The Lost Levels: 01/2016
Vorsätze. Mit dem Rauchen aufhören, sich vegan ernähren oder weniger Alkohol konsumieren kann jeder. Langweilig. Der Kategorie Lost Levels wieder monatlich einen Artikel zu spendieren scheint mir ein deutlich sinnvollerer Vorsatz für 2016 zu sein. Zur Erinnerung: Die hier aufgeführten Spiele sollten ursprünglich in einzelnen Artikeln besprochen werden, doch leider kam es aus Zeitgründen nicht dazu. Also präsentieren wir diesen ‘Überschuss’ regelmäßig in Kurzform, damit die geleistete Vorarbeit nicht umsonst war. Und ihr habt auch was davon. Highfive!
12 is Better Than 6 (Windows)
Fabu Marcus pries uns 12 is Better Than 6 als “Hotline Miami im Wilden Westen” an, woraufhin ich mir natürlich den Reviewcode schnappte. Schließlich liebe ich Hotline Miami. Und, ja, der Top-Down-Shooter mit Stealth-Elementen hat durchaus seinen Reiz, auch wenn der zugegeben interessante Illustrationsstil die Szenarien schnell unübersichtlich und eintönig wirken lassen. Aber selbst wenn man verzeiht, dass die Übersetzung via Google Translate stattfand und bei weitem nicht der Flow eines Hotline Miami entsteht, sollte ein Kauf gut überdacht werden. Nicht, weil 12 is Better Than 6 keine 10 Euro wert wäre, sondern weil die Entwickler vermutlich nicht mit offenen Karten gespielt haben und wenig vertrauenserweckend wirken. So wurde das fertige Spiel z.B. bereits einen Monat nach Beendigung der Kickstarter-Kampagne via Steam veröffentlicht. Es muss also weit mehr existiert haben, als ein wackeliger Pre-Alpha-Prototyp. Hinzu kommt, dass Unterstützende wohl nach wie vor auf ihre physischen und digitalen Geschenke warten. Uncool. Im Wilden Westen hätte man dafür am Galgen gebaumelt.
The Purring Quest (Windows)
Fabu Have you ever wanted to be a cat? Ja, verdammt, natürlich. Wer möchte denn bitte keine Katze sein?! Da gibt es nur ein Problem: Wäre The Purring Quest eine Katze, würde sie humpeln, wäre auf einem Auge blind und hätte eine Gleichgewichtsstörung. Nach einer knappen halben Stunde warf ich das Joypad halb frustriert und halb gelangweilt in die Ecke. Die Steuerung ist katastrophal, das Leveldesign repetitiv, und kombiniert man diese beiden Mankos in einem Jump’n’Run, hält sich der Spielspaß wahrlich in Grenzen. It’s sooo cute! Naja, geht so. Ich möchte The Purring Quest gar nicht eine gewisse Niedlichkeit absprechen. Und da ich bereits nach einer halben Stunde die Schnauze voll hatte, kann ich nicht ausschließen, dass im späteren Spielverlauf ein bewusstseinsweiternder Twist offenbart wird. Allerdings wette ich zwei Säcke Katzenstreu dagegen.
Euclidean (Windows)
Daniel Ziegener Die Angst vor dem Tod steht im Mittelpunkt vieler Horrorspiele – beziehungsweise die Angst vor dem „Game Over“, vor dem neu anfangen müssen, vor dem Verlieren von Zeit. Ständig zu sterben trägt allerdings wenig zum Horror bei, sondern nutzt sich schnell ab. Und so war das Einzige, was ich nach dem Spielen von Euclidean befürchtete, dass ich meine Zeit verschwendet hatte. Träge wie beim Strampeln gegen den Widerstand des Wassers schwebt meine Spielfigur abwärts in eine aus Ruinen und abstrakten Formen bestehende Unterwelt und weicht dabei Würmern, Spinnen und anderem Ungeziefer aus – aufgrund der bereits erwähnten Trägheit meistens erfolglos. Vielleicht ist das Erlebnis, immer wieder durch die surreale Landschaft zu fallen, mit einer Virtual-Reality-Brille interessanter. Aber bis die endlich im Laden steht, muss sich ein Spiel daran messen lassen, was es auch ohne solche optionalen Spielereien ist. Und so schafft Euclidean es nicht, mich in seine Welt zu ziehen, sondern flog schnell wieder von meiner Festplatte.
