kann ich mittlerweile gut abschätzen. Ich bin erfahren. Und ein Angeber.
Leider sind meine mittlerweile dreistelligen Versuche im “Hyper Mode”, der nach jeweils einminütigem Spielen ohne Ableben freigeschaltet wird, fruchtlos. In die Wand geflogen, nächster Lauf, nächste Wand, Resignation, Programm beendet. Und doch erwische ich mich in ruhigen Minuten immer wieder dabei, wie ich ihn starte. Um mir vielleicht doch beweisen zu können, dass ich es drauf habe.
Super Hexagon ist kein Spiel, in dem ich Freude im eigentlich Sinn verspüre. Sein simples Konzept in glattester Ausführung ist vielmehr eine Droge. Sie liefert flow, reinen positiven Stress in höchster Dosierung, eine Herausforderung, der nur mein eigenes Geschick eine Grenze setzt. Mein Muskelgedächtnis wird ständig weitergebildet, nur um Sekundenbruchteile länger durchzuhalten. Nie bin ich weiter als einen Tastendruck von der Chance entfernt, sämtliche Ranglisten anzuführen. Von der Chance, den Schöpfer in seiner eigenen Schöpfung zu schlagen.
Ich bin überrascht, wie leicht ich mich in einem neu geschriebenen Spiel auf einer völlig neuen Plattform zurechtfinde. Die reduzierte Touch-Steuerung – linke Bildschirmhälfte für Linksdrehungen, rechts für rechts – wurde auf die Pfeiltasten übertragen, Steam-Achievements lösten ihr Game-Center-Pendant ab. Zugegeben: Diese Neuerungen braucht längst nicht jeder. Super Hexagon eignet sich bestens fürs mobile Spielen, nachvollziehbar also, dass die PC- und Mac-Versionen vor allem für diejenigen interessant sind, die es bisher überhaupt nicht zu Gesicht bekamen.
Menschen, denen der Sinn weniger nach Hürden und Herausforderungen als nach Unterhaltung steht, werden mit diesem Spiel nach wie vor nicht glücklich werden, womöglich nicht einmal verstehen, was andere daran finden. Ich überschritt jedenfalls irgendwann eine unsichtbare Grenze, irgendwo zwischen “Wirrwarr mit Computerkrach” und “Königsdisziplin des Skills”, hinter der sich ebenso die Schönheit der Roguelikes oder Bullet Hell-Shooter offenbart. Mir ist klar, dass Spiele wie diese absolute Geschmackssache sind. Meinen Geschmack treffen sie genau – egal ob auf dem Telefon oder am Rechner.
Spielt Super Hexagon. Liebt es oder verachtet es zutiefst, vielleicht beides gleichzeitig. Man sieht sich in den Leaderboards.