They Bleed Pixels
Das hat sich Emily the Strange sicherlich anders gedacht — eben noch für amerikanische Möchtegerns im Hot Topic abgehangen, nur um dann fein gepixelt in einem Lovecraft’schen 8-Bit-Alptraum mit lila Haut und Scherenhänden aufzuwachen. They Bleed Pixels heißt der morbide Megamix aus Super Meat Boy, Cthulhu-Mythos und Gruftie-Chic von Spooky Squid Games.
Zu düsteren Chiptune-Beats (oft durchaus tanzbar) wollen irrwitzige Labyrinthe des Schreckens überwunden werden. Gemeinsamkeiten mit Super Meat Boy sind dabei vermutlich nicht rein zufällig, Sprungverhalten und Leveldesign erinnern jedenfalls stark an den Fleischjungen. Erweitert wird das bekannte “Rennen, Springen, Sterben”-Spielprinzip um ein interessantes Ein-Knopf-Kampfsystem, was nach etwas Eingewöhnung elegantes Zerhackstückeln der unheimlichen Bewohner ermöglicht.
Wer bei Pit-Fatalities aus Midways bekannter Prügelserie lachen muss, wird bei They Bleed Pixels gut unterhalten. Die Ultrabrutalität erfüllt allerdings auch einen spielerischen Zweck: Wer eimerweise (fremdes) Blut vergießt, füllt einen Balken, der es der Heldin ermöglicht, Speicherpunkte im Level zu verteilen. Ich kann nicht behaupten, das dieses Funktion das Spiel merklich leichter macht, denn das Metzgerhandwerk will gelernt sein — wer blind auf Knöpfe einschlagen möchte, kann gleich wieder einpacken. Hier ist Präzisionsarbeit gefordert. Und überleben muss man ja auch noch, um überhaupt Speicherpunkte setzen zu können. Gleiches gilt für die Sprungpassagen, deren Schwierigkeitsgrad ich im letzten Drittel der Light-World von Super Meat Boy ansiedeln würde. Bewegliche Kreisägen, endlose Stachelwände, Zickzack-Wandsprünge und Stürze ins Ungewisse sind an der Tagesordnung — ein Fehltritt bedeutet unweigerlich den eigenen Tod.
Vlad Tepes hätte ob der häufigen Pfählung der Heldin sicherlich seine helle Freude an diesem schaurigen Spektakel gehabt. Das man oft gezwungen ist, ohne festen Boden unter den Füßen fiese Sprungpassagen zu meistern und sich gleichzeitig fliegender und springender Feinde zu erwehren, hat ist eine sehr herausfordernde und intensive Angelegenheit. Die Intensität schlägt auch gerne in Frust um, wenn man sich erstmal in ein Level verbissen hat. Beim Probespiel waren 100 und mehr Tode pro Abschnitt keine Seltenheit. Es bedarf also einer gewissen Frustresistenz sowie einer gehörigen Portion Ehrgeiz, wenn man das Spiel überhaupt durchspielen möchte.
Einige der Achievements fordern dann die volle Hingabe an den Titel – wer sich beweisen will, hat hier jedenfalls jede Menge Möglichkeiten. Zu diesem Zweck empfehle ich ganz klar den unterstützten Xbox-Controller gegen ein USB-Saturn- oder NES-Pad zu tauschen. Das schont Nerven und Xbox-Controller, besonders da die Kollisionsabfrage so manches Mal etwas fragwürdig erscheint und bei den oft pixelgenauen Sprüngen maximale Kontrolle ein nicht zu unterschätzende Grundlage darstellt.
Seid also gewarnt: They Bleed Pixels macht auf eine masochistische Art und Weise Spaß, ist gleichzeitig übel frustrierend und unendlich begeisternd. Wer nur unterhalten werden möchte, sollte diesen Titel meiden. Alle anderen machen’s wie der tote Cthulhu in seinem Haus in R’lyeh und schlagen auf Steam zu.