Sword Coast Legends (Windows, Mac)
Pascal Simon Als mittlerweile nicht mehr ganz frischer Dungeon Master, der mit seiner Gruppe die fünfte Edition von Dungeons & Dragons spielt, fand ich die Versprechen von Sword Coast Legends großartig: Es sollte ebendieses Regelset umsetzen, einer Gruppe aus vier Spielern plus Spielleiter die Möglichkeit geben, eigene Kampagnen zu spielen und noch dazu eine umfangreiche und spannende Einzelspielerkampagne enthalten. Von diesen Versprechen halten konnte es leider keines. Zwar sind die Namen der Klassen und Fähigkeiten überwiegend aus dem Pen-and-Paper-Äquivalent übernommen, ansonsten haben die Skillbäume und die diabloartige Beute aber nur wenig mit dem Regelbuch gemein. Das Soloabenteuer ist zwar nicht ganz übel, fällt aber negativ dadurch auf, dass die Steuerung einer kompletten Gruppe wenig durchdacht und meistens sehr fummelig und frustrierend ist. Oft ist es einfacher, nur einen der Charaktere zu steuern und die Mitstreiter einfach machen zu lassen, aber dann fällt die komplette Strategie weg und man fragt sich irgendwann, warum man stattdessen nicht doch lieber ein ARPG wie Torchlight oder Diablo spielt.
Bliebe höchstens noch Spaß daran, es als Client für Onlinespiele zu verwenden, quasi als Ersatz für Roll20 mit 3D-Grafik. Aber dafür schränkt einen der Kampagnen-Editor viel zu sehr ein. Ich weiß zu schätzen, wie einfach die Entwickler dessen Bedienung machten – nur geht das auf Kosten des Umfangs und der Möglichkeiten. Ohne fortgeschrittene Bearbeitungsmöglichkeiten ist man beschränkt auf vorgegebene Karten und Gegnergruppen und kommt kaum über simple Sammel- und Tötungsquest hinaus. Tja. Schade wie viele Möglichkeiten bei Sword Coast Legends verpasst wurden.
Adventures of Pip (Windows, Wii U, PS4, iOS)
Markus Grundmann Als ich das Jump’n’Run Adventures of Pip zum ersten Mal startete, rechnete ich mit einem Indie-Titel, der, wie viele andere, die Pixelhaftigkeit der Spielwelt zum Anlass nimmt, ein ganzes Spiel lang darüber selbstreferenzielle Scherze zu machen. Und eigentlich macht Adventures of Pip genau das, nur eben auf kluge Art. Denn Pip ist ein Pixel, der sich nach dem Aufsammeln eines Power-Ups in einen 8-bit-Jungen verwandelt, der wiederum durch das Aufsammeln eines weiteren Items zu einem 16-bit-Jugendlichen wird. Entscheidend ist aber, dass, ganz im Gegensatz zu den Super-Mario-Spielen, die höchste Ausbaustufe nicht immer die beste ist. In gewissen Situationen ist es sogar zwingend notwendig, dass Pip zu einer früheren Stufe zurückkehrt. Der 16-bit-Pip kann beispielsweise den Wandsprung nicht, der 8-bit-Pip aber schon. Diese Mechanik vereint sich mit exzellentem Leveldesign und einer hervorragenden 2D-Grafik, die irgendwo zwischen SNES und beliebigen 32-bit-Systemen anzusiedeln ist. Pip hat mich eigentlich nur deshalb nicht bei der Stange gehalten, weil das Spiel anspruchsvoll ist und ich meine Zeit für andere Spiele brauchte.
Beatbuddy: On Tour (Windows, Mac, Linux)
Marcus Dittmar Ich war für einen kurzen Moment ganz aus dem Häuschen, als nach Beendigung des Minen-Levels das Steam-Leaderboard aufploppte, um mir meinen zweiten Platz zu präsentieren. Die Freude darüber legte sich rasch, nachdem ich merkte, dass anscheinend lediglich neun Leute bisher überhaupt die Viertelstunde in das Musikspiel Beatbuddy: On Tour investiert haben, die ich bis zu diesem Punkt benötigte. Die Gründe dafür sind schnell gefunden: Hintergrundgrafiken, die man eher in einem Volkshochschulanfängerkurs für Aquarellmalerei vermuten würde, ein stumpfstampfender, völlig uninspirierter Soundtrack und eine motivationslose Spielmechanik. die nicht mehr von einem verlangt, als mit der Maus über Meerespflanzen aus einem schlechten Spongebob-Comic zu fahren.
Sicher, derlei Dinge sind auch immer eine Geschmacksfrage, aber selbst wenn man dies berücksichtigt, bleibt Beatbuddy: On Tour ein zielloser, sinnentleerter Rumpf eines Gelegenheitsspiels, bei dem ich maximal den Exit-Button im Startmenü positiv hervorheben würde.