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„Anscheinend möchten Sie einen Brief schreiben.“ Mein Computer gab stets dieselbe Antwort, ganz gleich, welche Frage ich ihm auch stellte. Für das Jahr 2000 sagte der britische Wissenschaftler Alan Turing vor 66 Jahren voraus, dass die Entwicklung von künstlicher Intelligenz soweit fortgeschritten sein werde, dass ihre Antworten von denen eines Menschen praktisch nicht zu unterscheiden seien. Alan Turing hat Karl Klammer glücklicherweise niemals kennenlernen müssen. Auch 16 Jahre später bereichern mit Google Now, Siri und Cortana eher minderbemittelte Computergehirne unser alltägliches Leben. Tom, die KI, die sämtliche Prozesse einer Weltraumstation auf dem Jupitermond Europa steuert und überwacht, ist da schon deutlich weiter. So weit sogar, dass die Besatzung der Station ihren ganz eigenen Turing Test entwerfen muss, um sich ihr zu entziehen.
Als die Ingenieurin Ava Turing ihren Fuß auf den verschneiten Trabanten setzt, um das plötzliche Verschwinden der Stationscrew zu untersuchen, wird sie unweigerlich zu Toms Komplizin. Die Bodenmannschaft hat eine Vielzahl an Testkammern errichtet, die ein unüberwindbares Hindernis für das elektronische Gehirn bilden und es der Mannschaft erlauben, sich von dem Einflussbereich des Bordcomputers abzuschotten. Aus dieser Prämisse heraus entsteht eine Art Symbiose zwischen Ava und Tom. Ava entwickelt Strategien, den Energiefluss innerhalb der Kammern so zu manipulieren, dass verschlossene Gänge wieder zugänglich werden. Insbesondere im späteren Spielverlauf benötigt sie für deren Umsetzung jedoch zwingend Toms Hilfe, der bestimmte Systeme und Funktionen kontrolliert. Und auch wenn beide das Ziel eint, den Kontakt zur Besatzung wiederherzustellen, wird rasch deutlich, dass ihre Intentionen kaum weiter auseinandergehen könnten.
The Turing Test setzt thematisch da an, wo Stanley Kubriks Odyssee im Weltraum einst den roten Faden für einen Farbenrausch der Vieldeutigkeit aufgab. Wie sich eine Maschine dem Menschen widersetzt, einen eigenen Willen, eigene Moralvorstellungen und ein eigenes Empfinden entwickelt, wurde sicherlich bereits origineller und ausformulierter beschrieben. Doch The Turing Test gelingt es, einen angemessenen und nie ins Stocken geratenen Rhythmus zwischen seiner Erzählung und seinen Rätselpassagen zu finden. Ohne große Erklärungen erlerne ich die überschaubaren Mechaniken, die mich zu keinem Zeitpunkt überfordern, mich aber auch nicht für dumm verkaufen. Eine richtige Herausforderung erfahre ich so abseits der optionalen Abzweigungen während der Haupthandlung nicht, doch gerate ich in einen für ein Puzzlespiel eher ungewöhnlichen Spielfluss, der als Ersatzmotivation vortrefflich funktioniert.
“Morality is logic.”
Denn das Herz dieses Turing Tests bilden nicht zwingend die Rätsel, sondern vielmehr die Dialoge zwischen Ava und Tom. In denen wird über die moralischen Aspekte der Logik, die Schattenseiten von Empathie und das Aufwiegen von Einzelschicksalen gegen gesellschaftlich übergeordnete Interessen philosophiert. Diesen Zwiegesprächen fehlt es jedoch bedauerlicherweise ein wenig an Dynamik und übergreifenden Zusammenhängen. Es werden zumeist lediglich wenige Sätze beim Betreten einer neuen Kammer gewechselt, dann herrscht urplötzlich Stille. Auch die seltenen Momente der freien Erkundung der Raumstation bieten wenig Erhellendes und verleihen weder der Crew noch den beiden Hauptcharakteren spürbar mehr Tiefe. Dieses Spiel interessiert sich eben für die größeren Fragen des Seins und weniger fürs Detail.
“I am a machine. I cannot do wrong.”
Dass The Turing Test diese Fragen letztlich nicht beantworten kann, sollte jedem im Vorfeld klar sein. Viel wichtiger ist, dass mir das Spiel diese Fragen mit einer solchen Wucht an den Kopf wirft, dass ich mich dazu gezwungen sehe, meine eigenen Antworten zu finden. Wenn ich am Ende ein letztes Mal die Welt mit den Augen einer Maschine sehe, die nur ja oder nein, schwarz oder weiß, Nullen oder Einsen kennt, wird mir zumindest bewusst gemacht, dass es gelebte Moralität ohne einen Bereich zwischen diesen Polen nicht geben kann. Aber das soll einmal bitte jemand versuchen der glupschäugigen Büroklammer zu erklären, die immer noch felsenfest davon überzeugt ist, es handle sich bei diesem Text um einen Brief.