Tales from the Borderlands: Welcome (back) to Pandora (again)
Als der erste Teil von Borderlands erschien, prahlte Entwickler Gearbox vollmundig damit, dass das Spiel über 17.750.000 verschiedene Waffen bereit hält. Kein Wunder: Die Kanonen werden prozedural generiert, der Schwerpunkt des Spiels liegt nicht zuletzt im Looten und Leveln, dem Auffinden immer neuer Gegenstände und dem ständigen Verbessern des eigenen Charakters. Für seine Geschichte war Borderlands bislang nicht sonderlich bekannt. Geht es nach Telltale Games, soll sich das mit Tales from the Borderlands nun ändern.
Nachdem Telltale mit zwei Staffeln The Walking Dead, The Wolf Among Us und der erst kürzlich erschienenen Point-and-Click-Umsetzung von Game of Thrones eher Spiele mit ernster Grundstimmung abgeliefert hat, ist das Borderlands-Adventure das glatte Gegenteil: Die Figuren wirken beinahe albern, in keiner Sekunde nimmt sich das Spiel selbst ernst. Der Spieler übernimmt die Kontrolle über zwei Hauptcharaktere: Rhys, einen Angestellten der stereotypisch-bösen Hyperion Company, und Fiona, eine etwas orientierungslose Kleinkriminelle, die auf Pandora zu Hause ist – jenem trostlosen Planeten, der schon in den ersten beiden Spielen als Schauplatz diente. Rhys ist darauf aus, einen Vault Key zu ergattern, ein wertvolles Artefakt und Schlüssel zu unendlichem Reichtum, als sich sein Weg mit dem von Fiona kreuzt. Dann beginnt das Chaos.
Tales from the Borderlands lebt davon, dass nichts nach Plan verläuft. Jedes Vorhaben der beiden Charaktere geht auf die eine oder andere Art gründlich schief, oft enden Situationen blutig und die Protagonisten entkommen nur in letzter Sekunde, wie es scheint durch pures Glück. Denn auf Pandora ist Gier die treibende Kraft. Jeder will so viel wie möglich und idealerweise alles für sich allein – mit dieser Grundeinstellung endet ein Besuch im Kuriositätenkabinett schon einmal als wilde Schießerei zwischen einem Kampfroboter und Banditen. Telltale hat es fertiggebracht, überall typische Borderlands-Elemente zu integrieren. So obliegt es dem Spieler, vor besagter Schießerei festzulegen, mit welchen Waffen der Roboter ausgestattet sein soll. Überhaupt strotzt das Spiel nur so von Reminiszenzen an die Borderlands-Spiele von Gearbox: von der Menüführung über die lebensverachtende und sarkastische Grundhaltung sämtlicher Figuren bis hin zu den obskuren Waffen. Hin und wieder finden sich im Spiel sogar die typischen Borderlands-Schatztruhen und herumliegendes Bargeld wird durch den typischen, senkrechten Lichtstrahl markiert.
Die Grundstruktur von Tales from the Borderlands gleicht dennoch weitestgehend jener, der in den letzten beiden Jahren erschienenen Telltale-Spiele. Wirkliche Rätsel gibt es nicht, das Spielgeschehen gestaltet sich aus eine Mischung aus Dialogen, Quick-Time-Events und Entscheidungen, die schwerwiegender wirken als sie sind. Eine nette Dreingabe ist das Augen-Implantat von Rhys: der Spieler kann damit die Umgebung scannen und Pandora so ein paar Details entlocken, die ansonsten verborgen geblieben wären – meist vollkommen optional.
Obwohl die aktuell verfügbare erste Episode spielerisch nichts Neues bietet, ist sie doch eine wahre Achterbahnfahrt. Die Schauplätze wechseln schnell, die Figuren verhalten sich völlig unberechenbar, eine Action-Szene jagt die nächste. Zwischen zahlreichen Explosionen und abgetrennten Körperteilen hat es Telltale geschafft, dass ich mehr von der Spielwelt sehen will. Ich möchte wirklich wissen, wie es mit Rhys und Fiona weitergeht und ich kann es kaum erwarten, zu erfahren, welche Absonderlichkeiten, welche bizarren Schauplätze und wie viel Comic-Gewalt mich in der nächsten Episode erwarten.