The Escapists: Pläne schmieden und Gitter biegen
Ich bin versucht, The Escapists als Antithese zu Prison Architect zu bezeichnen: Statt das perfekte Gefängnis zu erbauen, gilt es den perfekten Ausbruchsplan zu erdenken – und ihn anschließend durchzuführen. Auf rohe Gewalt oder gar Dynamitstangen sollte man hierbei aber verzichten. Die besten Ausbruchswerkzeuge sind am Ende immer noch herausragend funktionierende Synapsen sowie ein Hauch Kreativität.
“All that stands between you and your freedom
is a perfectly executed escape plan.”
So präsentiert Mouldy Toof Studios – bereits bekannt für ihr Retro-Adventure Spud’s Quest – mit The Escapists unglaublich gutes Level- und Puzzle-Design. In keinem der sechs spielbaren Gefängnissen gibt es nur eine einzelne Strategie. Wer den konventionellen Weg gehen möchte, kann versuchen mit Plastiklöffeln aus der Knastkantine oder ähnlichen Gegenständen einen Tunnel zu graben, den man dann aber vor den Wärtern verbergen muss. Wagemutigere Ausbruchsfanatiker*Innen können im Schatten der Nacht den Zaun aufschneiden. Die aufmerksamen Scharfschützen sehen solche Operationen aber gar nicht gerne.
Beide Taktiken sind meist zum Scheitern verurteilt. Für einen erfolgreichen Ausbruch bedarf es schlicht mehr Eleganz. Die Möglichkeiten dafür stecken in den verschiedenen Spielemechaniken. Da wäre das Crafting-System, mit dem sich unterschiedliche Waffen, Werkzeuge und Attrappen erzeugen lassen.
Um überhaupt an die Baupläne sowie das Ausgangsmaterial heranzukommen, muss man entweder seine Mitinsassen bestehlen, in ihren persönlichen Zellen-Schreibtischen herumwühlen, das Gebäude nach anderen Quellen abklappern oder eben ganz andere Wege beschreiten. The Escapists belohnt dabei alle, die nicht nur zwei Schritte weiter, sondern auch um die Ecke denken können. Die eigenen Ausbruchschancen lassen sich noch weiter erhöhen, wenn man die eigene Reputation unter den Häftlingen steigen lässt. Das kann erreicht werden, indem man ihnen den einen oder anderen Gefallen tut.
Diese Gefallen reichen vom Beschaffen eines x-beliebigen Gegenstands über Ablenkungsmanöver für die Wachen hin zu Racheakten an anderen Insassen. Hat man dann erst die Loyalität der anderen Gefangenen erworben, können sie zur eigenen Gang werden – sie folgen und gehorchen, die heißersehnte Freiheit rückt immer ein Stückchen näher. Alles in allem erweist sich das – übrigens von den Worms-Machern Team17 veröffentlichte – Spiel als wundervolles Paradoxon: Es ist äußerst komplex und weitreichend, indem es Dutzende potenzieller Herangehensweisen bereithält, gleichzeitig ist es auch äußerst zugänglich und versprüht dank leichtfüßiger Komikeinlagen auch einen ganz besonderen Charme. Eskapismus ist bei The Escapists eben nicht nur ein Spielgrund, sondern auch gleich die Grundlage.